Medizinforschungsgesetz

Lauterbach kündigt Aufholjagd bei klinischen Studien an

Zu langsam, zu teuer: Laut Gesundheitsminister Lauterbach ist Deutschland in Sachen Pharmaforschung international zurückgefallen. Mit beschleunigten Genehmigungsverfahren wolle die Koalition gegensteuern.

Veröffentlicht:
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)

„Bei klinischen Studien zurückgefallen“: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei einer Pressekonferenz zu besseren Rahmenbedingungen für den Pharmastandort Deutschland.

© Carsten Koall / dpa / picture alliance

Berlin. Nach dem Digitalsprint will die Ampel-Koalition auch einen großen Anlauf bei der Medizinforschung hinlegen: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erläuterte am Freitag Eckpunkte eines entsprechenden Gesetzesvorhabens.

Deutschland habe in den vergangenen Jahren „Konkurrenzfähigkeit verloren – sowohl bei der Forschung wie auch der Produktion“, sagte der SPD-Politiker vor Journalisten. Aktuell gebe es zwar wieder mehr Ansiedlungen pharmazeutischer Hersteller. „Nichtsdestotrotz: Die Hausaufgaben müssen gemacht werden.“

Im Rahmen der Pharmastrategie der Bundesregierung spiele das geplante Medizinforschungsgesetz eine „zentrale Rolle“, betonte Lauterbach. Zentrales Problem sei, dass sich Deutschland bei der Forschung „sehr langsame“ und „sehr teure“ Prozesse leiste. Daher sei man bei der Zahl klinischer Studien zurückgefallen. „Wir haben viel weniger klinische Studien pro Kopf als zum Beispiel Dänemark oder UK.“

Zu wenig Patente, zu wenig Forschung

Die hiesige Grundlagenforschung sei gut, aber es folgten daraus nur wenige Patente und wenig Produktion, so Lauterbach. Großbritannien generiere aus seiner Grundlagenforschung zehn Mal so viele Patente und 20 Mal so viele Produktionsansiedlungen wie Deutschland. „Dieses Problem wollen wir ganz konkret angehen.“ Setze man die mit dem Forschungsgesetz verbundenen Ziele um, sei von einer zusätzlichen Wertschöpfung von jährlich rund zehn Milliarden Euro auszugehen.

Wichtiger Baustein des geplanten Gesetzes sei es, beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Anlaufstelle für Beantragung und Genehmigung klinischer Studien einzurichten, so Lauterbach. Vorgesehen seien dafür Musteranträge.

Anschließend sollten ethische, strahlenschutz- und datenschutzrechtliche Voraussetzungen der Studien in enger Zusammenarbeit mit den Länderbehörden in Schwerpunktkommissionen geprüft werden. Auch die Länder profitierten von den vereinfachten Prüfverfahren. Ziel sei es, dass ein Genehmigungsverfahren binnen 25 Arbeitstagen abgeschlossen sei, so der Minister.

Genehmigungsverfahren in weniger als einem Monat

Es handele sich um ein „sehr komplexes“ Gesetzesvorhaben, an dem außer den Ländern auch andere Bundesministerien wie die für Forschung und Wirtschaft beteiligt seien. Das BMG koordiniere den Gesetzesvorstoß.

Die Koalition starte damit eine „Aufholjagd“ bei klinischen Studien. Schlussendlich gehe es darum, Investitionsentscheidungen an den Pharmastandort Deutschland zurückzuholen. Lauterbach verwies in diesem Zusammenhang auf das Beispiel BioNTech. Das Mainzer Unternehmen hatte kürzlich entschieden, für die Entwicklung von Krebsimpfstoffen eine Milliarde Euro in Großbritannien zu investieren.

Lauterbach betonte, das Medizinforschungsgesetz sei eng „verschränkt“ mit den beiden Digitalgesetzen. Diese sollen am 14. Dezember im Bundestag verabschiedet werden. Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GNDG) ziele darauf ab, dass die für die Rekrutierung von klinischen Studien benötigten Daten schneller bereitstünden.

Am Donnerstag hatte Lauterbach bei einem Treffen mit Vertretern der Pharmaindustrie im Kanzleramt zusammen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) Details des Medizinforschungsgesetzes vorgestellt. (hom)

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