KVNo-Vertreterversammlung

KBV-Chef: Politik könnte Praxen sofort entlasten

Nach dem Protesttag des KV-Systems sieht Andreas Gassen das Bundesgesundheitsministerium am Zug. Es geht um die Zukunft der Vertragsärzteschaft, betont der KVNo-Vorsitzende Frank Bergmann.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Andreas Gassen: Die gegenwärtige Honorarsystematik gründet auf veralteten Daten und bildet die derzeitige Situation in den Praxen nicht adäquat ab. (Archivbild)

Andreas Gassen: Die gegenwärtige Honorarsystematik gründet auf veralteten Daten und bildet die derzeitige Situation in den Praxen nicht adäquat ab. (Archivbild)

© Jürgen Heinrich / SZ Photo / picture alliance

Köln. Andreas Gassen, der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), hat einen wesentlichen Grund für die zähen Honorarverhandlungen zwischen KBV und GKV-Spitzenverband ausgemacht: die gegenwärtige Honorarsystematik. Sie gründe auf veralteten Daten und bilde die derzeitige Situation in den Praxen nicht adäquat ab, sagte Gassen am Freitagnachmittag im „KVNo-Talk“. Die Diskussion gab es im Anschluss an die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo) in Köln. „Dies muss dringend reformiert und durchbrochen werden“, forderte er. „Dafür bräuchte es allerdings eine parlamentarische Mehrheit, die zum jetzigen Zeitpunkt illusorisch ist.“

Den Protesttag der KBV und der Kassenärztlichen Vereinigungen am 18. August 2023 in Berlin bezeichnete Gassen als starkes Signal – nicht nur zum Thema Unterfinanzierung, sondern auch zu weiteren belastenden Punkten wie Regressen oder der nicht praxisreif funktionierenden Digitalisierung.

Entbudgetierung der Hausärzte bis Ende des Jahres!

Der KBV-Chef sieht das Bundesgesundheitsministerium am Zug. Die Politik könne die Praxen sofort und spürbar entlasten, nämlich durch die Rücknahme der gerade eingeführten Sanktionen in der Finanzierung der Telematikinfrastruktur in den Praxen sowie einer echten Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte. Sie sollte bis Ende des Jahres auf den Weg gebracht werden, sagte Gassen.

Bei den Protesten gehe es nicht um berufspolitische Partikularinteressen, sondern um die Zukunft der Vertragsärzteschaft insgesamt, betonte der KVNo-Vorsitzende Dr. Frank Bergmann. „Es ist nicht zu fassen, dass die absolut berechtigten Anliegen der niedergelassenen Vertragsärzteschaft so wenig Beachtung finden“, kritisierte er.

Durch die demografische Entwicklung und die sich verändernden Strukturen in der ambulanten Versorgung – Stichwort knapper werdende Arztzeit – stünden die Ärztinnen und Ärzte vor herausfordernden Zeiten, sagte Bergmann. Die bisherigen Maßnahmen reichten nicht, um den Status quo zu erhalten. „Wir werden als Selbstverwaltung aber die richtigen Konzepte entwickeln, Teampraxen und Gesundheitszentren könnten hier ein Lösungsansatz sein.“

Die Belastung der Praxen wird weiter steigen

Auch auf einem anderen Feld sieht der KVNo-Vorstand dringenden Handlungsbedarf: einer sinnvollen und für die Praxen entlastenden Digitalisierung. Die Praxen seien bereits weitgehend digital organisiert und die Ärztinnen und Ärzte arbeiteten weitgehend digital, sagte KVNo-Vize Dr. Carsten König.

Die aktuellen Reformpläne des Gesetzgebers ließen aber nichts Sinnhaftes erkennen. Statt des versprochenen Bürokratieabbaus werde die Belastung künftig noch weiter zunehmen, warnte er unter Verweis auf die elektronische Patientenakte. „Obwohl sie eigentlich automatisch befüllbar sein sollte, hat das Bundesgesundheitsministerium kürzlich selbst errechnet, dass das Befüllen teils mehrere Minuten dauern kann.“ Hochgerechnet auf 50 Patientinnen und Patienten an einem Praxistag komme da schon einiges an Zeit zusammen, betonte König. „Das wird klar zu Lasten der Behandlungszeit und somit auch der Patientinnen und Patienten gehen.“

Die KVNo zeigt seiner Meinung nach mit ihrem digitalen Antragsmanagement, wie die Digitalisierung erfolgreich sein kann. Bis Ende September werde die KVNo voraussichtlich alle Anträge der Qualitätssicherung zur Online-Bearbeitung zur Verfügung stellen können“, kündigte König an. Dann sollen die Anträge für das Arztregister und des Zulassungsbereichs folgen. „Dies wird den Praxen nicht nur theoretisch, sondern tatsächlich viel Zeit sparen.“

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Exklusiv Physiotherapeuten & Co.

Warum Heilmittelerbringer auf die Vollakademisierung setzen

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

© Salesforce Germany GmbH

Value Based Healthcare

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

Kooperation | In Kooperation mit: Salesforce Germany GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Carl Billmann, Leiter der Stabsstelle IT, Marketing & Kommunikation bei BillmaMED, Medizinstudent mit dem Berufsziel Dermatologe.

© Doctolib

Interview

„Am Empfang haben wir Stress rausgenommen“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Die Patientin tippt ihre Nachricht ins Smartphone, das Praxisteam antwortet direkt über
den Desktop. So sind Vereinbarungen über ein E-Rezept oder eine Befundmitteilung vom Facharzt schnell übermittelt.

© [M] Springer Medizin Verlag | Foto: A_B_C / stock.adobe .com

Digitale Patientenkommunikation

„Das Potenzial für die Zeitersparnis ist riesig“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
KI-Einsatz mit Robotern im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege? In Deutschland noch schwer vorstellbar. Aber vielleicht ist das dieZukunft. Ein Feld auch für die Geldanlage.

© sirisakboakaew / stock.adobe.com

Interview zum Thema Geldanlage

KI für Anleger: „Ich sollte verstehen, in was ich investiere“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Deutscher Apotheker- und Ärztebank
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Vielversprechende Ergebnisse

Neue Strategie zur Tuberkulose-Früherkennung

Leckere und gesunde Ernährung

Remission bei Morbus Crohn: Das glückt auch mit einer rein oralen Diät

Lesetipps
Dreidimensionale medizinische Illustration von Nierenkrebs, die das Vorhandensein eines Tumors in der Niere zeigt.

© Crystal light / stock.adobe.com

Hinweis aus Registerstudie

Welchen Einfluss NSAR auf das Nierenkrebs-Risiko haben

Eine Frau greift sich mit beiden Händen um den Nacken.

© fizkes / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Leitlinien-Update

Polymyalgia rheumatica: Aktualisierte Empfehlungen sind online

Eine Ärztin tastet den Hals einer Frau zur Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen und Hypothyreose ab.

© Peakstock / stock.adobe.com

US-Review

Wie mit latenter Hypothyreose bei älteren Patienten umgehen?