Arbeitgeberverband Pflege
In drei Schritten zu mehr Altenpflegekräften
Mit weniger starren Personalvorgaben, einem Mindestlohn und mehr ausländischen Fachkräften wollen private Altenpflegeanbieter die Probleme ihrer Branche lösen.
Veröffentlicht:BERLIN. Mit einem dreiteiligen „Prioritätenprogramm“ wollen die privaten Altenpflegeanbieter den steigenden Fachkräftemangel in der Branche in den Griff kriegen.
Die Konzertierte Aktion Pflege (KAP) habe zwar ein „Feuerwerk“ an Ideen abgebrannt, es aber versäumt, die Vorschläge nach Dringlichkeit zu gewichten, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege (AGVP), Thomas Greiner, am Dienstag.
Am dringlichsten aus Sicht der privaten Arbeitgeber ist es, von der fixen Fachkraftquote in den Heimen wegzukommen. Diese liegt bei 50 Prozent. Stattdessen seien die Fachkräfteeinsätze zu flexibilisieren und bei Stellenplänen auch Berufsgruppen wie Ergotherapeuten, Logopäden, Heilerziehungspfleger oder Physiotherapeuten zu berücksichtigen.
Ein solcher, am jeweiligen Bedarf ausgerichteter Professionenmix schaffe eine „Win-win-win-Situation“ für Heimbewohner, Pflegepersonal und Betreiber, sagte Greiner.
Flexibler Personalmix nichts Utopisches
Er setze darauf, dass Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Herbst entsprechende Gesetzesvorschläge vorlege. „Es gibt ein einmaliges Zeitfenster, bis zum Jahresende etwas hinzubekommen“, so Greiner.
In Kürze wird auch ein Gutachten des Bremer Pflegewissenschaftlers Heinz Rothgang zum Thema Qualifikations- und Personalmix in der stationären Altenpflege erwartet.
AGVP-Sprecher Friedhelm Fiedler sagte, ein flexibler Personalmix in Pflegeheimen sei „nicht irgendetwas Utopisches“. So gebe es bereits Bundesländer, die „gute Vorlagen“ lieferten. Dazu gehöre Baden-Württemberg.
Seit zwei Jahren seien dort Abweichungen von der Fachkraftquote möglich. Voraussetzung sei, dass andere Fachkräfte in geringem Umfang beschäftigt und eingesetzt würden und der Stellenschlüssel von einer Pflegekraft pro 30 Bewohner im Tagesdienst eingehalten werde.
Pflegeassistenten miteinbeziehen
Nötig sei zudem eine bundesweit anerkannte „Teilqualifizierung“ von Pflegehilfs- zu Fachkräften, sagte Fiedler. Die Arbeitszeit von Pflegeassistenten sei auf die Fachkraftquote anzurechnen, sofern diese längere Zeit unter Anleitung Fachkraftaufgaben wahrgenommen hätten. „Das bringt Entlastung.“
Die Mehrkosten für die zusätzliche Personalausstattung in den Heimen seien von den Kassen zu tragen. „Hier muss Pflege andere Ansprüche anmelden.“
Als weitere Bausteine ihres Programms nannten Greiner und Fiedler die gezielte Anwerbung ausländischer Fachkräfte und einen Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 2500 Euro monatlich.
Die neue Arbeitgebervereinigung BVAP, die mit der Gewerkschaft Verdi einen Tarifvertrag für die Branche aushandeln soll, werde keinen Erfolg haben. Drei Viertel der Arbeitgeber in der Branche machten dort gar nicht mit, so Fiedler. Besser als das Aushandeln eines „Zwangstarifvertrages“ sei es, in der Mindestlohnkommission für attraktivere Löhne zu sorgen.
Bei den Mehrkosten durch einen Mindestlohn sei den Menschen reiner Wein einzuschenken, betonte AGVP-Chef Greiner. Diese belaufen sich laut Experten je nach Höhe des Mindestlohns auf eine Summe zwischen gut einer und mehr als fünf Milliarden Euro jährlich. Die Politik müsse aufhören, so Greiner, „den Eindruck zu erwecken, das ganze Jahr wäre Weihnachten“.
„Pflegekräfte verdienen bessere Löhne“
Die Pflegebeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Baehrens, verteidigte dagegen den geplanten allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Altenpflege. „Pflegekräfte verdienen bessere Löhne und müssen sich auf gute Arbeitsbedingungen verlassen können“, sagte die Politikerin am Dienstag in Berlin. Die Sozialpartner müssten sich jetzt schnell verständigen.
„Dass der Arbeitgeberverband Pflege sich nach wie vor gegen gute Tarifbedingungen sperrt und lediglich auf eine Mindestlohnlösung setzt, ist ein Affront gegenüber allen Beschäftigten in der Pflege“, kritisierte Baehrens.
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