GKV-Zahlen 2018

Kassenpolster wächst und wächst

Die gesetzlichen Krankenkassen können auch nach den ersten drei Quartalen 2018 auf positive Einnahmezahlen blicken. Sie haben einen Einnahmenüberschuss von rund 1,86 Milliarden Euro erzielt.

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Die Sparschweine der meisten gesetzlichen Kassen sind nach wie vor gut gefüllt und werden sogar dicker, wie aus den aktuellen Fianzzahlen hervorgeht.

Die Sparschweine der meisten gesetzlichen Kassen sind nach wie vor gut gefüllt und werden sogar dicker, wie aus den aktuellen Fianzzahlen hervorgeht.

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BERLIN. Wie aus den vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichen aktuellen GKV-Zahlen hervorgeht, hat sich der Einnahmeüberschuss bei den gesetzlichen Kassen im Vergleich zum 1. Halbjahr mehr als verdoppelt. Hier hatten die die Krankenkassen ein Plus von 720 Millionen Euro verbucht. Das Polster ist nun auf 1,86 Milliarden Euro angewachsen.

Die Betriebsmittel und Rücklagen der Krankenkassen sind nach BMG-Angaben bis Ende September auf einen Wert von rund 21 Milliarden Euro gestiegen. Im Durchschnitt entspreche dies etwa 1,1 Monatsausgaben und damit mehr als dem Vierfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve.

„Diese Zahlen zeigen: Es war richtig, die Krankenkassen zum Abbau ihrer Rücklagen zu zwingen. Denn es gibt keinen Grund, warum sie Beitragsgelder weiter horten“, äußer sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu den aktuellen Zahlen. Für das kommende Jahr sollten die Kassen alle Spielräume konsequent nutzen, um ihre Zusatzbeiträge zu senken, fordert er in der Mitteilung.

Insgesamt standen den Einnahmen in Höhe von rund 180,6 Milliarden Euro Ausgaben von rund 178,7 Milliarden Euro gegenüber. Damit seien die Einnahmen der Krankenkassen um 3,4 Prozent gestiegen, so das BMG.

Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten wiederum bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von rund 0,8 Prozent einen Zuwachs von 3,8 Prozent. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz lag bei 1,07 Prozent und damit um 0,04 Prozentpunkte unterhalb des Vorjahreszeitraums.

Fakt ist aber auch, dass sich die Überschüsse sehr unterschiedlich auf die Kassenarten verteilen. So verzeichnet die AOK einen Überschuss von 920 Millionen Euro, die Ersatzkassen über 534 Millionen, die Innungskrankenkassen haben ein Finanzpolster von 122 Millionen Euro. Lediglich die Landwirtschaftliche Krankenversicherung, die nicht am Risikostrukturausgleich teilnimmt, weist ein Minus von zwei Millionen Euro aus.

So verteilten sich die Ausgaben

Die Ausgaben für die vertragsärztliche Vergütung (plus 2,7 Prozent) und für Krankenhausbehandlungen (plus 2,9 Prozent) lagen unter dem Durchschnitt. Bei den Vertragsärzten müsse berücksichtigt werden, dass es 2017 bei einigen Kassenärztlichen Vereinigungen mit vergleichsweise niedrigen Leistungsausgaben aufgrund der sogenannten „Konvergenzregelung“ zu höheren Vergütungsabschlüssen gekommen sei. „Diese haben dazu geführt, dass der Ausgabenzuwachs im vergangenen Jahr mit 4,3 Prozent deutlich höher lag“, so das BMG.

Weit überproportional sind die Ausgaben für psychotherapeutische Leistungen (plus 10,8 Prozent) und für Heilmittel (plus 10 Prozent) nach oben gegangen. Bei den Heilmitteln wird der Anstieg auf die schrittweisen Honorarerhöhungen auf Grund des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes zurückgeführt.

Hier kam es zu merklichen Mehrausgaben

  • Die Arzneimittelausgaben stiegen um 3,5 Prozent.
  • Im Bereich der vertragsärztlichen Vergütung stiegen die Ausgaben um rund 2,7 Prozent.
  • Bei den Ausgaben für zahnärztliche Behandlung betrug der Anstieg 2,5 Prozent, beim Zahnersatz 1,1 Prozent.
  • Deutlich sind vor allem die Ausgaben für Heilmittel (10 Prozent) gestiegen. Hier machen sich laut BMG vor allem die schrittweise erfolgten Honorarerhöhungen auf Grund des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes bemerkbar.
  • Der Zuwachs bei Hilfsmitteln betrug 4,9 Prozent.

