Klinikschließung
Bürgerinitiative in Riedlingen setzt auf Widerstand
Hinweise auf die bevorstehende Schließung der örtlichen Klinik in Riedlingen treiben die Schwaben auf die Barrikaden.
Veröffentlicht:RIEDLINGEN. Im schwäbischen Riedlingen könnte die örtliche Klinik eventuell bald Geschichte sein. Die Unruhe vor Ort ist groß, seit bekannt ist, dass strukturelle Überlegungen für die Gesundheitsversorgung im Kreis Biberach das Haus in Riedlingen in Frage stellen.
Aktuell meldet sich eine "Bürgerinitiative zum Erhalt der Riedlinger Klinik" (BI) zu Wort. Mit einer Resolution wollen die Riedlinger gehört werden. Adressaten sind die Kassenärztliche Vereinigung (KV) sowie der Sozialminister von Baden-Württemberg, Manfred Lucha (Grüne).
Auslöser für die Aktion ist die Verweigerung einer Sonderzulassung der KV für eine internistische Praxis am Ort. Diese sollte Teil eines geplanten Ärztehauses werden, das im Falle der drohenden Klinikschließung die ortsnahe Gesundheitsversorgung gewährleisten soll.
Die Riedlinger verweisen darauf, dass es im Raum Riedlingen keinen einzigen fachärztlichen Internisten gibt und der nächste erreichbare Internist mindestens 20 Minuten Anfahrt mit dem Auto erfordert. Der Gesamtbezirk ist aber für Internisten derzeit gesperrt.
Lucha steht auch deshalb im Adresskopf des Resolutionsbriefes, weil er das Ansinnen verfolgt, das Krankenhaus schließen zu wollen, heißt es aus BI-Kreisen. An anderer Stelle betone der Minister, ambulante Teile in der Gesundheitsversorgung stärken zu wollen. Hintergründe sind die Umsetzung des Krankenhausstruktur- sowie des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes. Je nach Versorgungsgrad sollen Krankenhäuser geschlossen und im Gegenzug die ambulante Versorgung ausgebaut werden.
In Riedlingen ist die Situation obendrein delikat, weil eine Summe von mehr als 62 Millionen Euro als Gerücht kursiert. Diese Summe solle der private Krankenhausbetreiber Sana aus dem Krankenhausstrukturfonds erhalten, bewilligt vom Sozialministerium, wenn er im 28 Kilometer entfernten Biberach ein Akutkrankenhaus mit 370 Betten und sieben OP-Sälen baut sowie in Laupheim, das sich im selben Kreis befindet, ein Gesundheitszentrum mit 30 Betten errichtet. Laut Sana-Sprecher Pascal Petry ist die Förderung allerdings "nicht an eine Klinikschließung in Riedlingen gekoppelt".
Die Betroffenen ärgern sich trotzdem. Denn einerseits scheine Geld da zu sein und werde verteilt, andererseits folge die KV unmissverständlich dem Willen des Gesetzgebers und lehne finanzielle Hilfe für die Errichtung der ambulanten Praxis in Riedlingen ab – obwohl die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) doch genau darin ein Modell für die Zukunft sehe. Nicht mehr benötigte Krankenhäuser könnten in ambulante medizinische Zentren umgewandelt werden. Damit werde die komplette Schließung verhindert, "und der Standort für die medizinische Versorgung bleibt erhalten", äußerte sich KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister vor Kurzem in einem Videobeitrag.
"In diesen Zentren könnte neben der hausärztlichen Versorgung tageweise eine fachärztliche Sprechstunde angeboten werden", sinnierte Hofmeister weiter. Ergänzend sei eine kleinere Belegabteilung möglich, wo Patienten im Bedarfsfall betreut übernachten könnten, ohne dass eine intensive medizinische Versorgung vorgehalten werden müsse, so Hofmeister.
So ähnlich sehen es auch die Riedlinger. Die BI-Vorsitzenden Christoph Selg und Axel Henle unterstreichen: Im Moment sei der Standort intakt. Angesiedelt sind dort neben der – gut laufenden - chirurgischen Praxis eine Hausarzt-, HNO-, Augen- und gynäkologische Praxis. Nur das Thema "Innere" sei offen. Die Internisten der Sana-Kliniken könnten der Abrechnung wegen nur beschränkt Sprechstunden anbieten und müssten Patienten abweisen, so Henle. "Wir sehen einen Riesenbedarf an einem internistischen Sitz."
Bei Sana wiederum gibt man sich nach der KV-Absage zurückhaltend. Man wolle zunächst die schriftliche Begründung der KV abwarten, heißt es in einer Stellungnahme. Erst dann wolle der Klinikbetreiber mit beteiligten Medizinern, Landkreis, Stadt Riedlingen sowie der Bürgerinitiative besprechen, wie man gegenüber der KV vorgehen solle. (sud)