Sterbehilfe

Lange Debatte erwartet

Die große Koalition will in der Diskussion um ein Sterbehilfe-Gesetz keine hektische Debatte.

Veröffentlicht:
Kurz vor dem Lebensende? Die Linkspartei drängt auf eine Regelung der Sterbehilfe.

Kurz vor dem Lebensende? Die Linkspartei drängt auf eine Regelung der Sterbehilfe.

© Joerg Reimann / Getty Images / iStockphoto

BERLIN. Die große Koalition plant, der Debatte um die Sterbehilfe ausreichend Zeit einzuräumen und alle Abgeordnete einzubeziehen. Vorgesehen ist etwa ein Jahr. Dies haben Vertreter der Regierungsfraktionen angekündigt. Unter anderem soll es eine Expertenanhörung geben, an der alle Abgeordnete teilnehmen können.

Auch bei der Organisation der angestrebten breiten gesellschaftlichen Diskussion sind erste Pflöcke eingerammt worden. Für die CDU soll Michael Brand die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Fraktion koordinieren.

Bei der SPD übernehmen der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach, Eva Högl und Carola Reimann diesen Part. Lauterbach sagte der "Süddeutschen Zeitung", er rechne mit "erheblichen rechtlichen, ethischen und politischen Problemen bei der Vorbereitung eines Gesetzentwurfes".

Auch konkrete Vorstellungen sind schon auf dem Markt. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat sich für ein Verbot nicht nur der gewerbsmäßigen, sondern jeder Form von organisierter Selbsttötungshilfe ausgesprochen.

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Jens Spahn, plädierte darüber hinaus für einen Ausbau der Palliativmedizin als "richtige Antwort auf den Wunsch nach Sterbehilfe". In der vergangenen Legislaturperiode war ein Sterbehilfegesetz an unterschiedlichen Vorstellungen von CDU und FDP gescheitert. (af)

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Kommentare
Lutz Barth 23.01.201408:20 Uhr

Anfrage an die Neopaternalisten im "Sterbehilfediskurs! Haben Sie eine der folgenden Literaturquellen schon gelesen?

Es gibt nichts, was nicht schon diskutiert wurde. Die selbsternannten "Oberethiker", allen voran die politisch Verantwortlichen, können zwar kein Forschungssemester nehmen, ab die eine oder andere Publikation eignet sich schon als Abendlektüre!

Insofern ist es wohl gut, dass eine lange Debatte zu erwarten ansteht, denn schließlich sollten alle wissen, wovon sie reden!


Literaturverzeichnis: Stand Dezember 2011

Das Verbot der „ärztlichen Suizidassistenz“
– eine verfassungsrechtliche Problemorientierung
v. Lutz Barth
erstellt im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS)

Zeitungsartikel und vergleichbare Texte, Gerichtsentscheidungen oder sonstige Dokumente, die als Nachweis verwendet worden sind – auch solche mit einer entsprechenden Verlinkung –, sind lediglich in den Fußnoten aufgeführt worden.

