Beschluss Landgericht Bielefeld
Medikamente gepanscht: Apotheker kommt vorzeitig frei
Weil er aus Habgier die Krebsmedikamente von Patienten unterdosiert hatte, war ein Bottroper Apotheker 2018 zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Nun wurde er auf Bewährung entlassen, zwei Drittel seiner Strafe sind verbüßt.
Veröffentlicht:Bielefeld. Ein wegen massenhaft gepanschter Krebsmedikamente zu zwölf Jahren Haft verurteilter Apotheker kommt vorzeitig auf Bewährung frei. Das sagte ein Sprecher des Bielefelder Landgerichts auf dpa-Anfrage nach einer nicht-öffentlichen Anhörung und anschließender Entscheidung der Kammer.
Zu Inhalten oder Begründung äußerte sich der Sprecher nicht. Der frühere Apotheker habe inzwischen gut zwei Drittel seiner Strafe verbüßt. Er komme „noch heute“ frei.
Bundesweit aufsehenerregender Medizinskandal
Der frühere Chef einer Apotheke in Bottrop war 2018 vom Essener Landgericht wegen Betrugs und Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz in rund 15.000 Fällen zu einer zwölfjährigen Freiheitsstrafe und einem lebenslangen Berufsverbot verurteilt worden. Dem Essener Urteil zufolge hatte Peter S. die lebenswichtige Medizin seiner Patientinnen und Patienten von 2012 bis 2016 aus Habgier unterdosiert. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hatte das Urteil in dem bundesweit aufsehenerregenden Medizinskandal bestätigt.
In dem Fall ging es um lebenswichtige Arzneimittel. Der Apotheker habe mit den rechtswidrig erworbenen Millionen seinen luxuriösen Lebensstil finanziert, hatte das Essener Gericht festgestellt. Zahlreiche Patienten und Angehörige waren als Nebenkläger aufgetreten. Der Skandal war von zwei Mitarbeitern aufgedeckt worden.
Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt
Der frühere Apotheker habe sich in der JVA Bielefeld-Senne im offenen Vollzug befunden, schilderte der Gerichtssprecher. Er habe das Gefängnis also tagsüber verlassen dürfen, sei außerhalb der JVA einem Arbeitsverhältnis nachgegangen. Die restlichen knapp vier Jahre werden zur Bewährung ausgesetzt.
Eine vorzeitige Haftentlassung muss immer im Einzelfall geprüft werden, eine gute Führung kann sich positiv auswirken. Auch der Westdeutsche Rundfunk berichtete über den Fall.
Peter S. hatte sich in dem Strafverfahren nicht zu den Vorwürfen geäußert. Er klagte aber gegen sein lebenslanges Berufsverbot, das die Bezirksregierung Münster verhängt hatte. Vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen scheiterte der frühere Apotheker 2022 allerdings mit dem Versuch, seine Approbation zurückzuerlangen.
Patientenschützer fordert mehr Kontrollen
Deutschlandweit gebe es einige hundert Apotheken, die einen milliardenschweren Umsatz mit spezialisierter Chemotherapie machen, sagte Patientenschützer Eugen Brysch der dpa. „Doch unangekündigte Stichprobenkontrollen viermal jährlich durch Amtsapotheker gibt es bundesweit nicht“, monierte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. „Auch stichprobenartige Prüfungen auf die Wirkstoffe finden nicht statt.“
Im Bottroper Fall kritisierte Brysch, Peter S. habe „niemals mitgewirkt an der Aufklärung seiner Straftaten.“ Für Betroffene und Angehörige der Opfer sei fast alles im Dunklen geblieben. (dpa)