Reaktionen auf drittes Bevölkerungsschutzgesetz
Länder wollen Corona-Finanzhilfen für mehr Krankenhäuser
Das dritte Pandemiegesetz stößt auf Kritik: Die Vorsortierung der Krankenhäuser in COVID- und in Regelversorger ruft die Länder auf den Plan. Auch Laborärzte sind unzufrieden.
Veröffentlicht:Berlin. Laut dem am Mittwoch beschlossenen dritten Bevölkerungsschutzgesetz können Kliniken wieder Ausgleichszahlungen erhalten, wenn sie planbare Operationen aussetzen, um Kapazitäten auf die Behandlung von COVID-19-Patienten zu konzentrieren. Dass diese Möglichkeit primär Häusern oberer Notfallstufen zustehen soll, stößt in einigen Ländern auf Widerspruch. Sie wollen solche Hilfen auch Häusern gewähren, die schwere Corona-Fälle ambulant behandeln.
Dazu haben Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nach der Zustimmung des Bundesrats zum Bevölkerungsschutzgesetz durch Berlins Bürgermeisterin Ramona Pop (Grüne) eine Protokollerklärung abgegeben. Die Regelung könne zu „Fehlanreizen“ und zu „weiterer Zentralisierung auf Kosten der Versorgung in der Fläche“ führen, heißt es in dem der „Ärzte Zeitung“ vorliegenden Papier. Das Krankenhausfinanzierungsgesetz sei zeitnah, spätestens aber 2021 anzupassen.
Grenzwert für Finanzhilfen soll gesenkt werden
„Hier werden die großen Krankenhäuser in Ballungsräumen klar bevorteilt, zulasten der kleinen Krankenhäuser im ländlichen Raum“, sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). Der Bund dürfe Finanzhilfen nicht allein von Intensivkapazitäten und Notfallstufen abhängig machen. Die Beschränkung für Ausgleichszahlungen auf Krankenhäuser nach den Notfallstufen entspreche nicht der aktuellen Versorgungsrealität in den Ländern.
Konkret fordern die Länder die Inzidenzschwelle, ab der die Ausgleichszahlungen greifen, von den beschlossenen 70 je 100.000 Einwohnern einer Region auf 50 je 100.000 zu senken. Zudem wollen die an der Erklärung beteiligten Länder Ausgleichszahlungen auch für die Krankenhäuser ermöglicht sehen, die keine Intensivstationen vorhalten, aber dennoch COVID-Patienten behandeln. Zudem sollen für Kliniken, die Ausgleichszahlungen erhalten, die Untergrenzen für das Pflegepersonal wieder ausgesetzt werden können.
Wirkung von Kooperationen zu wenig berücksichtigt
Niedersachsen hat getrennt davon eine Erklärung abgegeben. Die Änderungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes blendeten die Kooperation von Maximalversorgern mit kleineren Häusern aus, heißt es darin. Die Regelungen sollten daher fortlaufend auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert werden.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) nimmt die Zuordnung der Finanzierungshilfen auf Kliniken mit Intensivkapazitäten ebenfalls aufs Korn. Das Bundesgesundheitsministerium müsse schnell korrigieren, wenn sich zeige, dass über die beschlossenen Regelungen nicht alle für die COVID-19-Versorgung relevanten Krankenhausstandorte erreicht würden, sagte DKG-Chef Dr. Gerald Gaß. Das Gesetz erlaube es Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Ausnahmen zuzulassen.
Der erste Vorsitzende des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands (VUD), Professor Michael Albrecht, sagte, es sei richtig, Freihaltepauschalen zielgerichtet auf Häuser zu konzentrieren, die sich in der COVID-19-Versorgung besonders engagierten. „Jetzt müssen wir sehen, wie sich die Versorgungslage entwickelt und die Länder das Stufenkonzept umsetzen.“ Die Regelungen zur Auszahlung der Pauschalen seien komplex. Ob sie die gewünschte Wirkung erzielten, bleibe abzuwarten.