Umfrage

Große Mehrheit für legale Sterbehilfe

Zwei Drittel der Bundesbürger sprechen sich laut repräsentativer Umfrage für die aktive Sterbehilfe aus. Dabei gibt es ein Ost-West-Gefälle.

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Hände halten: In Ostdeutschland sprechen sich mehr Menschen für die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe aus als im Westen.

Hände halten: In Ostdeutschland sprechen sich mehr Menschen für die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe aus als im Westen.

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BERLIN. Rund zwei Drittel der Menschen in Deutschland befürworten einer Umfrage nach eine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe. 67 Prozent der Befragten sprachen sich in der repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov dafür aus, 17 Prozent waren dagegen.

Der Rest antwortete mit „weiß nicht“ oder machte keine Angabe. Mit 72 Prozent gab es in Ostdeutschland mehr Befürworter als in Westdeutschland (65 Prozent).

In der Umfrage vom April befürworteten 75 Prozent die Legalität der passiven Sterbehilfe. Die 2058 Befragten im Alter von mindestens 55 Jahren sprachen sich mit 82 Prozent besonders stark dafür aus. 69 Prozent befürworteten in der Umfrage die Straffreiheit des assistierten Suizids, also der Aushändigung eines tödlichen Medikaments, die der Sterbewillige selbst einnimmt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am Mittwoch entschieden, dass Ärzte nicht verpflichtet sind, Patienten nach einem Suizidversuch gegen deren Willen zu retten. (ajo/dpa)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 07.07.201920:10 Uhr

Vom Leben und vom Sterben

Sterbeprozesse und Tod sind eine Mischung aus Angst, Schmerzhaftigkeit, Verleugnung, Akzeptanz, Not, Pein, Krankheit, Akutsituation, Chronizität, Verletzung und Verletzbarkeit bzw. deren Unumkehrbarkeiten. Von daher ist der Wunsch nach Hilfestellung und Abgabe der Eigenverantwortung an eine Dritte Person, die "des Sterbens besser kundig ist, als man selbst", nur allzu verständlich und nachvollziehbar.

Helfen, Heilen, Lindern, Schützen u n d Loslassen können
Feuerwehren haben mit ihren vier eingängigen Schlagworten: "Bergen, Retten, Löschen, Schützen" ein international verbindliches Motto. Bei uns Ärztinnen und Ärzten des Fachbereichs Humanmedizin könnte "Helfen, Heilen, Lindern, Schützen... und Loslassen können" als Motto unser Berufsfeld umschreiben. Die aktiv beschleunigende, intervenierende ärztliche Beihilfe zum Suizid fällt bisher nicht darunter, auch wenn ein juristisches Minderheitenvotum aus vordergründigen Stellvertreter-Motiven uns dazu drängen möchte.

Medizin am Lebensende
Palliativmedizin, palliative Sedierung, Sterbebegleitung, das Unterlassen von künstlich lebensverlängernden Maßnahmen, weil keine Chancen auf Besserung, Heilung oder Linderung mehr bestehen, wären mit dem Begriff "Loslassen" umrissen. Sie erfordern originär ärztlichen Sachverstand, um die beiderseitige Selbstbestimmung von Patient und Arzt nicht zu gefährden. Denn am Lebensende treten die Grenzen der Medizin, das Ende der möglichen Machbarkeiten offen zu Tage. Die Tatsache, dass die moderne Medizin immer mehr zu einer künstlich intensivmedizinischen Lebensverlängerung beitragen kann, dass transplantationsmedizinische Interessen in den Vordergrund treten, erschwert ihre Anwendung. Die Entscheidungsfindung wird immer problematischer, weil der oftmals gar nicht ausdrücklich erklärte und dokumentierte Patientenwille mit Wunsch, Wirklichkeit und Machbarkeit in Übereinstimmung gebracht werden muss.


"Beihilfe zum Suizid" in Form von „aktiver Sterbehilfe“
Die "Beihilfe zum Suizid" in Form der „aktiven Sterbehilfe“ bei einem ärztlich „assistierten Suizid" ist im deutschen Rechtssystem mit dem Verbot der "Tötung auf Verlangen" nach § 216 StGB ebenso umstritten wie strafbar. Unabhängig davon, wie sich die gesamtgesellschaftliche und sozialpolitische Diskussion zur "aktiven" und "passiven" Sterbehilfe bzw. zur Selbsttötung weiter entwickeln wird, ein "Tötungswunsch" oder auch der Wunsch nach Erlösung muss grundsätzlich sehr kritisch gesehen werden. Es können ein Augenblicksempfinden, eine Angst- und Schrecksekunde, eine Fehleinschätzung, ein Verzweiflungsmoment, eine schwere Depression, unaushaltbare Schmerzen oder eine Kurzschlussreaktion sein. Das Gefühl der sozialen Unerwünschtheit, der Ausgrenzung, der Panik und der Lebensmüdigkeit treten vielleicht hinzu.

BGH-Klarstellung
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte klar, dass bei unzweideutiger Willenserklärung eines Todkranken oder Sterbenden gerade n i c h t die ärztliche Verpflichtung bestehe, ihn reanimieren, "retten" und "künstlich" am Leben erhalten zu müssen. Der Wunsch nach einem Tod in Würde und der unumkehrbare Sterbeprozess müsse respektiert werden. Verhinderung oder Konterkarieren dieses ureigenen Patientenwillens sei nicht statthaft. Doch in diesem Spannungsfeld und in der individuellen Patienten-Arzt-Beziehung finden ethisch-moralisch begründete Entscheidungsprozesse statt. Sie sind immer eine Gratwanderung, bei denen weder Ärztefunktionäre noch juristische Expertisen helfen können. Da helfen nur klare Positionen von Kolleginnen und Kollegen, die in der täglichen Arbeit mit ihren Patienten/-innen einen medizinisch-ärztlichen Konsens erarbeiten und finden müssen. Niemand sollte allerdings den Stab brechen gegenüber Ärzten und auch Patienten, die in den Grenzsituationen des Lebens und Sterbens Dinge tun, die nicht für uns Alle konsensfähig bleiben.

Kein "Doctor Death"
Zum "Doctor Death", der nach ebenso lebensbejahender wie -begleitender palliativ-li

PD Dr. Ulrich Schuler 05.07.201919:32 Uhr

meines Erachtens ist diese Befragung 4 Jahre lat

oder findet jemand einen Link zu etwas neuerem?

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