Neuer Pflege-TÜV

Heimbewertungen mittels Symbolen oder Punkten

Künftig sollen Qualitätsunterschiede bei Altenheimen deutlicher sichtbar gemacht werden. Der neue Pflege-TÜV sieht keine Noten mehr vor. Angedacht ist eine Bewertung mittels Symbolen oder Punkten - und zwar schon bald.

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Für die Beurteilung von Altenheimen soll es künftig einen neuen Qualitätskompass geben.

Für die Beurteilung von Altenheimen soll es künftig einen neuen Qualitätskompass geben.

© Butch / stock.adobe.com

BERLIN. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen bei der Suche nach einem Heim künftig auf aussagekräftige Bewertungen vertrauen können.

Bis Ende Juli will das Team um den Bielefelder Pflegewissenschaftler Klaus Wingelfeld dem Qualitätsausschuss den Abschlussbericht zu einem Projekt vorlegen, das die Grundzüge eines neuen Pflege-TÜV liefern soll.

"Es dürften erhebliche Unterschiede zwischen den Einrichtungen sichtbar werden", sagte der Bielefelder Pflegewissenschaftler Klaus Wingenfeld der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Vor-Ort-Prüfungen sollen in Heimbewertung einfließen

Die bisherigen Heim-Prüfungen krankten vor allem daran, dass die Prüfer schwerpunktmäßig die Dokumentation der Heime prüften, also das Festhalten der Pflege-Arbeit in ihren Unterlagen.

Neuerdings soll geschaut werden, wie gut die Pflege wirklich ist: Wie häufig sind Sturzverletzungen? Liegen sich Heimbewohner wund? Wie hat sich ihre Mobilität binnen der letzten sechs Monate entwickelt? Dazu müssen die Heime die entsprechenden Vorkommnisse erst einmal erfassen– als Grundlage der künftigen Bewertung.

Die Prüfer sollen dann stichprobenartig prüfen, ob die Daten vertrauenswürdig sind. Aber auch weitere Vor-Ort-Prüfungen sollen in die Heimbewertung einfließen.

Zur Information sollen Menschen auf Heimsuche noch nachlesen können, ob ein Heim beispielsweise Haustiere zulässt oder spezielle Angebote für Menschen mit ausländischen Wurzeln hat.

"Qualitätsunterschiede werden sichtbar"

Geht es nach Wingenfeld, dessen Institut hier mit dem Göttinger Aqua-Institut zusammenarbeitet, soll der neue Pflege-TÜV mit dem alten wenig gemeinsam haben. "Qualitätsunterschiede und -defizite werden sichtbar", sagt er.

Statt der Noten könnten die Menschen beispielsweise an Symbolen oder Punkten sehen, wie gut die Heime sind. Wingenfeld führt frühere Projekte mit einem System aus fünf Bewertungen als mögliche Vorbilder an: weit über Durchschnitt; etwas über Durchschnitt; nah am Durchschnitt; etwas unter Durchschnitt, weit unter Durchschnitt.

Allerdings: So weit ist es noch nicht. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz lobt die wissenschaftlichen Vorschläge zwar als wichtig und richtig.

"Doch mit der Umsetzung sind die Krankenkassen und die Betreiber beauftragt", sagt Vorstand Eugen Brysch. "Im Qualitätsausschuss ist also mit dem Widerstand der Lobbyisten der Pflegedienste und Heime zu rechnen."

Start noch in 2019?

Ein Sprecher des GKV-Spitzenverbands erläuterte, im August wolle der Qualitätsausschuss den Bericht der Wissenschaftler abnehmen. Erst dann soll auch veröffentlicht werden, wie der Pflege-TÜV künftig aussehen könnte.

Dann sollten bei dem Ausschuss und beim Kassenverband neue Prüfverfahren und die künftige Darstellung der Prüfergebnisse vereinbart werden.

Die Bundesregierung rechnet damit, dass der neue TÜV für Pflegeheime in gut einem Jahr endgültig starten wird. "Wir gehen davon aus, dass im Herbst 2019 mit dem Regelbetrieb begonnen wird", sagt eine Sprecherin des Gesundheitsressorts. Ein neues Verfahren für die ambulanten Dienste werde bald darauf folgen.

