Pflegebedürftigkeit

Jeder Fünfte fühlt sich einsam

Viele Pflegebedürftigen leiden unter Einsamkeit - und das auch, wenn sie mit ihrer Familie leben. Für Alleinstehende ist die Pflege zudem auch kostenintensiver.

Veröffentlicht:

NEU-ISENBURG. Fast jeder fünfte Pflegebedürftige fühlt sich einsam. Und das trifft nicht nur auf Alleinlebende, sondern auch auf diejenigen zu, die mit ihrer Familie zusammenwohnen. Das geht aus einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hervor.

Die Ökonomen haben Daten des Sozioökonomischen Panels des DIW ausgewertet, das mehr als 20.000 Personen in knapp 13.000 Haushalten umfasst. Untersucht wurde, wie sich Pflegebedürftige in den eigenen vier Wänden versorgen und auf welche Unterstützung sie bauen.

Dabei wurde vor allem deutlich, dass viele Pflegebedürftige unter Einsamkeit leiden. So gab jeder fünfte Alleinlebende (18 Prozent) und jeder Fünfte in Mehrpersonenhaushalten (19 Prozent) an, er habe keine Vertrauensperson.

Auch in Familien kann der Verlust eines Partners im Alter offenbar häufig nicht kompensiert werden, folgern die Autoren. Besonders betroffen sind verwitwete Frauen, die meist allein leben.

Zu dieser emotionalen Belastung kommen bei Alleinstehenden noch höhere finanzielle Ausgaben erschwerend hinzu. Mehr als die Hälfte von ihnen (57 Prozent) muss im Monat durchschnittlich über 400 Euro für die Pflege aufwenden. Bei größeren Haushalten mit mehr als drei Personen sind es lediglich 230 Euro.

Insgesamt muss etwa jeder zweite Pflegehaushalt regelmäßig für Zusatzkosten durch die Pflege aufkommen. Dafür wenden sie im Schnitt ein Fünftel des Nettohaushaltseinkommens auf. Viele könnten nicht auf finanzielle Reserven zurückgreifen, schreiben die Autoren.

Wie Pflegebedürftige unterstützt werden, unterscheidet sich stark - und hängt davon ab, ob sie allein den Haushalt führen oder mit Partner oder Familie zusammenleben (siehe Grafik). Alleinstehende nehmen vor allem ambulante Pflegedienste (32,7 Prozent) und ihre Töchter in Anspruch (32,6 Prozent).

In Zwei-Personen-Haushalten werden Pflegebedürftige überwiegend von ihrem Partner versorgt (79 Prozent). Während in größeren Haushalten mit mindestens drei Personen insbesondere die Töchter (56 Prozent) und der Partner (25 Prozent) die Pflege übernehmen. Eine untergeordnete Rolle spielen für alle drei Gruppen die Söhne und informelle Netzwerke wie Freunde oder Nachbarn.

"Da sich im letzten Jahrzehnt die Zahl der alleinlebenden Pflegebedürftigen verdoppelt hat, wird die Frage nach einer angemessenen Unterstützung dieser stark wachsenden Gruppe immer wichtiger", erklärt Dr. Ralf Suhr vom ZQP.

Nach der Auswertung des Panels leben derzeit 44 Prozent der Pflegebedürftigen allein, 42 Prozent zusammen mit einem Partner und nur 14 Prozent in größeren haushalten, etwa mit ihren Kindern.

Im Unterschied zur Pflegestatistik bezieht das Sozioökonomische Panel nicht nur Pflegebedürftige ein, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten, sondern auch diejenigen, die keiner pflegestufe zugeordnet sind, aber trotzdem bei täglichen Aufgaben regelmäßig Hilfe benötigen. (jvb)

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Fehlabrechnungen im Gesundheitswesen

Ersatzkassen in NRW fordern 480.000 Euro zurück

Kommentare
Dr. Rolf Ohlrogge 12.05.201409:30 Uhr

Die Problemlösungen müssen sehr viel früher ansetzen

Ein Großteil der Einsamkeit betagter und somit auch zunehmend pflegebedürftiger Menschen liegt in deren Sozialisation lange vor der Hilfsbedürftigkeit. Man kann Menschen, insbesondere denen, die aus dem Berufsleben ausscheiden, nicht dringend genug den Aufbau eines möglichst großen Freundeskreises anraten. Ehrenamtliche Aufgaben, auch Tätigkeiten in der Kommunalpolitik, sind ein Vehikel für Kontakte und deren Pflege.

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Laborwerte in der Diabetologie

HbA1c-Wert bei Diabetes-Diagnostik? Gerne, aber mit Verstand!

Meist Frauen betroffen

Standard-Therapie reicht bei Clusterkopfschmerz oft nicht

Methotrexat und Glukokortikoide

Rheumatoide Arthritis: Spannende neue Erkenntnisse zu altbekannten Arzneien

Lesetipps
Aufnahmen einer Magnetresonanzangiographie ohne Kontrastmittel von den Halsgefäße eines Patienten.

© Aleksandr Uglov / stock.adobe.com

Kasuistik

Schlaganfall durch wandernde A. carotis interna

„Nicht jeder Mensch ab 70 wird künftig Statine nehmen, aber es werden mehr als bisher sein“, prognostiziert Kollegin Erika Baum von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin.

© Rafal Rutkowski / stock.adobe.com

„Erheblicher zusätzlicher Beratungsbedarf“

Statine: Was der G-BA-Beschluss für Praxen bedeutet