Häusliche Pflege

Knieps: Angehörige müssen sich auf Pflege statt Paragrafen konzentrieren können

Deutschlands größter Pflegedienst ächzt unter einem Wirrwarr an Hilfsangeboten. Vertreter aus der Sozial- und Kassenwelt fordern mehr Flexibilität für pflegende Angehörige. BKK-Chef Knieps formuliert es treffend.

Veröffentlicht:
„Von einer Budgetlösung profitieren alle“: Franz Knieps, Vorstandschef beim BKK-Dachverband.

„Von einer Budgetlösung profitieren alle“: Franz Knieps, Vorstandschef beim BKK-Dachverband.

© BKK Dachverband e.V.

Berlin. Sozialverbände und Krankenkassen haben sich für eine leichtere Inanspruchnahme von Hilfsangeboten für pflegende Angehörige ausgesprochen.

„Wir brauchen eine Zusammenfassung aller Leistungsansprüche zu einem flexibel nutzbaren Gesamtbudget“, sagte Edeltraut Hütte-Schmitz vom Bundesvorstand „wir pflegen“ bei einer Veranstaltung auf Einladung der Pflegebevollmächtigen der Bundesregierung, Claudia Moll, am Mittwoch.

Derzeit gebe es nicht genügend Entlastungsangebote in der häuslichen Pflege – daher würden viele Ansprüche vor allem bei der Tagespflege verfallen, so Hütte-Schmitz. Die Präsidentin beim Sozialverband VdK, Verena Bentele, erklärte, pflegebedürftige Menschen hätten ein Recht auf ein würdevolles Leben in ihrem vertrauten Umfeld.

Lesen sie auch

Regelrechter Leistungsdschungel

„Um das sicherzustellen, müssen pflegende Angehörige ausreichend Unterstützung erhalten“, so Bentele. Dafür brauche es flexible Arbeitszeitmodelle und finanzielle Entlastungen, gute Pflegedienste und genügend Plätze für Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege.

Der Chef des BKK-Dachverbands, Franz Knieps, kritisierte, die Pflegeversicherung habe sich zu einem „Leistungsdschungel“ entwickelt – „undurchdringlich, versichertenunfreundlich“. Von einer Budgetlösung profitierten alle, so Knieps: „Angehörige, die sich auf die Pflege konzentrieren statt auf Paragrafen; Kassen, weil Verfahren vereinfacht und effizienter werden; Leistungserbringer, können flexibler und innovativer versorgen.“

Auch Moll forderte eine stärkere Entlastung pflegender Angehöriger. Die Einführung eines Jahresbetrags für Kurzzeit- und Verhinderungspflege sei „ein erster, wichtiger Schritt, den wir noch weiter gehen müssen“, sagte die SPD-Politikerin.

Lesen sie auch

Moll: Erster Schritt ist getan

In Deutschland werden etwa 84 Prozent der knapp fünf Millionen Pflegebedürftigen zu Hause versorgt – die meisten von Partnern, Verwandten oder Freunden. Die Aufgabe gilt als körperlich und seelisch herausfordernd – nicht jeder pflegende Angehörige nutzt zur Unterstützung einen Pflegedienst.

Mit dem im Frühsommer 2023 verabschiedeten Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz hat die Ampelregierung unter anderem ein um fünf Prozent höheres Pflegegeld sowie einen neuen Jahresbetrag Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege beschlossen.

Das Entlastungsbudget kann allerdings erst ab 1. Juli 2025 in Anspruch genommen werden. Für Familien mit pflegebedürftigen Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wird der Anspruch auf den Jahresbetrag für Pflegebedürftige der Pflegegrade 4 und 5 schon 2024 eingeführt. (hom)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Vernetzte Versorgung

Ambulant-stationäres Projekt veröffentlicht Halbzeitbilanz

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

Wochenkolumne aus Berlin

Glaskuppel zum Koalitionsvertrag: Grau ist alle Theorie

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Brigitte Bührlen 11.04.202418:53 Uhr

Wer sind eigentlich "die Angehörigen"?
Wir alle, die wir berufstätig sind, die wir Familien haben, die wir oft selbst nicht gesund sind?
Wo ist die Lobby der Angehörigen?
Haben wir rechtlich die Bürger-Pflicht uns umeinander zu kümmern und zu pflegen oder ist das eine freiwillige Leistung? Wie ist der rechtliche Status von "pflegenden Angehörigen", welche Recht haben sie, welche Pflichten?
Fakt ist, dass über 84% der in Pflegegraden erfassten Menschen jeden Alters mit Pflegebedarf jeden Alters 24/7/365 von "Angehörigen" jeden Alters gepflegt und versorgt werden.
Kann es sein, dass "die Pflege" tatsächlich zu 84% von uns, den Bürgerinnen und Bürgern so nebenher, neben Beruf und dem eigenen Alltag gepflegt und versorgt werden?
Und kann es sein, dass diese unbezahlte Leistung die Grundlage "der Pflege" in Deutschland ist?
Können wir wie zu Bismarcks Zeiten davon ausgehen, dass Familienmitglieder, sich umeinander kümmern, dass wir alle zusammen wohnen, uns gut verstehen und Frauen nicht berufstätig sind ?
Im übrigen pflegen auch professionell Pflegende privat "so nebenher" noch ihre Angehörigen.
Wann also machen wir uns ehrlich und geben zu, dass auch die Angehörigenpflege am Ende ist?
Wann kommt endlich eine Pflegreform, die die Grundlagen der Angehörigenpflege reformiert?
Es ist höchste Zeit, das Tabu zu brechen, das Fass zu öffnen, die Schönfärberei zu beenden und Realitäten ins Auge zu sehen: Wir haben "die Pflege" auf Treibsand gebaut.
Angehörigenpflege betrifft nicht "die Anderen", sie betrifft potentiell Jede/n von uns! ?
Bricht die Angehörigenpflege zusammen, dann bricht auch "die Pflege" in Deutschland zusammen.

Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leckere und gesunde Ernährung

Remission bei Morbus Crohn: Das glückt auch mit einer rein oralen Diät

DGK-Jahrestagung

Präzisionsmedizin: Die Kardiologie ist auf dem Weg

Wechselspiel zwischen Hirn und Pankreas

Demenz & Diabetes: Welche Vorteile das CGM bietet

Lesetipps
Dreidimensionale medizinische Illustration von Nierenkrebs, die das Vorhandensein eines Tumors in der Niere zeigt.

© Crystal light / stock.adobe.com

Hinweis aus Registerstudie

Welchen Einfluss NSAR auf das Nierenkrebs-Risiko haben

Eine Frau greift sich mit beiden Händen um den Nacken.

© fizkes / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Leitlinien-Update

Polymyalgia rheumatica: Aktualisierte Empfehlungen sind online

Eine Ärztin tastet den Hals einer Frau zur Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen und Hypothyreose ab.

© Peakstock / stock.adobe.com

US-Review

Wie mit latenter Hypothyreose bei älteren Patienten umgehen?