Positionspapier zur Bundestagswahl
KBV will Patienten sagen, wo es lang geht
Drei Wochen vor der Bundestagswahl legt die Kassenärztliche Bundesvereinigung ihr Positionspapier vor. Darin formulieren die Vertragsärzte acht Kernthemen. Diese gehörten auf die politische Agenda.
Veröffentlicht:Berlin. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) stößt sich an der freien Arztwahl. Wörtlich heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Positionspapier der KBV zur Bundestagswahl: „... eine effektive Steuerung des derzeit beliebigen und unkoordinierten Zugangs zur medizinischen Versorgung“ sei unerlässlich.
Grundsätzlich seien ambulante Versorgungsangebote auszubauen, um Kliniken zu entlasten, fordert die KBV in ihrem Papier. Die Coronakrise habe eindrucksvoll gezeigt, dass Praxen eine „tragende Säule der Gesellschaft“ seien. Der künftigen Bundesregierung stünden die Vertragsärzte als kompetente und verlässliche Ansprechpartner zur Verfügung.
Insgesamt formuliert die KBV acht Kernthemen, die ihrer Ansicht nach in der kommenden Legislaturperiode anstehen. Dazu gehören:
Arzt-Patienten-Verhältnis schützen: Gute und nachhaltige ambulante medizinische Behandlung basiere auf einem „starken und sensiblen Vertrauensverhältnis zwischen Arzt oder Psychotherapeut und Patient“. Voraussetzungen seien das Prinzip der freiberuflichen Berufsausübung – vornehmlich in inhabergeführten Praxen – und eine funktionierende Selbstverwaltung, zeigt sich die KBV überzeugt.
Honorarsystem mit festen Preisen: Begleitend zum Ausbau der ambulanten Versorgungsangebote sind unkoordinierte Mengenzunahmen bei den Leistungen zu verhindern. Dazu schlägt die KBV ein neues Honorarsystem mit festen Preisen vor. Außerdem seien die „rapide steigenden Ausgaben“ der Praxen für Personal, Hygiene und Digitalisierung zu kompensieren.
Digitalisierung mit Mehrwert: Ja zur Digitalisierung, wenn sie Ärztinnen und Ärzte in den Praxen entlastet. Dazu müssten die Versorgungsprozesse stärker in den Fokus gerückt werden – und weniger die Technik.
Akut- und Notfallpatienten in die richtige Versorgungsebene steuern: Zwar stehen bereits die Bereitschaftsdienstnummer 116 117 per Telefon, Website und App sowie das Ersteinschätzungsverfahren SmED zur Verfügung, um Patienten in die richtige Versorgungsebene zu führen. Bislang fehle aber eine einheitliche Regelung zur Erst- beziehungsweise Notfallversorgung. Hier stellt sich die KBV eine kooperative Struktur zwischen ambulantem und stationärem Sektor vor.
Gute Versorgung durch Qualitätssicherung: Die sektorenübergreifende Qualitätssicherung (sQS) habe sich zu einem hyperkomplexen bürokratischen Kontrollinstrument entwickelt, ohne dass ein Nutzen für die Patienten erkennbar sei. Die KBV fordert „pass- und zielgenaue“ Qualitätssicherungsinstrumente zur Förderung der Versorgungsqualität.
Neue Synergien für Gesundheitsfachberufe: Um Ärztinnen und Ärzte zu entlasten, setzt die KBV auf Modelle zur Delegation, bei denen ärztliche Aufgaben auf qualifizierte Gesundheitsfachberufe übertragen werden. Sollten Modelle der Substitution kommen, müsse klar sein: Sowohl die berufsrechtliche als auch die Budgetverantwortung geht auf den jeweiligen Gesundheitsberuf über, betont die KBV.
Weiterbildung in Praxen verbessern: Die fachärztliche Weiterbildung in den Praxen muss attraktiver werden. Die KBV fordert dazu eine attraktivere Vergütung. Auch sei der Wechsel zwischen Krankenhaus und Praxis zu erleichtern. Vorbild könnte die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin sein. Diese sei in den Praxen schon sehr gut organisiert.
Nachwuchsgewinnung: Um mehr Nachwuchs für die ambulante Arbeit zu gewinnen, fordert die KBV deutlich mehr ambulante Ausbildungsanteile im Medizinstudium sowie eine gezielte Förderung von Famulaturen im Praktischen Jahr (PJ). Auf regionaler Ebene seien die Niederlassungsbedingungen zu verbessern – etwa durch besseres Internet oder den öffentlichen Personennahverkehr.
KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister sagte, eine neue Bundesregierung dürfe das ambulante System nicht durch administrative und regulative Eingriffe schwächen. Entscheidend sei, dass „alles entschlackt und abgespeckt wird, was die Kolleginnen und Kollegen vom Arbeiten mit und am Patienten abhält“.