Prävention in Kita & Co

Gesucht ist der Kümmerer vor Ort

Das Präventionsgesetz allein bringt noch keinen Fortschritt: Nötig ist die Verzahnung der Arbeit von Ärzten und Kinder- und Jugendhilfe. Auch bei der Prävention in Lebenswelten gilt: Allein die Krankenkassen werden es nicht richten.

Von Jonas Tauber Veröffentlicht:
Prävention in Lebenswelten: Eine Zahnärztin erklärt Kindern, wie Zähne richtig geputzt werden.

Prävention in Lebenswelten: Eine Zahnärztin erklärt Kindern, wie Zähne richtig geputzt werden.

© Pleul / dpa

BERLIN. Damit das Präventionsgesetz zu einer Verbesserung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen führt, ist aus Sicht der Bundesregierung eine enge Verzahnung der medizinischen Gesundheitsförderung mit der Kinder- und Jugendhilfe nötig.

"Das muss zu einem Ganzen zusammengefügt werden", sagte BMG-Staatssekretär Lutz Stroppe bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Kongresses "Zukunft Prävention - Kindergesundheit heute und morgen" in Berlin.

"Wenn diese Akteure nicht zusammenarbeiten, wird Prävention nicht funktionieren." Der Kongress wurde von der Barmer GEK, dem Kneipp Bund und dem Dachverband für Anthroposophische Medizin in Deutschland DAMiD veranstaltet.

Mit dem Präventionsgesetz will die Bundesregierung die Gesundheitsvorsorge und den Impfschutz stärken. Die Krankenkassen sollen ab kommendem Jahr sieben Euro pro Versichertem für vorbeugende Maßnahmen ausgeben. Bisher liegt dieser Ausgabenrichtwert bei 3,09 Euro je Versichertem.

"Wir brauchen Kooperation!"

Der Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK Dr. Christoph Straub sagte, dass Kinder aus prekären Verhältnissen ein besonders hohes Gesundheitsrisiko haben. "Ein Engagement in sozialen Brennpunkten ist entscheidend, um die gefährdeten Kinder zu erreichen", sagte er.

"Es ist nicht ausreichend, wenn sich hier nur die Kassen engagieren und die Schulen und Kommunen nicht mitgehen. Wir brauchen die Kooperation mit Schulen und Kommunen." Nur so könne nachhaltige Prävention funktionieren.

Für den Präsidenten des Berufsverbandes der Kinder und Jugendärzte Dr. Wolfram Hartmann kommt der Netzwerkgedanke im Präventionsgesetz zu kurz. "Wir als Jugendmediziner sind vermehrt Sozialarbeiter, gerade was junge Flüchtlinge betrifft", sagte er.

"Aber wir brauchen die Netze, um die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zu erfüllen." Nach seinen Angaben kommen immer mehr Kinder und Jugendliche mit Problemen zu Ärzten, die weniger einen medizinischen als einen pädagogischen Hintergrund haben.

Persönliche Sicht kommt zu kurz

Für den Kneipp-Bund beschreibt deren Präsidentin Marion Caspers-Merk den Setting-Ansatz als "Kernstrategie der Gesundheitsförderung". Allerdings, bemängelte sie, lasse das Präventionsgesetz an diesem Punkt offen, welche Akteure die Präventionsangebote in den Lebenswelten konkret vor Ort umsetzen sollen.

Professor Peter Paulus vom Institut für Psychologie an der Leuphana Universität Lüneburg kritisierte, dass die persönliche Sicht von Kindern und Jugendlichen auf Gesundheit und Prävention in der Diskussion keine Rolle spiele.

"Ich wundere mich, dass die Schülervertreter nicht einbezogen werden", sagte er. Deren Interesse, sich zu beteiligen, sei groß und auf diesem Wege ließe sich besser ermitteln, wie Kinder und Jugendliche erreicht werden können.

Paulus sagte, dass Studien eine große Kluft zwischen der objektiven Kinder- und Jugendgesundheit in Deutschland und der subjektiv von Minderjährigen wahrgenommene Situation zeigten.

So liege Deutschland in einer UNICEF-Studie nach objektiven Kriterien auf dem sechsten Rang von 28 europäischen Ländern, bei der subjektiv wahrgenommenen Situation von Kindern und Jugendlichen aber auf Rang 22. Paulus sagte, der Grund für die schlechte Einschätzung der Betroffenen sei der Leistungsdruck und die fehlende Anerkennung ihrer Bedürfnisse. "Ich will das mit dem Wort Kältestrom beschreiben."

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