GKV-Finanzen

Das Polster der Kassen ist so dick wie nie

Erstmals mehr als 20 Milliarden Euro haben die Krankenkassen auf der hohen Kante, wie die Zahlen für das erste Halbjahr 2018 offenlegen. Bei den Ausgaben gibt es interessante Verschiebungen.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Das Bundesgesundheitsministerium hat es durchgerechnet: Der Krankenversicherung geht es finanziell sehr gut.

Das Bundesgesundheitsministerium hat es durchgerechnet: Der Krankenversicherung geht es finanziell sehr gut.

© Coloures-Pic / stock.adobe.com

BERLIN. Die Vergütung von Vertragsärzten für ihre gesetzlich versicherten Patienten ist im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 572 Millionen Euro oder 2,6 Prozent gestiegen. Pro GKV-Versichertem machte das Plus sogar nur 1,7 Prozent aus.

Das geht aus GKV-Daten hervor, die das Bundesgesundheitsministerium (BMG) am Dienstag veröffentlicht hat.

Zum Vergleich: Im Vorjahr waren die Leistungsausgaben pro Kopf für die vertragsärztliche Behandlung im Vergleich zu 2016 noch um 3,72 Prozent gestiegen.

Ein Grund für die Entwicklung sei die Konvergenzregelung gewesen, die in mehreren KV-Regionen im Vorjahr noch zu höheren Vergütungsabschlüssen geführt hat, so das Ministerium.

Insgesamt haben die 110 Krankenkassen in den ersten sechs Monaten einen Überschuss von 720 Millionen Euro verbucht. Ihre Rücklagen stiegen damit von 19,5 auf rund 20,2 Milliarden Euro.

Zusammen mit der Liquiditätsreserve im Gesundheitsfonds von 9,1 Milliarden Euro verfügt das GKV-System damit über Finanzreserven von fast 30 Milliarden Euro (siehe nachfolgende Grafik).

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Angetrieben von einer Hochkonjunktur sind die Einnahmen der Kassen im ersten Halbjahr um 3,3 Prozent auf 120,3 Milliarden Euro gestiegen.

Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungsausgaben legten im gleichen Zeitraum um 3,8 Prozent zu, beziehungsweise um 2,9 Prozent je Versicherten. Berücksichtigt werden muss dabei der GKV-weite Zuwachs bei den Versicherten um 0,9 Prozent.

Ihre Zahl hatte sich zuletzt auf 72,6 Millionen belaufen, darunter sind 16,2 Millionen beitragsfrei Mitversicherte. Rechnet man die Zuzahlungen der Versicherten dazu, sind die Ausgaben der Kassen im Vergleich zu 2017 um 4,66 Milliarden Euro gestiegen.

AOK verbucht den größten Überschuss

Wie in den vergangenen Quartalen fällt die Finanzentwicklung bei den einzelnen Kassenarten sehr unterschiedlich aus. Das Gros der Überschüsse verbucht mit 371 Millionen Euro die AOK-Familie für sich (siehe nachfolgende Grafik).

Bei der – gemessen an der Versichertenzahl – stärksten Kassenart, den Ersatzkassen, bleiben 151 Millionen Euro Überschuss übrig. Überdurchschnittlich stark fällt das Plus mit 80 Millionen Euro bei den Betriebskassen aus, 40 Millionen Euro sind es bei den Innungskassen.

Die Knappschaft Bahn-See verzeichnet ein Surplus von 84 Millionen Euro. Nur die Landwirtschaftliche Krankenkasse bleibt mit sechs Millionen Euro im Minus.

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Verglichen mit den anderen großen Ausgabenblöcken fällt der Anstieg der Leistungsausgaben für die ambulante Behandlung mit 2,6 Prozent unterdurchschnittlich aus - das entspricht eine Veränderung je Versicherten von 1,7 Prozent (siehe nachfolgende Grafik).

Einen Ausreißer bilden dabei die Hochschulambulanzen, deren absolute Ausgaben um 19 Prozent nach oben schossen.

Für die Krankenhausbehandlung haben die Kassen im ersten Halbjahr 39,4 Milliarden Euro ausgegeben (plus 3,0 Prozent bzw. 2,1 Prozent je Versicherten). Hierbei geht das Bundesgesundheitsministerium von einer "moderaten Mengenentwicklung" im Krankenhaus aus.

Für Arzneimittel gibt die Statistik ein Ausgabenplus von 3,9 Prozent (3,0 Prozent je Versicherten) oder 752 Millionen Euro an (20,46 Milliarden Euro).

Politisch gewünscht fällt der Anstieg bei Heilmitteln mit 7,4 Prozent (6,4 Prozent je Versicherten) überdurchschnittlich aus. Hier schlagen sich die Honorarerhöhungen für die Therapeuten nieder, die das Heil- und Hilfsmittelversorgungsstärkungs-Gesetz ermöglicht hat.

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält das geplante Versichertenentlastungsgesetz angesichts der neuen Kassen-Zahlen für einen richtigen Schritt. Er kündigte an, Kassen mit "zu hohen Finanzreserven" müssten einen Teil davon über geringere Zusatzbeiträge abbauen.

Allerdings soll diese Vorschrift erst ab 2020 greifen – vorgeschaltet wird zunächst eine Reform des Finanzausgleichs zwischen den Kassen.

Lesen Sie dazu auch: Halbjahresbilanz 2018: Kassen-Reserven knacken 20-Milliarden-Marke

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