KBV-Idee

Landarztpraxen als Zentren mit Bettenstation?

Die KBV macht Ernst mit ihrem Vorschlag, kleine Krankenhäuser in ambulante Zentren umbauen zu wollen. Jetzt liegt ein wissenschaftliches Gutachten dazu vor.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Die gesundheitspolitische Debatte wird um einen neuen Begriff erweitert: Intersektorale Gesundheitszentren (IGZ).

Nach den Vorstellungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sollen solche komplett im ambulanten Sektor angesiedelten Zentren in absehbarer Zeit nicht oder nur hochsubventioniert überlebensfähige Krankenhäuser ablösen.

75 Landkrankenhäuser, 20 davon allein in Bayern, mit zwischen 51 und 150 Betten und ohne Sicherstellungszuschläge haben die Universität Bayreuth und die Oberender AG in einem Gutachten als mögliche Standorte für Intersektorale Gesundheitszentren identifiziert.

Kernleistung dieser Versorgungseinheiten abseits der Ballungsräume solle eine fachärztliche Grundversorgung mit dem Schwerpunkt auf allgemeinärztlichen, internistischen und weiteren konservativen Angeboten sein.

Das erläuterten Vertreter der Universität bei der Vorstellung eines Gutachtens im Auftrag der KBV bei der KBV-Herbsttagung am Mittwoch in Berlin.

"Erweiterte ambulante Versorgung"

In einer Modellrechnung haben die Wissenschaftler für diesen Kern nachgewiesen, dass er sich wirtschaftlich betreiben lassen könne. Dabei sind sie von einem Arzthonorar ausgegangen, das 30 Prozent unter dem Ansatz der stationären Fallpauschalen liegt.

Die klassische ambulante Versorgung soll um eine "erweiterte ambulante Versorgung" (EAV) ergänzt werden.

"Das bedeutet schlichtweg, dass die Zentren auch über Bettenabteilungen verfügen, in denen Patienten über Nacht, maximal jedoch fünf Tage bleiben können", sagte KBV-Chef Gassen.

Zudem sollen die Zentren durch Module ausgebaut werden können, die von der Apotheke über die Chirurgie bis zur Pflege reichen können.

"Als operierender Arzt kann ich aus Erfahrung sagen, dass weit mehr Eingriffe ambulant erfolgen könnten, wenn sichergestellt wäre, dass die Patienten anschließend überwacht und betreut werden", sagte Gassen.

Finanzierung noch nicht final geklärt

Negative Effekte auf die wirtschaftliche Lage einer Region durch die Umwandlung eines Krankenhauses in ein vertragsärztlich geführtes Zentrum erwarten die Wissenschaftler nicht. "Die Patienten sind damit ja nicht weg", sagte Projektleiter Dr. Andreas Schmid von der Universität Bayreuth.

Sie würden dann nur von den IGZ oder nahe gelegenen Krankenhäusern behandelt. Es könnte zu Einsparungen bei den Kommunen kommen, die defizitäre Einrichtungen nicht länger durch Subventionen erhalten müssten.

KBV-Chef Gassen ist sicher, dass sich die KVen nicht vor Nachfragen von Betreibern defizitärer Kliniken werden retten können, wenn die ersten IGZ den Nachweis wirtschaftlichen Betriebs erbracht hätten.

Wie die IGZ konkret finanziert werden sollen ist noch nicht abschließend geklärt. KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister verwies auf die Kommission zur Angleichung der Vergütungssysteme, die Union und SPD aus der Taufe gehoben haben.

Ärzte in einem IGZ würden dem ambulanten Sektor zugerechnet. Budgets und ambulante Bedarfsplanung müssten dies berücksichtigen. "Das Geld muss der Leistung folgen", sagte Hofmeister.

Die ärztlichen Leistungen sollen nach Ansicht der Gutachter regulär aus dem ambulanten Etat vergütet werden. Sie schlagen darüber hinaus vor, die erweiterte ambulante Versorgung zunächst über IV-Verträge zu finanzieren.

Lesen Sie dazu auch: Studie Uni Bayreuth: So könnte die Medizinversorgung auf dem Land künftig aussehen Kommentar: Ambulante Versorgung 2.0

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