Bedarfsplanung /Gutachten
In maximal 15 Minuten zum Hausarzt
Demografischer Wandel, Landflucht und Urbanisierung führen zu Verwerfungen bei der ambulanten Bedarfsplanung.Ein neues Gutachten macht nun Vorgaben, innerhalb welcher Zeit ein Arzt erreichbar sein sollte.
Veröffentlicht:BERLIN. Das bisherige System, die Zahl der Arztsitze weitgehend anhand der Kopfzahlen der Bevölkerung zu bemessen, funktioniert nicht mehr. "Dieses Verfahren sei ausgereizt", heißt es dazu bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz aus dem Jahr 2015 ist der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) beauftragt worden, die ambulante Bedarfsplanung neu zu konzipieren. In einem ersten Schritt hat der GBA daraufhin ein Gutachten in Auftrag gegeben.
Erste Hinweise aus diesem Gutachten, wohin die Reise gehen könnte, liegen jetzt vor. Wesentliches Kriterium der Planung von Kassensitzen soll künftig die Erreichbarkeit der Haus- und Facharztpraxen sein, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Mittwochausgabe). 99 Prozent der Bevölkerung soll demnach binnen 15 Minuten mit dem Auto den nächsten Hausarzt erreichen können. Zu den Praxen von Kinder- und Jugendärzten sowie Gynäkologen sollen die Wegstrecken nichtlänger als 20 Minuten sein, so zitiert die FAZ die Gutachter. Facharztpraxen für die Grundversorgung sollen nicht weiter als 30 Minuten Fahrzeit entfernt liegen. Gemeint sind niedergelassene Urologen, Augenärzte, HNO-Ärzte, Chirurgen, Hautärzte, Orthopäden, Neurologen und Psychotherapeuten.
Das fehlende eine Prozent der Bevölkerung lebt auf den Inseln sowie in abgelegenen Regionen.
Ausweislich des Berichts raten die Gutachter zu einer stärkeren Differenzierung der Planung. Gerade für die verschiedenen internistischen Disziplinen solle konkreter beschrieben werden, welche Arztgruppe, welche Patienten versorgen soll. Als weitere Instrumente, die Patientennachfrage und das ärztliche Angebot in Einklang zu bringen, nennen die Gutachter mehr als 20 Praxisstunden für Kassenpatienten, mehr Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliche Berufsgruppen, mehr Telemedizin und nach Dringlichkeit gestaffelte Überweisungen. Zudem sollten Medizinstudenten sich schon früh im Studium entscheiden, wo sie als Ärzte in der Versorgung tätig werden wollen. (af)