Geplante Kampagne der DKG

Im Clinch: Krankenhausgesellschaften und Lauterbach beharken sich

Der Krankenhaus-Reformprozess legt die Nerven blank: Eine geplante Aktion der Deutschen Krankenhausgesellschaft erregt die Gemüter. Gesundheitsminister Lauterbach spricht von Hetze und Lobbyismus. Die Gegenseite sieht sich öffentlich diffamiert.

Veröffentlicht:
Liegen über Kreuz: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und DKG-Chef Dr. Gerald Gaß.

Liegen über Kreuz: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und DKG-Chef Dr. Gerald Gaß.

© Lorenz Huter / photothek / picture alliance | Jörg Carstensen / dpa / picture alliance

Berlin. Die Krankenhausgesellschaften und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) liegen im Clinch. Auslöser ist die Plakatkampagne „Alarmstufe Rot“ der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Plakataktion besteht aus mehreren Motiven, die vor dem „kalten Strukturwandel“ in der Krankenhauslandschaft und einem prognostizierten Krankenhaussterben warnen sollen.

Jedes Motiv ist überschrieben mit „Wenn Lauterbach so weitermacht ...“. Dann folgt zum Beispiel zum Bild eines sichtlich unzufriedenen Säuglings der Text „…gibt’s bald keinen Nachwuchs mehr“. Ein Bild eines Autos auf einer vereisten Straße wird von der Aussage begleitet „…wird es knapp für die Patienten in der Notaufnahme“.

Minister keilt zurück: „Unseriöse Hetzkampagne“

Lauterbach reagierte vergrätzt. Auf der Plattform X bezeichnet er das Vorgehen der Krankenhäuser als „unseriöse Hetzkampagne“ des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß. Den rüffelt er in seinem Tweet als „Krankenhaus-Cheflobbyist“. Damit argumentiere man nicht differenzierter als die AfD, so Lauterbach.

Auch der Marburger Bund (MB), die Gewerkschaft der Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzte, hat sich von der DKG-Aktion distanziert. Die MB-Vorsitzende Dr. Susanne Johna wollte eigentlich am Donnerstag gemeinsam mit DKG-Chef, Dr. Gerald Gaß, die Kampagne vorstellen. Inzwischen hat Johna zurückgezogen. Sie bedauere, dass die Diskussion über die Kampagne die Kritik an den Reformen überdecke, hieß es aus dem MB.

Die Zündschnur ist auf beiden Seiten kurz. Die 16 Landeskrankenhausgesellschaften reagierten am Dienstag mit einem offenen Brief. Mit Empörung habe man den Vorwurf der Hetze und den Vergleich des Argumentationsniveaus der Deutschen Krankenhausgesellschaft mit dem der AfD zur Kenntnis genommen, heißt es in dem Schreiben, das der Ärzte Zeitung vorliegt.

Und: „Diese Entgleisung ist der Tiefpunkt in Ihrer andauernden Diffamierung der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Man erwarte, dass sich Lauterbach von seinem „unsäglichen Vergleich“ mit der in Teilen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Partei distanziere und in deinen „konstruktiven Dialog“ mit den Vertretern der Krankenhäuser eintrete.

Krankenhausgesellschaften fordern Mitsprache

Hintergrund der Erregung auf der Krankenhausseite ist der Umstand, dass Lauterbach den „vom Gesetzgeber bestimmten Selbstverwaltungsträger für die deutschen Krankenhäuser“ nicht in die laufende Krankenhausreform einbezieht. In der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sind zwar eine ganze Reihe hochrangige und im stationären Sektor tätige Ärzte vertreten, nicht aber die Krankenhausgesellschaften, die Lauterbach seit jeher des Lobbyismus zeiht.

Die wiederum machen den Minister in ihrem Schreiben darauf aufmerksam, dass praktisch alle Krankenhausträger aktuell gezwungen seien, harte Kostensenkungsmaßnahmen durchzuführen, die unweigerlich auch zu einer Beeinträchtigung der Patientenversorgung führen würden. Dies sei keine Hetze, sondern „notwendiger Ausdruck unserer tiefen Sorge um die Patientenversorgung in Deutschland“.

Immerhin: Für die Misere der Kliniken mache die Autorinnen und Autoren des Briefes nicht alleine Lauterbach verantwortlich. Die Länder hätten über Jahrzehnte hinweg ihre Investitionsverpflichtungen sträflich vernachlässigt.

Bayerns Gesundheitsministerin ergreift Partei

Unterstützung erhielten die Krankenhausgesellschaften am Mittwoch von Länderseite. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) forderte die Bundesregierung auf, die Krankenhäuser endlich mit Soforthilfen zu unterstützen. Lauterbach trage die Verantwortung für Beeinträchtigungen bei der Patientenversorgung infolge des kalten Strukturwandels, teilte Gerlach mit.

Schließlich sei der Bund für die Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser zuständig. Es sei völlig unverständlich, dass Lauterbach sich bislang einem konstruktiven Dialog verweigert habe.

Verschiedene Teile einer Krankenhausreform werde derzeit im Bundestag und im Bundesrat verhandelt. Damit verbunden sein sollen eine Liquiditätshilfe in Milliardenhöhe und Strukturhilfen von 50 Milliarden Euro von Bund und Ländern. Die Krankenkassen haben 2023 mehr als 90 Milliarden Euro für Krankenhausbehandlungen ausgegeben. Am Donnerstag will die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit ihren Anliegen an die Öffentlichkeit gehen. (af)

Jetzt abonnieren
Mehr zum Thema

Exklusiv Physiotherapeuten & Co.

Warum Heilmittelerbringer auf die Vollakademisierung setzen

Das könnte Sie auch interessieren
Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

© Salesforce Germany GmbH

Value Based Healthcare

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

Kooperation | In Kooperation mit: Salesforce Germany GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
KI-Einsatz mit Robotern im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege? In Deutschland noch schwer vorstellbar. Aber vielleicht ist das dieZukunft. Ein Feld auch für die Geldanlage.

© sirisakboakaew / stock.adobe.com

Interview zum Thema Geldanlage

KI für Anleger: „Ich sollte verstehen, in was ich investiere“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Deutscher Apotheker- und Ärztebank
In der Klinik Königshof in Krefeld werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die digitale Terminvergabe über Doctolib senkt eine Hemmschwelle: Es fällt leichter, mit wenigen Klicks einen Termin zu buchen, als im direkten Gespräch am Telefon.

© St. Augustinus Gruppe

Unternehmensstrategie für Krankenhäuser

Patientenportal stärkt die Reichweite der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leckere und gesunde Ernährung

Remission bei Morbus Crohn: Das glückt auch mit einer rein oralen Diät

DGK-Jahrestagung

Präzisionsmedizin: Die Kardiologie ist auf dem Weg

Wechselspiel zwischen Hirn und Pankreas

Demenz & Diabetes: Welche Vorteile das CGM bietet

Lesetipps
Dreidimensionale medizinische Illustration von Nierenkrebs, die das Vorhandensein eines Tumors in der Niere zeigt.

© Crystal light / stock.adobe.com

Hinweis aus Registerstudie

Welchen Einfluss NSAR auf das Nierenkrebs-Risiko haben

Eine Frau greift sich mit beiden Händen um den Nacken.

© fizkes / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Leitlinien-Update

Polymyalgia rheumatica: Aktualisierte Empfehlungen sind online

Eine Ärztin tastet den Hals einer Frau zur Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen und Hypothyreose ab.

© Peakstock / stock.adobe.com

US-Review

Wie mit latenter Hypothyreose bei älteren Patienten umgehen?