Mahnungen von DKG und Grünen

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mahnte, die gute Kassenlage für eine bessere medizinische Versorgung zu nutzen. „Die Überschüsse könnten dafür sorgen, das Niveau der medizinischen Versorgung in Deutschland zu sichern und zu verbessern. Derzeit sichern sie allerdings nur die überkomfortable Lage der gesetzlichen Krankenkassen“, kritisiert DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum.

Ähnlich argumentiert die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Maria Klein-Schmeink: „Die Rücklagen der Krankenkassen sind durch die gute Konjunktur entstanden und größtenteils von den Versicherten aufgebracht worden. Sie sollten für die dringlichen Verbesserungen der Versorgung ausgegeben werden und nicht hauptsächlich der Entlastung der Arbeitgeberbeiträge dienen“, sagte sie.

Klein-Schmeink mahnte den Bundesgesundheitsminister auch, die Vorschläge zur Reform des Risikostrukturausgleichs auf den Tisch zu legen. Denn die Rücklagen seien je nach Kassenart und Kasse sehr unterschiedlich. Einige Kassen müssten trotz der positiven Gesamtlage ihre Beiträge erhöhen. „Zudem werden die Rücklagen aufgrund der geplanten Mehrausgaben durch diverse Gesetze schnell aufgebraucht sein“, fürchtet sie.

Neue Eckpunkte für Verbesserungen der Heilberufe

Auf einer Pressekonferenz im BMG in Berlin am Mittwoch hob Spahn nochmals die gute Entwicklung bei den Überschüssen der Kassen hervor. „Ich bin als Gesundheitsminister einer der größten Unterstützer einer auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaftspolitik“, sagte er.

Er betonte zugleich, dass eine gute Arbeitsmarkt- und Wirtschaftslage auch Spielräume in den sozialen Sicherungssystemen bringe. Spielräume, die genutzt werden könnten, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, wo es nötig sei, sagte er mit Blick auf den Pflege- und Heilberufesektor.

„Ich denke, es gibt einen breiten Konsens in der Gesellschaft, dass bei der Pflege und aktuell bei den Heilmittelerbringern Verbesserungen gebraucht werden, auch eine bessere Vergütung. Und das setzen wir jetzt um.“ Dazu soll es gesetzliche Regelungen geben, die gemeinsam mit dem TSVG durch das parlamentarische Verfahren gehen und am 1. April 2019 in Kraft treten sollen, kündigte er an.

Die Neuregelungen, von denen rund 130 000 Heilberufler profitieren sollen, dürften die Krankenkassen bis zu 600 Millionen Euro pro Jahr kosten. Konkret sollen in Preisverhandlungen mit den Kassen höhere Honorarsteigerungen möglich sein, indem Begrenzungen wegfallen. Als Basis für künftig bundesweit einheitliche Verhandlungen sollen die Preise für die verschiedenen Leistungen einmalig auf den höchsten für eine Region vereinbarten Preis steigen.

Therapeuten sollen zudem unabhängig von ärztlichen Verordnungen mehr Eigenverantwortung beim Ausgestalten von Behandlungen bekommen - etwa bei Frequenz und Dauer. Ein weiteres Ziel ist, das Schulgeld für die Ausbildung abzuschaffen.

Gleichzeitig ermunterte Spahn vor allem Kassen mit hohen Rücklagen im Verhältnis zu den Monatsausgaben diesen finanziellen Spielraum für Beitragssatzsenkungen im nächsten Jahr zu nutzen – also bereits vor Inkrafttreten des VEG 2020, das die Kassen dann verpflichtet, Überschüsse abzubauen.

Gesetzliche Kassen mit besonders großem Finanzpolster müssen Reserven ab 2020 binnen drei Jahren abbauen. Bedingung ist aber, dass bis dahin eine Reform des komplizierten Finanzausgleichs unter den Kassen geschafft ist. Kassen, bei denen die Rücklagen mehr als eine Monatsausgabe ausmachen, dürfen den Zusatzbeitrag nicht mehr anheben. (run/af/chb)

Wir haben diesen Beitrag aktualisiert am 5.12.2018 um17 Uhr

Lesen Sie dazu auch: Heilmittel: Spahn will Heilmittelerbringern den Rücken stärken

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