Finanzzahlen
Kassen verdoppeln ihre Überschüsse
Die Finanzreserven der Krankenkassen sind so hoch wie noch nie: Wie die Zahlen für 2017 zeigen, haben die Kassen ihre Überschüsse nahezu verdoppelt. Besonders stark gestiegen sind ihre Ausgaben für ärztliche Behandlungen, was mit höheren Ärzte-Honoraren zusammenhängt.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Finanzreserven der gesetzlichen Krankenkassen sind Ende vergangenen Jahres auf 19,2 Milliarden Euro gestiegen. Damit ist im letzten Quartal 2017 nochmals ein Polster von zusätzlich 600 Millionen Euro dazugekommen. Das hat das Bundesgesundheitsministerium am Freitag mitgeteilt.
Auch die finanzschwächeren Kassen haben demnach von der Entwicklung profitiert. Alle 110 Kassen weisen derzeit Reserven von mehr als 25 Prozent einer durchschnittlichen Monatsausgabe aus.
2016 lagen noch vier Kassen mit ihrem Rücklagenpolster unter dieser Marge. Dennoch dürften die Rücklagen nach wie vor in der GKV sehr ungleich verteilt sein.
Die Betriebskrankenkassen verzeichneten 2017 je Versicherten einen Überschuss von 25,25 Euro. Im AOK-System seien es hingegen 55,86 Euro je Versicherten, teilte der BKK Landesverband Bayern mit und verband damit die Forderung, "Chancengleichheit zwischen den Kassenarten herzustellen".
Das mit Abstand höchste Plus weist das AOK-System mit 1,449 Milliarden Euro aus. Mit Abstand folgen die Ersatzkassen (1,117 Milliarden), Betriebskassen (295 Millionen), Innungskassen (174 Millionen) sowie die Knappschaft (102 Millionen).
Aus Sicht von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) haben die Kassen aber ihr Potenzial für Senkungen des Zusatzbeitrags "bislang nicht ausgeschöpft". Denn nur ein Teil der Kassen ist im Herbst bei der Senkung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags durch die Regierung von 1,1 auf 1,0 Prozent mitgegangen.
Unverändert zeigen sich im Jahresvergleich die Reserven des Gesundheitsfonds, die sich auf 9,1 Milliarden Euro belaufen. 2017 ist der Bundeszuschuss aus Steuermitteln, der an den Fonds überwiesen wird, von 14 auf 14,363 Milliarden Euro gestiegen.
Insgesamt war die GKV Ende 2017 mit einem Finanzpolster von mehr als 28 Milliarden Euro ausgestattet.
Deutlich mehr GKV-Versicherte
Die Ausgaben der Kassen addierten sich im Vorjahr auf 230,5 Milliarden Euro. Das entspricht Mehrausgaben binnen eines Jahres in Höhe von rund 7,7 Milliarden Euro. Allein die höheren Ärztehonorare haben dabei mit 1,91 Milliarden Euro zu Buche geschlagen.
Berücksichtigt werden muss dabei, dass – insbesondere durch Arbeitsmigration – die Zahl der GKV-Versicherten im Vergleich zu 2016 um 1,2 Prozent gestiegen ist. Im Januar dieses Jahres zählte die GKV insgesamt 72,38 Millionen Versicherte.
Von den großen Ausgabenbereichen sind die Honorare der Vertragsärzte mit 4,9 Prozent am stärksten (je Versicherten: 3,7 Prozent).
Die Arzneiausgaben legten um vier Prozent zu (je Versicherten: 2,8 Prozent), die Ausgaben für Krankenhäuser um 2,6 Prozent (je Versicherten: 1,4 Prozent).
Deutlich abgeflacht hat sich die Ausgabendynamik beim Krankengeld. In den Vorjahren waren die Zuwächse oft zweistellig, jetzt nur noch 5,2 Prozent (je Versicherten: 4,0 Prozent).
Bei Präventionsleistungen hat sich 2017 der Ausgabenanstieg mit 6,5 Prozent stark verringert. Im Jahr zuvor waren in Folge des Präventionsgesetzes die Ausgaben mit fast 50 Prozent geradezu explodiert.
Politisch gewollt sind die Ausgaben für die betriebliche Gesundheitsförderung 2017 um 8,5 Prozent, bei der Prävention in Kitas und Schulen sogar um 21,4 Prozent gestiegen.
Die Ausgaben für die Selbsthilfe legten um 8,9 Prozent zu. Das Bundesversicherungsamt hatte die Kassen in einem Rundschreiben jüngst angehalten, die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestwerte für einzelne Präventionsleistungen peinlich genau einzuhalten.
Über dem Durchschnitt liegen ebenfalls die Ausgaben für die Hospiz- und Palliativversorgung – auch eine Folge der Reformgesetze der letzten großen Koalition. Die Ausgabenzuwächse bei der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) sind um 16,3 Prozent auf 461 Millionen Euro gestiegen.
Die Zuschüsse der Kassen für ambulante und stationäre Hospize wuchsen um 8,8 Prozent auf 218 Millionen Euro.