Debatte
Union hält Sterbehilfegesetz am Leben
An der Sterbehilfe scheiden sich in der Koalition die Geister. Bei der Suche nach der richtigen Position hat die Union jetzt Einigungsbereitschaft signalisiert - mit Bedingungen.
Veröffentlicht:BERLIN. In die Debatte um das geplante Sterbehilfegesetz kommt eventuell noch einmal Bewegung. Die Pressestelle der Unionsfraktion bestätigte der "Ärzte Zeitung", dass die Christdemokraten versuchen wollen, im Gespräch mit der FDP zu bleiben.
Dies sei das Ergebnis einer offenen Fraktionssitzung am Dienstagabend in Berlin mit Fachleuten aus der Ärzteschaft, der Kirchen und Juristen. Noch seien die Gespräche aber nicht wieder aufgenommen.
Der Entwurf eines "Gesetzes zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung" aus dem Justizministerium, der eigentlich Ende Januar hätte beschlossen werden sollen, liegt auf Eis.
Den meisten Unionsabgeordneten ging er nicht weit genug. Viele Abgeordnete der größeren Regierungspartei hätten sich gewünscht, dass nicht nur die gewerbsmäßige, sondern jedwede organisierte Suizidassistenz ohne Gewinnerzielungsinteresse, wie sie die zahlreichen Sterbehilfevereine betreiben, bestraft werden solle.
"Wir wollen Regeln haben, die Aktivitäten von Vereinen wie Dignitate verhindern", sagte Hubert Hüppe (CDU), Behindertenbeauftragter der Bundesregierung, der "Ärzte Zeitung".
Idealerweise solle in der Gesetzesbegründung expressis verbis stehen, dass Ärzte und Pflegende nicht zu dem Personenkreis gehören sollen, die straffrei Beihilfe leisten dürfen wie zum Beispiel Angehörige.
Wird's noch was in dieser Legislatur?
Es dürfe auf keinen Fall der Eindruck entstehen, nicht gewerbsmäßige Beihilfe zum Suizid könne eine gute Tat sein. Das Gesetz müsse Effekte haben und dürfe keinen Schutz für nicht-kommerzielle Organisationen entfalten.
Ähnliche argumentiert der stellvertretende Union-Fraktionschef Günter Krings. Für ihn sei während der Sitzung klar geworden, "dass der heutige Rechtszustand, der die Sterbebeihilfe gänzlich straflos lässt, der denkbar schlechteste ist", sagte er der "Ärzte Zeitung".
Auch er will das Sterbehilfeverbot weiter fassen: "Darüber hinaus werden wir uns in der Union nach wie vor dafür einsetzen, die Sterbebeihilfe über den Bereich der gewerbsmäßigen Vornahme hinaus unter Strafe zu stellen."
Hüppe hat einen alternativen Gesetzentwurf zur Diskussion gestellt. Er schlägt vor, organisierte und gewohnheitsmäßig ausgeübte Sterbehilfe genauso unter Strafe zu stellen wie die Werbung dafür.
Tatsächlich soll im Gesetzgebungsverfahren schon einmal über ein weitreichendes Werbeverbot für die Beihilfe zum Suizid, einschließlich der Internetseiten von Sterbehilfeorganisationen, beraten worden sein.
Der Passus sei allerdings in der Ressortabstimmung herausgefallen, heißt es aus Regierungskreisen.
Dies wiederum geht Patientenschützern zu weit. Mit einem Vereinigungs- und Werbeverbot würde der Gesetzgeber über sein Ziel hinausschießen, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, früher Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch.
Eine Vertreterin der Bundesärztekammer setzte sich bei dem Treffen am Dienstagabend dafür ein, jede organisierte Form von Sterbehilfe zu verbieten. Dies entspricht der Haltung des Deutschen Ärztetages.
Leidende Menschen benötigten Hilfe und Zuwendung. Palliativmedizin könne dies leisten, Sterbehilfe nicht, heißt es in dem Beschluss.
Unklar ist trotz der bei der Union weiterhin bestehenden Einigungsbereitschaft, ob das Gesetz überhaupt noch in dieser Legislaturperiode kommen kann.