Pandemie

Lauterbach: Corona-Infektionszahlen könnten doppelt so hoch liegen

Ganze Bundesländer könnten sich zu Hot-Spots erklären, sagt Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Die Krankenhausreform steht bevor, und das Kassendefizit soll auf viele Schultern verteilt werden.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Ein ganzes Bundesland als Hot-Spot? Das ist möglich, meint Bundesgesundheitsminister Lauterbach.

Ein ganzes Bundesland als Hot-Spot? Das ist möglich, meint Bundesgesundheitsminister Lauterbach.

© Michael Bihlmayer / CHROMORANGE / picture alliance

Berlin. Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach hat davor gewarnt, in den Anstrengungen bei der Bekämpfung der Pandemie nachzulassen. „Von einem Freedom Day sind wir weit entfernt“, sagte der Minister vor der Bundespressekonferenz.

Die am Freitag gemeldete Zahl von 300.000 Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 binnen 24 Stunden bilde wohl nur die Hälfte des tatsächlichen Wertes ab. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die an sich schon hohe Zahl von im Zusammenhang mit COVID gestorbenen Menschen weiter steigen könne.

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Für die inzwischen für das Erlassen von Corona-Maßnahmen zuständigen Länder bedeute dies, dass bei einer flächendeckenden Überlastung der Krankenhäuser und Arztpraxen in einem Bundesland, das ganze Land zu einem Hot-Spot erklärt werden könne. Darin sei er sich mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) einig.

Indizien dafür seien, wenn ganze Krankenhäuser sich von der Versorgung abmelden müssten, wenn planbare Eingriffe abgesagt oder Patienten dafür in andere Häuser verlegt werden müssten.

Johna: „Omikron ist nicht nur ein Schnupfen“

Nach wie vor seien 2,2 Millionen Menschen im Alter über 60 Jahre nicht geimpft, warnte RKI-Präsident Professor Lothar Wieler vor zu viel Entspannung. Lediglich 1,7 Millionen Menschen hätten bislang die zweite Auffrischungsimpfung erhalten. Die vierte Impfung ist vom RKI für Menschen mit Vorerkrankungen, Immunschwächen und allen über 70-Jährigen empfohlen.

Die Annahme, Omikron sei nur ein Schnupfen, sei falsch, hob die Vorsitzende des Marburger Bundes, Dr. Susanne Johna, auf die dynamische Entwicklung der Pandemie in den Krankenhäusern ab. Auch Omikron-Infizierte könnten schwer erkranken.

25.000 Menschen mit COVID würden derzeit in den Krankenhäusern versorgt. Das seien 60 Prozent mehr als noch Anfang Februar. Johna wies zudem darauf hin, dass auch niedergelassene Ärzte aktuell mit hohem Aufwand weiterhin dafür sorgten, die Versorgung aufrecht zu erhalten.

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Start der Krankenhausreform steht bevor

Minister Lauterbach bekräftigte, trotz des Pandemieverlaufs an der Strukturreform im stationären Sektor festhalten zu wollen. Im Vergleich zu anderen Ländern mit einer vergleichbaren Altersstruktur habe Deutschland eine geringere COVID-Sterblichkeit.

Das sei unter anderem auch dem Krankenhaussystem zu verdanken, das immer in der Lage gewesen sei, auch unter Maximalbelastung eine qualitativ hochwertige Versorgung anzubieten.

„Wir werden eine große wichtige Kommission für eine Krankenhausreform in Kürze vorstellen, die Vorbereitungen sind im Gange“, kündigte Lauterbach an. Die Kommission solle nicht aus den „üblichen Bänken der Versorgung“, sondern unabhängiger wissenschaftlicher Expertise bestehen. Die Leitung werde das Ministerium übernehmen.

Kassendefizit: Lauterbach will ausgewogene Belastung

Eine große Reform werde mehrere große Probleme zu lösen haben. So sei das System der Fallpauschalen weiterzuentwickeln, um Kinderheilkunde und die Geburtshilfe weiter abbilden zu können.

Zudem müsse die Notfallversorgung neu strukturiert werden. Angegangen werde auch, dass Eingriffe, die nicht stationär gemacht werden müssen, von den Krankenhäusern auch ambulant erbracht werden können. Der Personalmangel und die Krankenhausplanung stünden ebenfalls auf der Agenda.

Zum geplanten Gesetz zur Stabilisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung wollte sich Lauterbach nicht konkret äußern. „Zwischenstände werde ich nicht vortragen“, sagte er am Freitag. Geplant sei eine ausgewogene Verteilung der Belastung.

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Das voraussichtliche Defizit der Krankenkassen für das Jahr 2023 von um die 17 Milliarden Euro sei eng verknüpft mit COVID. Dass erhebliche Defizite entstanden seien, sei der Preis für eine gute Versorgung. Einnahmen seien weggefallen, viele der zusätzlich entstandenen Leistungen seien über die Kassen abgerechnet worden.

Die Lasten sollen auf viele Schultern verteilt werden, kündigte Lauterbach an. So sollen Effizienzreserven gehoben und die Rücklagen der Krankenkassen angegriffen werden. Steuer- und Beitragszahler sollten ebenfalls einen Beitrag leisten.

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