25 Jahre BfArM
Hohe Ansprüche, aber bescheidene Erfolge bei der Digitalisierung
Der Festakt zum 25-jährigen Jubiläum des BfArM zeigt, was in der Digitalisierung möglich ist – aber auch, warum Deutschland auf diesem Feld hinterherhinkt.
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Digitalisierung im Gesundheitswesen: Das Potenzial ist in Deutschland noch lange nicht ausgeschöpft.
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Bonn. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist weit mehr als die Einführung einer elektronischen Patientenakte, des E-Rezepts oder der Anwendung von Gesundheits-Apps durch die Versicherten. Stattdessen werden in Zukunft ganze Ökosysteme an telemedizinischen Versorgungsmöglichkeiten zugelassen werden. Davon zeigte sich Professor Erwin Böttinger, Leiter des Digital Health Centers am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam überzeugt. Wie es funktionieren kann, zeige das Beispiel USA, sagte Böttinger anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn.
USA als Vorreiter
Böttinger hat viele Jahre an verschiedenen Kliniken in den USA gearbeitet und war daher auch Patient in dem Land. „Ich habe seit 15 Jahren eine elektronische Patientenakte“, berichtete er. Sie sei mit seiner Smart-Watch und seinem Handy verbunden und könne beispielsweise über die Sensoren an der Uhr die Herzrhythmus-Messungen direkt mit der Akte verknüpfen. „Solche Möglichkeiten beziehen den Patienten sehr viel stärker mit ein, außerdem kann über die Technologie auch Prävention erfolgen“, sagte Böttinger.
Angesichts der Digitalisierung steht das deutsche Gesundheitswesen vor maßgeblichen Veränderungen. Das betrifft nicht nur die Arbeit des BfArM, sondern alle Akteure. Hier besteht in Deutschland sehr viel Nachholbedarf. „Sicherlich haben wir im Gesundheitswesen andere Rahmenbedingungen für die Digitalisierung als andere Branchen, aber wir sind, seitdem ich mit meiner Arbeit als Bundespolitiker vor 30 Jahren begonnen habe, bei diesem Thema überhaupt nicht vorangekommen“, kritisierte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) in seinem Grußwort. „Wenn die Banken sich so viel Zeit gelassen hätten mit der Digitalisierung wie das Gesundheitswesen, würden wir heute noch mit Verrechnungsschecks herumlaufen.“
Laumann verzweifelt
Ihn ärgert die Langsamkeit seiner Zunft. „Wir haben in der Gematik Millionensummen an Versichertengelder verbrannt“, nannte er ein Beispiel. Dabei hätten die Beitragszahler Anspruch darauf, dass ihre Beiträge effizient eingesetzt würden. Auch in anderen Bereichen kämen vielversprechende Projekte nicht über die Förderphase hinaus. Auch hier werde viel Geld verschleudert.
Eine sektorenübergreifende Kooperation müsse zwingend in die Regelfinanzierung integriert werden, um bei der Digitalisierung voranzukommen, forderte der Minister. Im Kern gehe es immer um das Arzt-Patienten-Verhältnis, dieses könne durch eine funktionierende Telematikinfrastruktur und funktionierende digitale Dienste verbessert werden.
Sensiblerer Umgang mit Daten
Der Meinung ist auch Böttinger. „Technologien wie künstliche Intelligenz können dazu beitragen, dass der Arzt von repetitiven Aufgaben wie Anamnese oder Diagnosestellung befreit wird und mehr Zeit dafür hat, dem Patienten zu erklären, wie die Therapie bestmöglich anschlägt“, sagte er.
Sabine Weiss, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, wies jedoch darauf hin, dass der Umgang mit den Daten der Versicherten in Deutschland und Europa ein anderer sein müsse als in den USA oder China. „Unser Weg darf weder der der marktwirtschaftlichen Datenausbeutung wie in den USA, noch der einer staatlich überwachten Datenauswertung sein“, erklärte sie. „Wir haben unsere eigenen Wertvorstellungen, wie wir mit Patientendaten umgehen wollen, und hier müssen wir unseren europäischen Weg finden.“