Corona-Vakzine

Gipfel soll die Impfbremse lösen

Die Erwartungen an den Impfgipfel der Kanzlerin mit den Länderchefs und Impfstoffherstellern sind hoch. Dabei steht auch die Forderung im Raum, andere Pharmafirmen zur Mithilfe zu verpflichten.

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Eingangsbereich des Corona-Impfzentrums in den Messehallen in Hamburg. Die Länder klagen über schleppende Impfstofflieferungen.

Eingangsbereich des Corona-Impfzentrums in den Messehallen in Hamburg. Die Länder klagen über schleppende Impfstofflieferungen.

© Christian Charisius/dpa

Berlin. Politiker und Verbandsvertreter fordern vom Corona-Impfgipfel am Montag mehr Klarheit über Zeitpläne, Prioritäten für Bevölkerungsgruppen und verfügbare Impfstoffe. Angesichts erheblicher Kritik am schleppenden Impfstart und der Produktionsprobleme bei einigen Herstellern will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten über die Lage beraten. Bereits am Sonntag wollte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit den Vorstandschefs jener Hersteller sprechen, mit denen die EU Lieferverträge abgeschlossen hat.

Die Impfungen in Deutschland und der EU hatten kurz vor dem Jahreswechsel begonnen. Begleitet waren die ersten Wochen von Lieferschwierigkeiten einzelner Hersteller, Problemen bei der Terminvergabe und viel Unmut über fehlenden Impfstoff. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigte am Samstag Verständnis für Frust und Ungeduld, warb aber auch um Vertrauen. „Es kommen jede Woche Impfstoffe und es werden auch mehr, Zug um Zug.“ Man habe ein Jahr nach Beginn der Pandemie drei zugelassene wirksame Impfstoffe. Neben den Vakzinen von BioNTech/Pfizer und Moderna hatte die EU am Freitag auch jenes von AstraZeneca zugelassen.

Dreyer: Nicht einmal für vier Wochen besteht Lieferklarheit

Laut Gesundheitsministerium wurden seit Beginn der Impfkampagne in Deutschland über 3,5 Millionen Dosen ausgeliefert und 2,2 Millionen Dosen gespritzt. Bis zum 22. Februar würden mindestens weitere 5 Millionen Impfdosen an die Länder geliefert. BioNTech und AstraZeneca lieferten den Bundesländern bis zum 22. Februar 1,747 Millionen Dosen mehr als bisher geplant. Damit würden auch vorübergehende Engpässe beim Moderna-Impfstoff „mehr als ausgeglichen“, teilte das Ministerium via Twitter mit.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) beklagte, trotz der angekündigten fünf Millionen weiteren Impfdosen habe man nicht einmal für vier Wochen Lieferklarheit. „Die Mengen des Impfstoffs von Moderna sind um 20 Prozent gekürzt, die Ankündigungen von AstraZeneca stehen unter Änderungsvorbehalt. Auf dieser Basis können wir noch immer nicht verlässlich Impftermine vergeben“, sagte Dreyer der „Bild am Sonntag“. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte am Samstag via Twitter moniert: „Gerade teilt das Bundeskanzleramt mit, dass jetzt auch die zugesagten Lieferungen der Moderna-Impfstoffe reduziert werden. Wie soll man da Impfungen planen?“

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich fordert vom Gipfel „genauere und verbindliche Aussagen darüber, wie die Pharmaindustrie ihre Lieferverpflichtungen einhalten will und wie sie die Produktion von Impfstoffen aufstocken kann, damit die Verimpfung vor Ort reibungslos funktionieren kann“. Gesundheitsminister Spahn müsse „einen verlässlichen nationalen Impfplan“ vorlegen, sagte Mützenich der „Welt am Sonntag“. Der Plan müsse aufzeigen, „welcher Impfstoff wann und für welche Gruppe zur Verfügung steht. Und wie gegebenenfalls Lücken gefüllt werden, wenn es Probleme gibt.“

Städtetag will ebenfalls mitreden

Klare Worte fand auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. „Die Städte erwarten keine vagen Versprechungen mehr, sondern eindeutige Antworten auf die zwei wesentlichen Fragen: Wann gibt es ausreichend Impfstoff? Wann wird welcher Impfstoff ins Impfzentrum geliefert“, sagte Dedy der Deutschen Presse-Agentur. „Zurzeit können wir dort wegen der geringen Impfstoffmengen nur mit angezogener Handbremse agieren“, beklagte Dedy. Aus seiner Sicht müssten auch die Städte beim Impfgipfel dabei sein. „Wer hat denn die Impfzentren errichtet und hält sie jetzt vor?“, fragte Dedy.

Auf mehr Tempo beim Impfen setzt auch die Wirtschaft. „Die Anpassung unserer Impfstrategie und die Steigerung der Impfgeschwindigkeit ist ein zentraler Wettbewerbsvorteil. Hier müssen wir besser werden“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der dpa. Dulger betonte: „Wir bewältigen diese Krise nur, wenn wir konsequent durchimpfen.“

Die europapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Franziska Brantner, dämpfte die Erwartungen an den Impfgipfel. „Ein nationaler Impfgipfel allein hilft nicht weiter. Pharmaunternehmen sind in der Regel multinational aufgestellt. Hier muss die EU tätig werden“, sagte Brantner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Sonntag).

Produktion durch Zwangslizensierung ausweiten?

Grünen-Chef Robert Habeck forderte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag) eine „Notimpfstoffwirtschaft“, um mehr Impfstoff zu produzieren. Alle Pharmakonzerne seien „unverzüglich ihren Fähigkeiten entsprechend in die Produktion einzubeziehen“, verlangte Habeck. Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, sagte der „Bild am Sonntag“: „Jede mögliche Produktionsstätte muss auf Corona-Impfstoffe umgestellt werden. Zugelassene Impfstoffe müssen im Notfall auch mit einer Zwangslizensierung von anderen produziert werden.“ (dpa)

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