Geplante Kampagne der DKG
Im Clinch: Krankenhausgesellschaften und Lauterbach beharken sich
Der Krankenhaus-Reformprozess legt die Nerven blank: Eine geplante Aktion der Deutschen Krankenhausgesellschaft erregt die Gemüter. Gesundheitsminister Lauterbach spricht von Hetze und Lobbyismus. Die Gegenseite sieht sich öffentlich diffamiert.
Veröffentlicht:Berlin. Die Krankenhausgesellschaften und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) liegen im Clinch. Auslöser ist die Plakatkampagne „Alarmstufe Rot“ der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Plakataktion besteht aus mehreren Motiven, die vor dem „kalten Strukturwandel“ in der Krankenhauslandschaft und einem prognostizierten Krankenhaussterben warnen sollen.
Jedes Motiv ist überschrieben mit „Wenn Lauterbach so weitermacht ...“. Dann folgt zum Beispiel zum Bild eines sichtlich unzufriedenen Säuglings der Text „…gibt’s bald keinen Nachwuchs mehr“. Ein Bild eines Autos auf einer vereisten Straße wird von der Aussage begleitet „…wird es knapp für die Patienten in der Notaufnahme“.
Minister keilt zurück: „Unseriöse Hetzkampagne“
Lauterbach reagierte vergrätzt. Auf der Plattform X bezeichnet er das Vorgehen der Krankenhäuser als „unseriöse Hetzkampagne“ des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß. Den rüffelt er in seinem Tweet als „Krankenhaus-Cheflobbyist“. Damit argumentiere man nicht differenzierter als die AfD, so Lauterbach.
Auch der Marburger Bund (MB), die Gewerkschaft der Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzte, hat sich von der DKG-Aktion distanziert. Die MB-Vorsitzende Dr. Susanne Johna wollte eigentlich am Donnerstag gemeinsam mit DKG-Chef, Dr. Gerald Gaß, die Kampagne vorstellen. Inzwischen hat Johna zurückgezogen. Sie bedauere, dass die Diskussion über die Kampagne die Kritik an den Reformen überdecke, hieß es aus dem MB.
Die Zündschnur ist auf beiden Seiten kurz. Die 16 Landeskrankenhausgesellschaften reagierten am Dienstag mit einem offenen Brief. Mit Empörung habe man den Vorwurf der Hetze und den Vergleich des Argumentationsniveaus der Deutschen Krankenhausgesellschaft mit dem der AfD zur Kenntnis genommen, heißt es in dem Schreiben, das der Ärzte Zeitung vorliegt.
Und: „Diese Entgleisung ist der Tiefpunkt in Ihrer andauernden Diffamierung der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Man erwarte, dass sich Lauterbach von seinem „unsäglichen Vergleich“ mit der in Teilen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Partei distanziere und in deinen „konstruktiven Dialog“ mit den Vertretern der Krankenhäuser eintrete.
Krankenhausgesellschaften fordern Mitsprache
Hintergrund der Erregung auf der Krankenhausseite ist der Umstand, dass Lauterbach den „vom Gesetzgeber bestimmten Selbstverwaltungsträger für die deutschen Krankenhäuser“ nicht in die laufende Krankenhausreform einbezieht. In der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sind zwar eine ganze Reihe hochrangige und im stationären Sektor tätige Ärzte vertreten, nicht aber die Krankenhausgesellschaften, die Lauterbach seit jeher des Lobbyismus zeiht.
Die wiederum machen den Minister in ihrem Schreiben darauf aufmerksam, dass praktisch alle Krankenhausträger aktuell gezwungen seien, harte Kostensenkungsmaßnahmen durchzuführen, die unweigerlich auch zu einer Beeinträchtigung der Patientenversorgung führen würden. Dies sei keine Hetze, sondern „notwendiger Ausdruck unserer tiefen Sorge um die Patientenversorgung in Deutschland“.
Immerhin: Für die Misere der Kliniken mache die Autorinnen und Autoren des Briefes nicht alleine Lauterbach verantwortlich. Die Länder hätten über Jahrzehnte hinweg ihre Investitionsverpflichtungen sträflich vernachlässigt.
Bayerns Gesundheitsministerin ergreift Partei
Unterstützung erhielten die Krankenhausgesellschaften am Mittwoch von Länderseite. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) forderte die Bundesregierung auf, die Krankenhäuser endlich mit Soforthilfen zu unterstützen. Lauterbach trage die Verantwortung für Beeinträchtigungen bei der Patientenversorgung infolge des kalten Strukturwandels, teilte Gerlach mit.
Schließlich sei der Bund für die Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser zuständig. Es sei völlig unverständlich, dass Lauterbach sich bislang einem konstruktiven Dialog verweigert habe.
Verschiedene Teile einer Krankenhausreform werde derzeit im Bundestag und im Bundesrat verhandelt. Damit verbunden sein sollen eine Liquiditätshilfe in Milliardenhöhe und Strukturhilfen von 50 Milliarden Euro von Bund und Ländern. Die Krankenkassen haben 2023 mehr als 90 Milliarden Euro für Krankenhausbehandlungen ausgegeben. Am Donnerstag will die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit ihren Anliegen an die Öffentlichkeit gehen. (af)