Leberaffäre in Leipzig

Klinikchef fürchtet Vertrauenskrise

Der Skandal von Leipzig erschüttert die Transplantationsmedizin. Die Zahl der Organspender könnte weiter sinken, befürchtet zumindest der Leipziger Klinikvorstand Wolfgang Fleig - und verweist auf frühere Skandale.

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Im Rampenlicht: Klinikchef Fleig muss derzeit viele Fragen erdulden.

Im Rampenlicht: Klinikchef Fleig muss derzeit viele Fragen erdulden.

© Peter Endig / dpa

LEIPZIG. Professor Wolfgang Fleig, medizinischer Vorstand am Uniklinikum Leipzig (UKL), fürchtet nach dem Transplantationsskandal an seinem Haus einen weiteren Rückgang der Organspenden in Mitteldeutschland. Das erklärte Fleig in einem Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Bereits nach den Skandalen von Göttingen, Regensburg und München habe es in Mitteldeutschland einen Rückgang der Spenden um ein Drittel gegeben. "Die neuesten Entwicklungen in Leipzig werden diesen Trend sicher nicht beenden", sagte Fleig.

"Ich hoffe nun, dass die Zahlen nicht noch weiter sinken." Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass es am UKL in den vergangenen Jahren dutzendfach Manipulationen bei Leberspenden gegeben hatte.

Fleig will derzeit noch keine Angaben zur Motivation des vom Dienst entbundenen Klinikdirektors und der beiden ebenfalls vorübergehend suspendierten Oberärzte machen. "Das wäre Spekulation."

Bis jetzt stehe nicht fest, ob die Ärzte "selbst aktiv etwas gemacht haben oder es in ihrem Zuständigkeitsbereich geschehen ist. Verantwortung tragen sie aber auf jeden Fall."

Gegenüber Fleig hätte der Klinikdirektor erklärt, dass er von den Vorgängen keine Kenntnis gehabt habe. Die beiden Oberärzte hätten erklärt, dass sie lediglich ihnen von der Station übermittelte Informationen an das Transplantationszentrum weitergeleitet hätten.

Den betroffenen Ärzten hat Fleig nach eigenen Angaben empfohlen, sich nicht zu den Vorgängen zu äußern. "Das gebietet meine Fürsorgepflicht."

Bereits im Juli habe er die Innenrevision des UKL beauftragt, die Akten von rund 420 Transplantationen seit 2007 zu untersuchen. Nicht ein konkreter Verdacht habe zu dieser Anweisung geführt, so Fleig, "das ist einfach eine normale Risikovorsorge".

Bemerkenswerter Vorgang bei der Staatsanwaltschaft

Fleig, der selbst als Mitglied einer Expertenkommission gerade den Transplantationsskandal in Göttingen aufklären soll, habe bis zum Schluss nicht damit gerechnet, dass Ähnliches in seinem Haus passieren kann. "Auch die anderen Ärzte im Haus sind ziemlich schockiert."

In der kommenden Woche wird nach Angaben des medizinischen Vorstands die Überwachungskommission der Ärztekammer - sie deckte auch die jüngsten Vorfälle in Leipzig auf - erneut die Klinik besuchen.

Erst nach diesem Besuch soll die Staatsanwaltschaft involviert werden, kündigte Fleig an. Dies sei mit der Kommission so abgesprochen.

Im Übrigen versuche er bisher vergeblich, die Leipziger Staatsanwaltschaft zu erreichen, "ein bemerkenswerter Vorgang". Zuvor ließ die Staatsanwaltschaft wiederum verlauten, dass sie ein Prüfverfahren eingeleitet habe; von den Vorgängen am UKL wisse man bisher allerdings nur aus der Presse.

In zwei Wochen, so Fleig weiter, könnten voraussichtlich neue Ergebnisse der Untersuchung präsentiert werden. "Wir wollen damit offensiv umgehen." Es sei allerdings auch möglich, dass sich die Zahl der manipulierten Fälle noch reduzieren könnte.

Dann nämlich, wenn "auswärtige Häuser" mitteilten, "dass bei manchen Patienten doch eine Dialyse stattgefunden habe". Ändern würde dies aber wenig. "Ob es jetzt 38 oder 35 Manipulationen sind, macht die Sache nicht anders."

Derzeit implementiere die Klinikleitung ein neues Standardverfahren für Transplantationsprozesse. Im Kern sieht dieses vor, dass Ärzte, deren Patienten auf ein Spenderorgan warten, weniger Einfluss auf das Vergabeverfahren haben.

In einem halben Jahr, nach einer Pilotphase, soll dieses Verfahren dann Standard werden. "Ich denke, dass wir damit das umsetzen, was möglich und geboten ist", sagte Fleig. (tt)

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