Nach Schließung eines Augsburger Pflegeheims
Holetscheks Fünf-Punkte-Plan für mehr Qualität in der Pflege
Pflegemängel sollen künftig schneller Konsequenzen haben: Bayerns Gesundheitsminister Holetschek startet eine Offensive zum Schutz von Pflegeheimbewohnern. Dazu gehört eine SOS-Anlaufstelle, angesiedelt beim Landesamt für Pflege.
Veröffentlicht:München/Augsburg. Funktionieren die Prüf- und Kontrollmechanismen nicht richtig? Die Schließung eines Pflegeheims in Augsburg hat Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) nun dazu veranlasst, eine Qualitätsoffensive für Pflege-Einrichtungen zu starten. Am Sonntag legte er in München seinen Fünf-Punkte-Plan vor. Ein wesentlicher Bestandteil ist eine „Pflege-SOS-Anlaufstelle“ für Pflegebedürftige, Angehörige und Pflegekräfte.
„Die Menschen in Bayern müssen darauf vertrauen können, dass die Pflege und Betreuung in allen bayerischen Pflegeheimen gut und angemessen gewährleistet wird. Die jüngsten Vorwürfe gegenüber einem Pflegeheim in Augsburg zeigen aber, dass wir uns die Strukturen und Kontrollen genau ansehen und handeln müssen“, sagte er.
Der Fall wird auch den Landtag beschäftigen
Erst am Samstag hatte die Stadt Augsburg die Schließung des Seniorenheims Ebnerstraße bekannt gegeben. „Die Schließung des Hauses ist endgültig und wurde der Heimleitung von der Heimaufsicht mitgeteilt“, teilte die Stadtverwaltung mit. „Damit ist in dieser Einrichtung und unter dieser Leitung keine Pflegetätigkeit mehr möglich“, erklärte Gesundheitsreferent Reiner Erben.
Zuletzt hatte es in der Einrichtung ein größeres Corona-Ausbruchsgeschehen gegeben. Mehr als die Hälfte der Bewohner und der Pflegekräfte waren positiv getestet worden. In dem Pflegeheim waren seit längerer Zeit Pflegemängel aufgetreten. Die Einrichtung hatte nach Darstellung der Stadt Augsburg seit Anfang vergangenen Jahres unter engmaschiger Beobachtung gestanden. Alle 86 Bewohnerinnen und Bewohner konnten in andere Einrichtungen im Stadtgebiet und im Umland verlegt werden.
„Wenn sich Vorwürfe bestätigen, muss das klare Konsequenzen haben. Im Augsburger Fall hat sich die örtliche Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) daher mit dem Ministerium, der Regierung von Schwaben und dem Medizinischen Dienst Bayern sowie der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern über notwendige Maßnahmen beraten“, so der Gesundheitsminister. Am kommenden Dienstag wolle sein Ministerium dem Gesundheitsausschuss des Landtags zu den Vorgängen in Augsburg berichten.
Die fünf Punkte für eine bessere Pflegequalität
Damit es künftig erst gar nicht mehr so weit kommt, hat Holetscheks Ministerium einen Fünf-Punkte-Plan beschlossen. Dieser setzt sich zusammen aus:
Einem Expertengespräch zur Verbesserung des Schutzes von Heimbewohnern. Dieses soll noch im Frühjahr stattfinden. Neben Vertretern der Pflegebedürftigen sollen daran auch die Prüfinstanzen und etwa die Vereinigung der Pflegenden in Bayern teilnehmen.
Ein externes Organisationsgutachten, das beleuchten soll, „wo wir in den Strukturen der landesrechtlichen Kontrollen besser werden können“, sagte Holetschek. Ziel sei, Verbesserungspotenziale unter Beteiligung der FQA sowie der Regierungen herauszuarbeiten.
Eine stärkere Einbindung der Task-Force Infektiologie – Steuerungsstelle Pflege, die beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) angesiedelt ist, in Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau guter Pflege.
Schnelle Sofortmaßnahmen bei Mängeln: „Wir haben die örtlichen Behörden bereits angewiesen, dass bei bestimmten Mängeln sofort Maßnahmen angeordnet werden und nur im Ausnahmefall bei diesen Mängeln Beratungen der Einrichtungen stattfinden sollen“, erläuterte der Minister.
Eine „Pflege-SOS-Anlaufstelle“: Noch im März soll eine bayernweit gültige Telefonnummer und Kontaktstelle beim Landesamt für Pflege eingerichtet werden. Dort sollen Pflegebedürftige, Angehörige und auch Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen Beschwerden vortragen können – auch anonym.
Minister verspricht: Keine überbordende Bürokratie
„Wir brauchen effiziente Kontrollen – das bedeutet keine überbordende Bürokratie, sondern einen Fokus auf das, was zum Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner wirklich zählt. Unsere Erkenntnisse werden wir dann auch in die noch anstehende Novellierung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes einfließen lassen“, kündigte Holetschek am Sonntag an.
Er stellte aber auch klar: „Es ist unbestritten, dass in Bayern in der Pflege sehr gute Arbeit geleistet wird und insbesondere in der Corona-Pandemie viele Beschäftigte in den Einrichtungen über sich hinausgewachsen sind. Klar ist aber auch, dass Vorfälle wie in Augsburg mit aller Entschlossenheit aufgeklärt werden müssen.“ Es brauche bessere Rahmenbedingungen, um mehr Pflegekräfte für diesen wichtigen Beruf zu begeistern. (mit Material von dpa)