• Antoine, Jörg, Aktive Sterbehilfe in der Grundrechtsordnung, Berlin 2004
• Bielefeld, Heiner, Menschenwürde - Der Grund der Menschenrechte. Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte 2008
• Birnbacher, Dieter, Die ärztliche Beihilfe zum Suizid in der ärztlichen Standesethik. Aufklärung und Kritik - Sonderheft 11, 2006, S. 7-19.
• Birnbacher, Dieter, Mehrdeutigkeiten im Begriff der Menschenwürde. Aufklärung und Kritik - Sonderheft 1, 1995, S. 4-13.
• Borowski, Martin, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, Tübingen 2006
• Czermak, Gerhard, (2004). Schulfach Ethik. Abgerufen am 22. Juli 2011 von http://www.schulfach-ethik.de/ethik/download/Ethik-GG.pdf.
• Dörner, Klaus, "Der gute Arzt" im Spannungsfeld zwischen Patientenwille und medizinischer Indikation. In R. Charbonnier, K. Dörner, & S. Steffen (Hrsg.), Medizinische Indikation und Patientenwille: Behandlungsentscheidungen in der Intensivmedizin und am Lebensende (S. 1-6), Stuttgart 2008
• Dörner, K., Zieger, A., Bavastro, P., & Holfelder, H. H., Patientenverfügung: Kein Sterben in Würde. Dtsch Arztebl 2002; 99: A 917–919 [Heft 14] .
• Dreier, Horst, Grenzen des Tötungsverbots - Teil 1, in JZ 2007, S. 261-270.
• Dreier, Horst, Grenzen des Tötungsverbots - Teil 2, in JZ 2007, S. 317-326.
• Dreier, Horst, Wozu dienen Ethikräte? In I. Appel, G. Hermen, & C. Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat - Festschrift für Rainer Wahl zum 70. Geburtstag, Berlin 2011
• Duttge, Gunnar (Hrsg.), Perspektiven des Medizinrechts im 21. Jahrhundert (Bd. I), Göttingen 2007
• Gottwald, Carmen, Die rechtliche Regulierung von Sterbehilfegesellschaften, Würzburg 2011
• Hohenstein, Anne, Die Einführung der aktiven Sterbehilfe in der Bundsrepublik Deutschland. Lässt sich das Recht auf den eigenen Tod begründen?, Berlin 2003
• Hoppe, Jörg-D., Die Patient-Arzt-Beziehung im 21. Jahrhundert. In Katzenmeier, & Bergdolt (Hrsg.), Das Bild des Arztes im 21. Jahrhundert, Berlin 2009
• Hufeland, C. W., Enchiridion medicum oder Anleitung zur medizinischen Praxis. Vermächtnis einer fünfzigjährigen Erfahrung (6. Ausg.), Berlin 1842
• Huster, Stefan, Die ethische Neutralität des Staates: eine liberale Interpretation der Verfassung, Tübingen 2002
• Kreß, Hartmut, Medizinische Ethik - Grundrechtsschutz / Selbstbestimmungsrecht / heutige Wertkonflikte (2. Aufl.), Stuttgart 2009
• Lautenschläger, Dunja, Die Gesetzesvorlagen des Arbeitskreises Alternativentwurf zur Sterbehilfe aus den Jahren 1986 und 2006, in Lilie, Hans, Schriftreihe Medizin-Ethik-Recht, Bd. 3, 2006
• Linke, Tobias, Grundrechtliche Spannungslagen am Lebensende: zur Bedeutung der grundrechtlichen Abwehrrechte, Schutzpflichten und Leistungsaspekte für die Sterbehilfe, Baden-Baden 2004
• Lüderssen, Klaus, Aktive Sterbehilfe - Rechte und Pflichten, in JZ 2006, S. 689-695.
• Mieth, Dietmar, Grenzenlose Selbstbestimmung? Der Wille und die Würde Sterbender, Düsseldorf 2008
• Putz, Wolfgang, Rechtsgutachten - Strafrechtliche Aspekte der Suizid-Begleitung in Deutsch

Lutz Barth 22.01.201408:15 Uhr

BÄK-Präsident Montgomery setzt unverdrossen seine „Mission“ fort!

„Ärzten verbietet das Berufsrecht, dabei zu helfen. Das müsse so bleiben, betonte Montgomery. "Ärzte sind in ihrer ethischen Grundausrichtung auf den Erhalt des Lebens ausgerichtet. Der Patient muss wissen, dass der Arzt in diesem Kontext an sein Bett tritt und nicht als jemand, der ihn tötet." (vgl. dazu Söhnke Callsen, Ärzte und Kirche gegen aktive Sterbehilfe, in ZEIT online v. 21.01.14 >>> http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-01/Sterbehilfe-Reaktionen <<<).

