Krankenhaus-Ratingreport 2017

Kliniken brauchen einen nachhaltigen Investitionsschub

Der Strukturfonds bringt Bewegung in die Krankenhauslandschaft. Das ist eins der Ergebnisse des Krankenhaus-Ratingreports 2017.

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Empfiehlt anhaltende Strukturinvestitionen für Kliniken: Professor Boris Augurzky vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung.

Empfiehlt anhaltende Strukturinvestitionen für Kliniken: Professor Boris Augurzky vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung.

© Stephanie Pilick

BERLIN. Die wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser hat sich 2015 leicht verschlechtert, neun Prozent der Kliniken lagen im "roten Bereich" mit erhöhter Insolvenzgefahr. Nur 2012 war die Situation noch schlechter. So das Ergebnis des am Mittwoch beim Hauptstadtkongress vorgestellten Krankenhaus-Ratingreports, den das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) und das Institute for Healthcare Business GmbH erstellt haben.

"Im Verhältnis zum Nutzen zu hoch" sind die Preise aus Sicht der Patientenvertreterin Dr. Ulrike Holtkamp von der Stiftung Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe. "Bei diesen Preisen würde ich erwarten, dass das Medikament einen Patienten heilen kann", sagte sie. Sie berichtete, dass Patienten zunehmend Probleme hätten, die Kosten erstattet zu bekommen.

Die Ertragslage der Krankenhäuser blieb 2015 nahezu unverändert, demnach schreibt jede fünfte Klinik Verlust. 63 Prozent der Krankenhäuser sind in der Lage, Investitionen zu tätigen. Die Kapitalausstattung ist nach Analyse der Ökonomen immer noch unzureichend.

Neun Länder an der Spitze

Der jährliche Investitionsbedarf wird – ohne Universitätskliniken – auf 5,4 Milliarden Euro beziffert. Da die Länder aus ihren Haushalten nur 2,8 Milliarden Euro zahlen, existiert eine Finanzierungslücke bei Investitionen von 2,6 Milliarden Euro. Der Report basiert auf einer Stichprobe von 506 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2014 und 201 Abschlüssen aus dem Jahr 2015. Einbezogen wurden 877 Krankenhäuser.

In den neuen Bundesländern ist die wirtschaftliche Lage nach wie vor am besten. Am schwierigsten war sie in Bayern, Niedersachsen/Bremen, Hessen und Baden-Württemberg. Es gebe zu viele kleine Einrichtungen, eine zu hohe Krankenhausdichte und zu wenig Spezialisierung.

Möglicherweise steht eine Trendwende bevor: Der für die Jahre 2016 bis 2018 mit der Krankenhausreform eingeführte Strukturfonds wird offenbar gut angenommen und scheint eine Strukturoptimierung zu bewirken. Drei Viertel des Antragsvolumens entfallen auf Konzentrationsmaßnahmen, 22 Prozent auf Kapazitätsabbau.

Gleichwohl sollte darüber nachgedacht werden, den Strukturfonds über das Jahr 2018 hinaus fortzuführen, so Professor Boris Augurzky vom RWI. Um eine ideale Krankenhausstruktur zu erreichen, seien Investitionen von voraussichtlich zwölf Milliarden Euro erforderlich. Bei einer Fortführung des Strukturfonds müsse dies aus Steuern des Bundes und der Länder finanziert werden.

Erstmals wurde eine Sonderanalyse bundesländerspezifischer Unterschiede der Lohnniveaus durchgeführt. Danach variieren die Löhne der medizinischen Dienste zwischen zehn Prozent unter und fünf Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Die Abweichungen vom Durchschnitt im ärztlichen Dienst sind nur gering – anders als in der Pflege und dem medizinisch-technischen Funktionsdienst, wo der Arbeitsmarkt stärker durch lokale Verhältnisse geprägt sei.

Angesichts wachsenden Fachkräftemangels bei steigender Nachfrage auch von Krankenhausleistungen erwarten die Autoren des Reports steigende Lohnkosten. Um dies zu finanzieren, seien Produktivitätssteigerungen erforderlich. Eine Möglichkeit sei die Einführung einer elektronischen Patientenakte. Ferner sollte die Zuwanderung zur Akquise von Personal genutzt werden. Besonders reformbedürftig sei die Notfallversorgung.

Demografische Herausforderung

In den nächsten Jahren sind die geodemografische Entwicklung und die steigende Innovationsdichte zwei zentrale Trends in der Gesundheitsversorgung. Die Alterung der Gesellschaft werde zu mehr Patienten und überproportional steigenden Gesundheitsausgaben führen.

Zudem sinke mit der Zahl der jüngeren Menschen die der Erwerbspersonen. Als Folge dessen dürfte die Finanzierungslücke der gesetzlichen Krankenversicherung wachsen. Darüber hinaus werde die Zahl der Fachkräfte in allen Branchen sinken – mit der Folge steigende r Lohnkosten.

Um der zunehmenden Alterung der Gesellschaft entgegenzuwirken , sollte erstens die Nachfrage pro Kopf reduziert werden, etwa durch Prävention, durch effektivere Patientensteuerung, Versorgungsforschung und Veränderungen im Vergütungssystem.

Zweitens sollte die Produktivität gesteigert werden, etwa durch Strukturoptimierung und integrierte Gesundheitszentren. Effizienzsteigernde Innovationen sollten einen leichteren Zugang zum Gesundheitswesen erhalten. Insbesondere eine elektronische Patientenakte könne die Produktivität verbessern. Schließlich müsse auch die Attraktivität der Pflegeberufe gesteigert werden. (HL)

5,4 Milliarden Euro Investitionsbedarf haben die deutschen Kliniken jährlich – die Universitätskliniken sind noch nicht mit eingerechnet.

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