Bürgerversicherung
Keine GKV für alle – Lauterbach dennoch sehr zufrieden
Die Bürgerversicherung hat die SPD im Koalitionsvertrags-Poker nicht erreicht – aber SPD-Verhandlungsführer Karl Lauterbach ist trotzdem voll des Lobes. Warum?
Veröffentlicht:BERLIN. Das Thema "Bürgerversicherung und Zwei-Klassen-Medizin" bleibt für den SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach weiter auf der Agenda – auch wenn sich die Verhandlungsführer der SPD mit der Vereinheitlichung des Versicherungssystems nicht durchgesetzt haben.
Mit der vereinbarten Absenkung des Mindestbeitrags für Selbständige in der gesetzlichen Krankenversicherung habe man das Neukundengeschäft für die wichtigste PKV-Zielgruppe maßgeblich erschwert, so Lauterbach.
Hingegen bestehe bei den für die PKV besonders interessanten nicht versicherungspflichtigen GKV-Mitgliedern kaum noch Neigung, in die PKV zu wechseln, sodass nur noch das Neugeschäft mit den Beamten verbleibe. Für diese Gruppen sieht Lauterbach aber einen erheblichen Kostendruck in der Beihilfe – Zuwächse von einer Milliarde Euro oder zehn Prozent pro Jahr mit steigender Dynamik.
"Das Thema Zwei-Klassen-Medizin bleibt für uns auf der Tagesordnung", kündigte Lauterbach an. Dies soll mit der Schaffung einer einheitlichen Vergütungsordnung und gleichen Leistungen für Kassen- und Privatpatienten erreicht werden. Beispielhaft nannte Lauterbach die Tetravalente Grippeschutzimpfung für alle.
Fokus auf Erreichtes
Erreicht worden sei hingegen die Rückkehr zur Beitragsparität, mit der Versicherte um sechs Milliarden Euro entlastet werden. Ferner sollen die Zuschüsse für ALG-II-Empfänger – Unterdeckung in der GKV zehn Milliarden Euro – um jährlich zwei Milliarden Euro aus Steuermitteln erhöht werden.
Gleichwohl rechnet Lauterbach mittelfristig mit steigenden Beitragssätzen in der Kranken- und vor allem in der Pflegeversicherung. Grund sei das beschlossene Programm zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege.
Dazu zählen: das Sofortprogramm mit 8000 neuen Stellen, allgemein verbindliche Tarifverträge, Angleichung der Löhne Ost auf Westniveau, sowie der Vergütungsniveaus von Kranken- und Altenpflege. Außerdem geplant: die Dynamisierung der Sachleistungen entsprechend dem Anstieg der Pflegelohnkosten und schließlich die Herausnahme der Pflegepersonalaufwendungen aus den Fallpauschalen.
Letzteres sei ein bei Einführung des DRG-Systems nicht bekannter Konstruktionsfehler gewesen, der nun korrigiert werde. Die Kostenwirkungen dieses Programms seien nicht kalkuliert worden, so Lauterbach. Das Ausmaß hänge auch vom Umsetzungserfolg ab.