COVID-19

Hygieniker legen Exitstrategie aus dem „Corona-Modus“ vor

Ausstiegsszenarien aus dem Infektionsmodus des gesellschaftlichen Lebens werden von vielen Seiten angemahnt. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene hat ein medizinisch kontrolliertes Modell dafür entwickelt.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
DGKH-Vorsitzender Professor Martin Exner fordert, entscheidend für die schrittweise Aufhebung der Quarantäne-Phase dürfe nicht nur die Entwicklung der Infektionszahlen sein.

DGKH-Vorsitzender Professor Martin Exner fordert, entscheidend für die schrittweise Aufhebung der Quarantäne-Phase dürfe nicht nur die Entwicklung der Infektionszahlen sein.

© DGKH

Berlin. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) hat eine Vier-Phasen-Strategie zur kontrollierten Rückkehr zur medizinischen und gesellschaftlichen Normalität vorgelegt.

Unterschiedliche Geschwindigkeiten der mehr und weniger vulnerablen Gruppen seien dabei ausdrücklich vorgesehen, sagte DGKH-Vorstand Dr. Peter Walger am Dienstag in einer Online-Pressekonferenz.

Die vier Schritte hat die DGKH wie folgt definiert. Derzeit befinde sich das Land noch auf unabsehbare Zeit in der Startphase der Pandemie und auf dem Höhepunkt von Phase 1.

Das sind die vier Phasen

  • Phase 1: Quarantänisierung mit dem Ziel, die Pandemie einzudämmen und zu verlangsamen. Krankenhäuser und Pflegeheime sollen in dieser Phase vor Überlastung geschützt werden. Zudem sollen die Kliniken auf elektive Eingriffe verzichten, um die Versorgungskapazitäten auf den zu erwartenden Anfall an schweren Erkrankungen vorzubereiten.
  • Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Mund-Nasenschutz und die Abstandswahrung sollten aufrechterhalten werden. Durch das Nachverfolgen von Kontakten sollen die Infektionsketten unterbrochen werden, wozu der Öffentliche Gesundheitsdienst allerdings auch in der Lage sein sollte. Die medizinische Versorgung in den Praxen und Kliniken sollte unter Wahrung infektionshygienischer Kriterien sichergestellt sein.

Seien diese Voraussetzungen geschaffen, könne die Gesellschaft einen Schritt weiter gehen.

  • Phase 2: Die Quarantänisierung wird nach und nach aufgehoben. Kriterien dafür sollten nicht allein die Zahl der Infektionen sein. Wichtig dafür sei auch, wie ausgelastet das Gesundheitswesen sei, wie viele Intensivkapazitäten vorgehalten werden könnten bei welcher Zahl an Intensivaufnahmen, wie viele Beatmungen geleistet werden müssten und könnten sowie die Zahl der Todesfälle, sagte DGKH-Vorsitzender Professor Martin Exner. Für die Entscheidung sollte als Parameter auch „der Aufbau an natürlicher Immunität“ herangezogen werden, also die Zahl der bereits Genesenen.
  • An dieser Stelle ließen sich für bestimmte Gruppen und Geschäfte Einschränkungen lockern. Immer im Blick behalten werden müssten die besonders vulnerablen Gruppen, zum Beispiel die älterer Menschen und von Menschen mit Vorerkrankungen.

Wichtig sei eine Unterscheidung der Bevölkerungsgruppen nach dem Grad der Bedrohung, tatsächlich schwer zu erkranken. „Steigende Infektionszahlen generell sind sekundär und nur insoweit wichtig, als die Übertragungsrisiken kontrolliert sein müssen“, haben die Krankenhaushygieniker in ihr Stufenmodell geschrieben.

Infektionen in weniger bedrohten Alters- und Nicht-Risikogruppen könnten durch Ausbildung natürlicher Immunität dazu beitragen, die Pandemie zu verlangsamen, solange es keinen Impfstoff gebe. Um die Risikokonstellationen besser zu erfassen, sollten die Todesfälle an COVID-19 umgehend wissenschaftlich ausgewertet werden. Gleiches gelte für das nosokomiale Übertragungsrisiko für das Personal.

Schach dem Corona-Virus

  • Phase 3: Hier könnten nach Ansicht der DGKH-Experten auf Grundlage aller wissenschaftlich gewonnener Einsichten Teile des öffentlichen Lebens wieder aufgenommen werden, ohne die Hygiene-Maßnahmen besonders für gefährdete Menschen auszusetzen. Kongresse und Versammlungen größerer Gruppen sollen aber wieder möglich werden.
  • Phase 4: Der Status quo ante kehrt zurück. COVID-19 wird möglicherweise alljährlich saisonal wieder auftreten, aber durch Impfungen und Therapeutika in Schach gehalten.
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