Es hat erkennbar keinen Zweck, darauf zu warten, dass sich der Präsident der BÄK einer weiteren Debatte um das von ihm maßgeblich initiierte Verbot der ärztlichen Suizidassistenz in § 16 Ä-MBO öffnet.

Die verfasste Ärzteschaft ist aufgefordert, dieser Zwangsethisierung sachgerecht zu begegnen und den Präsidenten der BÄK daran zu erinnern, dass er tunlichst seine ethische „Basta-Politik“ beenden und somit die freie Ärzteschaft in ihre freie Gewissensentscheidung entlassen möge.
Montgomery bleibt es freilich vorbehalten, seine individuelle Gewissensentscheidung zu treffen. Es ist hinlänglich bekannt, dass er die „Sterbehilfe“ gleichsam als „schmutziges Geschäft“ einordnet und er im Übrigen der „Keulung von Menschen“ nichts abgewinnen kann.

Mal ganz davon abgesehen, dass der Sprachduktus des Präsidenten mehr als nur gewöhnungsbedürftig ist, sollte er ernsthaft in Erwägung ziehen, die bei der BÄK eingerichteten Zentralen Ethikkommission mit einer Expertise zu „beauftragen“. Im Gegensatz zu anderen Ethikkommissionen hat sich bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Zentrale Ethikkommission noch nicht geäußert und dies – mit Verlaub – ist doch schon bemerkenswert, handelt es sich doch bei dem Sterbehilfediskurs um eine Debatte, die von ganz zentraler Bedeutung für die gesamte Ärzteschaft ist.

Das „Schweigen“ der Zentralen Ethikkommission ist eigentlich nicht nachvollziehbar und gibt daher Anlass zu weiteren Spekulationen. Hat etwa die Zentrale Ethikkommission jedenfalls als eine bei der BÄK eingerichtete Institution einen „Maulkorb“ verhängt bekommen? Die Frage mag despektierlich erscheinen, aber auffällig ist, dass sich namhafte Mitglieder dieses Gremiums außerhalb ihrer „offiziellen Mitgliedschaft“ durchaus zum Thema der ärztlichen Suizidhilfe positioniert haben (etwa Urban Wiesing, Jochen Taupitz, Dieter Birnbacher) und eine diametral entgegen gesetzte Auffassung vertreten.

Gerade die Medizinethiker in der Zentralen Ethikkommission dürften den Ansatz des Präsidenten und seiner Kollegen und Kolleginnen aus dem Vorstand der BÄK als wesentlich zu kurz betrachten, so dass es Sinn machen könnte, wenn parallel zur gesellschaftlichen Debatte zugleich auch eine neue arztinterne Diskussion stattfinden würde.

Auch wenn beabsichtigt ist, dass die politisch Verantwortlichen die Möglichkeit eingeräumt bekommen sollen, sich an einer Expertenanhörung zu beteiligen, macht es keinen Sinn, wenn dort die hinreichend bekannten Gesichter ihre Statements abgegeben können, die dann zum wiederholten Male ihre Positionen und manchmal eben auch ihre Gewissensentscheidungen offenbaren können. Montgomery hatte seinen Auftritt bei der Anhörung des Deutschen Ethikrats und es steht eben nicht zu vermuten an, dass ein nochmaliges Statement in einem künftigen „Expertenrat“ zu wesentlich neueren Erkenntnissen auch für die Abgeordneten des Bundestages führen wird, setzt dieses doch voraus, dass der Präsident der BÄK zumindest willens und fähig ist, auf die zwischenzeitliche Kritik aus den eigenen Reihen und aus der Zunft der Medizinethik zu reagieren.

Nun – die Fähigkeit wird man/frau ihm wohl nicht absprechen können, aber er scheint lernunwillig zu sein und er beharrt wie ein ethischer Zuchtmeister auf die von ihm seit Jahren vertretene Position, die allerdings wenig überzeugend ist, geht er doch zuweilen lax mit den zentralen Grundrechten seiner Kolleginnen und Kollegen um.

Urban Wiesing, vielleicht aber auch d

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