"Wir brauchen endlich funktionierende Qualitätskontrollen und qualitätsgesicherte Informationen zur Lebensqualität in den Heimen", fordert die Präsidentin des Sozialverband VdK Deutschland, Verena Bentele. Bentele und Brysch sehen bei einer weiteren Verzögerung des Pflege-TÜV Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gefordert.

Der Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung, Stefan Etgeton, bedauert die bisherigen Verzögerungen der Pflege-TÜV-Reform. Für die Betroffenen sei die Entscheidung für ein Pflegeheim oft eine Entscheidung für den Rest des Lebens. "Dafür ist Transparenz nötig", sagt Etgeton. (dpa)

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Kommentare
Dipl.med. Timo Werl 03.07.201918:27 Uhr

Pflegetransparenzsystem anstatt Pflege TÜV

Ich persönlich finde den Namen "Pflege-TÜV" auch eher unglücklich. Aber aus Marketingtechnischen Gründen muss man sich an solche Begriffe wohl gewöhnen.

Da es sich um eine Anpassung im Rahmen des Pflegetransparenzgesetzes handelt, könnte man die Neuregelung auch beim normalen Namen nennen. Pflegetransparenzsystem: https://www.altenpflege-hilfe.net/thema/pflegetransparenzgesetz-pflege-tuev.php

Der Name prägt sich wahrscheinlich nicht so leicht ein, ist aber etwas genauer.

Kurt-Michael Walter 03.08.201817:16 Uhr

Wenn der Begriff Pflege-TÜV zur Verwirrung und zu Irritationen führt: „TÜV-geprüft“ ist umgangssprachlich ein Qualitätssiegel für technische Prüfungen durch eine TÜV-Gesellschaft.


Für allgemeine Verwirrung sorgt der Begriff: „Pflege-Technischer Überwachungsverein“ oder kurz „Pflege-TÜV“ genannt, der laut den zuständigen „Pflege-Wissenschaftlern“ für die Beurteilung von Pflegeheimen zukünftig zum Einsatz kommen soll.

Stellt sich die Frage: Soll es ein eingetragener Verein(e) werden, der als technische Prüforganisation Sicherheitskontrollen in Pflegeheimen durchführen soll? Oder soll das eine mögliche Aufgabe der neuen „Selbstverwaltung“ Bundes-Pflegekammer werden?

Die mögliche Verortung zu den in Frage kommenden Institutionen wäre Interessant um die Eigenständigkeit eines solchen Dienstes (Pflege-TÜV) beurteilen zu können.

Der Begriff „Pflege-TÜV“ führt zu Irritationen, wenn zum einen immer die Rede ist, dass mit dem allgemeinen Begriff „PFLEGE“ nicht nur die „ALTENPFLEGE“ sondern auch und vor allem die „KRAKENPFLEGE“ gemeint ist.

Also wäre es doch dann auch dementsprechend logisch, dass der „Pflege-TÜV“ nicht nur für die Alten-Pflegeheime sondern auch für Akut-Krankenhäuser, Reha-Kliniken u. a. zuständig ist.

Das subjektive Beurteilungssystem nach „Pflegewissenschaftler Klaus Wingenfeld und Co.“ ist äußerst fragwürdig. Soll es sich doch dabei doch um ein neues System für einen „Pflege-TÜV“ mit Qualitäts-Zertifizierungs-Charakter handeln und nicht wie von den Akteuren vorgestellt um ein subjektives Beurteilungssystem mit Schulnoten-Charakter.

Fazit: „Weil „der TÜV“ in Deutschland ein hohes Ansehen bezüglich Neutralität und Sachkunde genießt und einen hohen Bekanntheitsgrad aufweist, wird die Bezeichnung in der Umgangssprache auf viele gesellschaftliche Problemfelder und Missstände angewendet, wenn Forderungen nach Kontrolle und Transparenz laut werden: So zum Beispiel Pflege-TÜV, Bürokratie-TÜV, Schul-TÜV, Politiker-TÜV, Gebäude-TÜV, Veranstaltungs-TÜV usw. Dabei wird das Kürzel TÜV auch in Zusammenhängen verwendet, die der Marke wenig zuträglich sind. Die TÜV-Vereine lassen einen solchen Marken missbrauch nicht zu und mahnen bei Bedarf auch mal ab. Betrachtete man die vorliegenden Ergebnisse der wissenschaftlichen Experten dann kann man nur die Prüf-Note „Mangelhaft“ vergeben.

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