Zukunft der KBV

Hausärzte geben Fachärzten Kontra

Von Burgfrieden keine Spur: Abseits der KBV-Vertreterversammlungen beharken sich die Fraktionen mit Denkschriften und Thesenpapieren. Fachärzte sehen die eigenständige hausärztliche Versorgungsebene als Spaltpilz in der KBV. Jetzt keilen Hausärzte zurück und warnen vor "rückwärts gerichtetem Besitzstandsdenken".

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Tauziehen - findet derzeit auch um die Zukunft der vertragsärztlichen Selbstverwaltung statt.

Tauziehen - findet derzeit auch um die Zukunft der vertragsärztlichen Selbstverwaltung statt.

© shoot4u / fotolia.com

BERLIN. Über die Zukunft der KBV wird weiter hart gerungen: Nachdem eine Gruppe von 17 fachärztlichen KBV-Mitgliedern Ende Januar ihre Haltung in einem als "Denkschrift" bezeichneten Positionspapier ("Plädoyer für eine Abkehr vom Lagerdenken") lanciert haben, schießen Hausärzte nun scharf zurück.

In einem Papier, das die Unterstützung einiger KV-Chefs und der Hausärzte-Verbandsvorsitzenden haben soll, werfen die Autoren den Fachärzten "rückwärts gerichtetes Besitzstandsdenken" vor. Dieses werde von der Furcht getrieben, der Gesetzgeber könne in die Strukturen der KBV hineinfunken.

Im Koalitionsvertrag von SPD und Union heißt es, die Vertreterversammlungen sollten zu gleichen Teilen aus Haus- und Fachärzten gebildet werden. Zudem sollten haus- und fachärztliche Mitglieder der Vertreterversammlungen jeweils über ihre eigenen Belange entscheiden.

Dieses Vorhaben der Koalition, so die Hausärzte, "ruft naturgemäß diejenigen auf den Plan, die ihre Mehrheitsverhältnisse und ihren Besitzstand in Gefahr sehen". Tatsächlich haben die Fachärzte in ihrer Denkschrift die Gliederung der Versorgung in eine haus- und fachärztliche Versorgungsebene als Wurzel des Übels erkannt.

Diese Vorgabe in Paragraf 73 SGB V zwinge den KVen ein "potenziell spaltendes Verhaltens- und Bewusstseinsmuster auf", hieß es.

Dem widersprechen die Hausärzte vehement. Vielmehr habe der Gesetzgeber nach der Einführung des Paragrafen 73 im Jahr 1993 mehrfach intervenieren müssen, weil "die hausärztliche Versorgung immer weiter ins Abseits geriet".

Gleichberechtigung per Satzung? Die Chance ist vertan

So spiegelten bis heute die unterschiedlichen Einkommen der Hausärzte je nach KV-Region die Tatsache wider, dass die Honorartrennung nicht einheitlich gehandhabt werde. Insoweit sei die Honorarhöhe der Hausärzte auch ein Abbild der Mehrheitsverhältnisse in den Vertreterversammlungen, heißt es in dem Hausärzte-Papier.

Die große Koalition sei gut beraten, den "Schalmeienklängen" der Fachärzte nicht zu folgen, sondern, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, die Strukturen in KBV und KVen neu zu ordnen.

Die Fachärzte hatten dagegen dafür geworben, die Interessenvertretung so zu organisieren, "dass alle ärztlichen und psychotherapeutischen Interessen gleichberechtigt unabhängig von der Zugehörigkeit nach Versorgungsebenen einfließen können".

Dies könne auch per Satzung geregelt werden. Diese Ankündigung, kontern die Hausärzte, sei "nur für die Politik bestimmt: Diese Chance hätte die Selbstverwaltung in den letzten Jahren längst gehabt".

In einem 15 Punkte umfassenden Thesenpapier haben die hausärztlichen Autoren die Quintessenz ihrer Forderungen zusammengefasst. Darin heißt es unter anderem, die Organisationsstruktur der KVen müsse ein "gleichberechtigtes Neben- und Miteinander der Versorgungsebenen gewährleisten".

Weiter heißt es in dem Papier, in den Vertreterversammlungen müssten die "Versorgungsbereiche gleichgewichtig vertreten sein".

Pflöcke schlagen die Hausärzte auch ein, wenn sie proklamieren, Kollektiv- und Selektivverträge sollten "nebeneinander existieren". These 15 statuiert in Ergänzung dazu, KV und Berufsverbände sowie freie Verbände "arbeiten sich ergänzend und in enger Abstimmung für die Interessen ihrer Mitglieder".

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Kommentare
Dr. Birgit Bauer 07.02.201410:28 Uhr

Endlich auf Stand bringen !

Lieber Herr Popert,
Mit Ihrem Hinweis stimmen Sie mir also zu, die Selbstverwaltung funktioniert nicht und wird in der derzeitigem Struktur nicht funktionieren. Wir Ärzte brauchen eine Standesvertretung vergleichend mit anderen freien Berufen , die Ausgestaltung der dann gültigen Honorierung
muß für ärztliche Tätigkeiten egal in welchem Sektor gelten. Die derzeitigen Unberechenbarkeiten in der Finanzierung treibt unseren Ärztenachwuchs aus dem Land. Im übrigen machen unsere Kollegen die von Ihnen angesprochene "unsinnige Medizin " wahrscheinlich aus reinem Selbsterhaltungstrieb, das zeigt wieder, dass das derzeitige System, egal ob es sich EBM oder GOÄ schimpft nicht zukunftsfähig ist.
M.f.G. B.Bauer

Dr. Uwe Wolfgang Popert 07.02.201409:28 Uhr

GOÄ ist nicht besser

Liebe Frau Bauer
Die Ungleichheit der Ärzte ist im GOÄ-Bereich viel stärker ausgeprägt als beim EBM. Ist bei der Dominanz des Marburger Bundes und der Spezialisten in der Bundesärztekammer auch nicht anders zu erwarten: die Reform dort wird völlig intransparent von wenigen Auserwählten gemanagt.
Davon auszugehen, dass alle Patienten so viel bezahlen könnten, wie die jetzige Privat-Klientel, ist ebenfalls völlig naiv. Die Gesamtsumme, die es zu verteilen gibt, wird gleich bleiben.
Hätten wir nur eine GOÄ-Abrechnung, wäre die ländliche Versorgung schon längst zusammengebrochen - stattdessen würde noch mehr unsinnige Medizin betrieben - denn der GOÄ fehlt bisher auch jegliche Qualitätskontrolle.

Dr. Birgit Bauer 06.02.201413:44 Uhr

Hahnenkämpfe !

Es klappt immer wieder, unser Berufsstand ist einfach nicht konsensfähig, von Kollegialität außer der Fasade keine Spur.
Ich kann mich für die KBV nur noch schämen.
Vorschlag zur Lösung : Abschaffen des EBM, GOÄ endlich auf Stand bringen und für allgemeingültig erklären. Kammern als Selbstverwaltung des freien Berufsstandes der Ärzte, auch der niedergelassenen ausbauen.
Die Selbstverwaltung in der heutigen Struktur hat nie - sonst hätten wir die derzeitigen Probleme nicht - und wird nie funktionieren.
Sie dient nur als Alibi für die Politik Entscheidungen in dem Bereich nicht selbst verantworten zu müssen.
M.f.G. B.Bauer

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