Corona-Tests für Reiserückkehrer
Hausärzte nennen 15 Euro je SARS-CoV-2-Abstrich schlechten Scherz
Deutschlands Hausärzte zürnen ob der seit Samstag geltenden Rechtsverordnung zu kostenfreien Corona-Tests für Reiserückkehrer. Die Vergütung sei ein Witz und die Tests alles andere als ärztliche Aufgabe.
Veröffentlicht:Berlin. Die von der Bundesregierung beschlossenen Corona-Tests für Reiserückkehrer sorgen bei Hausärzten für erheblichen Verdruss. „Ich glaube, den Zuständigen ist nicht bewusst, welchen Aufwand eine Testung in der Praxis bedeutet“, kommentierte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, die Verordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Laut der am vergangenen Samstag in Kraft getretenen Rechtsverordnung können sich sämtliche Reiserückkehrer ab sofort kostenfrei auf eine SARS-CoV-2-Infektion testen lassen. Die Tests sollen durch niedergelassene Ärzte und die von den Kassenärztlichen Vereinigungen betriebenen Testzentren vorgenommen werden.
Parallel dazu können die Länder weitere Regelungen erlassen, um etwa zusätzliche Testzentren an deutschen Flughäfen einzurichten. In Berlin, München oder Frankfurt ist dies bereits der Fall. Im ursprünglichen Verordnungs-Entwurf sollten allein Hausärzte die Testungen vornehmen.
Weigeldt: Vergütung dokumentiert Geringschätzung
Sauer sind die Hausärzte trotzdem. Als völlig unzureichend stufen sie die 15 Euro ein, die sie für jeden Abstrich auf eine mögliche Coronavirus-Infektion bekommen. Verbands-Chef Weigeldt sprach von einem „schlechten Scherz“.
Der Betrag dokumentiere eine „Geringschätzung dessen, was die Kolleginnen und Kollegen hier zu leisten haben und leisten“. Davon abgesehen sei unklar, ob die Hausärzte per Verordnung verpflichtet werden könnten, die Abstriche vorzunehmen.
Ärzte seien verantwortlich für die Versorgung von Kranken, „nicht für die Durchführung von par ordre du mufti angesetzten Testserien“, argumentierte auch die Vorsitzende des Hausärzteverbands Rheinland-Pfalz, Dr. Barbara Römer. Die per Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Testungen von Reiserückkehrern seien „originäre Aufgabe des Öffentlichen Gesundheitsdienstes“ (ÖGD).
Bewährte Praxisabläufe in Gefahr
Überdies konterkariere die Verordnung das Konzept der Hausarztpraxen, potenziell infektiöse und nicht-infektiöse Patienten strikt voneinander zu trennen, so Römer. Dank dieser Trennung, die einen erheblichen Aufwand für die Praxisteams bedeute, habe man die COVID-19-Pandemie in Deutschland bislang erfolgreich in Grenzen halten können. Dies stehe nun in Gefahr.
Reiserückkehrer ohne Symptome abzustreichen sei keine ärztliche Aufgabe, teilte auch der Hausärzteverband Hamburg mit. Dies könnten angelernte Helfer des ÖGD erledigen. Die Vergütung von 15 Euro „für Terminierung, Abstrich in Schutzausrüstung, Probenversand, Übermittlung der Ergebnisse und Ausstellung eines Attestes“ sei „eine Unverschämtheit“, sagte Verbands-Chef Dr. Frank Stüven.
Kassen: Kosten nicht auf Beitragszahler abwälzen
Die Krankenkassen begrüßten die Tests als sinnvollen Beitrag zum Bevölkerungsschutz, zugleich problematisierten sie die ungeklärte Kostenfrage. „Es kann nicht sein, dass die Kosten der Testungen allein den Beitragszahlern und ihren Arbeitgebern auferlegt werden“, teilte etwa die AOK Baden-Württemberg auf Anfrage mit. Bevölkerungsschutz sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
In jedem Fall seien die Kosten durch einen zusätzlichen Bundeszuschuss aus Steuermitteln zu refinanzieren, forderte die Kasse. Der bereits beschlossene Zuschuss an den Gesundheitsfonds von 3,5 Milliarden Euro aus dem zweiten Nachtragshaushaltsgesetz beinhalte die jetzt neu eingeführten Testungen von Touristen nicht.