Internationale Gesundheitspolitik
Lehren aus Corona: Hilfsorganisationen fordern globales Pandemie-Abkommen
Multi-Stakeholder-Initiativen wie ACT-A seien im Kampf gegen Pandemien ein ungeeignetes Instrument, kritisieren Hilfsorganisationen im Vorfeld des diesjährigen World Health Summit. Zielführend sei etwas anderes.
Veröffentlicht:Berlin. Vor Beginn des am Sonntag (15. Oktober) in Berlin beginnenden World Health Summit haben Hilfsorganisationen verbindlichere Zusagen von Regierungen und Unternehmen in der internationalen Gesundheitspolitik angemahnt.
Erfahrungen der Corona-Krise zeigten, dass der Zuwachs neuer freiwilliger privat-öffentlicher Partnerschaften nicht ausreichend sei, um auf Pandemien reagieren zu können, schreiben die Aktion Brot für die Welt, das Global Policy Forum und das Misereor-Hilfswerk in einer am Freitag verbreiteten Mitteilung. Schwerpunkt des diesjährigen World Health Summit ist die Frage, wie sich Politik und Gesellschaft besser auf künftige Pandemien vorbereiten können.
„Fragmentierte globale Gesundheitsarchitektur
Seit Jahrzehnten habe die Welt mit den Herausforderungen einer „stark fragmentierten globalen Gesundheitsarchitektur“ zu tun, schreiben die drei Hilfsorganisationen. Zahlreiche internationale Vereinigungen plus verschiedene Multi-Stakeholder-Initiativen – also Zusammenschlüsse zwischen Regierungen, Privatstiftungen und Pharmakonzernen – hätten zu einer wachsenden Unübersichtlichkeit im Krisenmanagement geführt. Dies habe auch zu einer „unkoordinierten Reaktion auf die COVID-19-Pandemie“ geführt.
So sei die globale Multi-Stakeholder-Initiative „Access to COVID-19 Tools Accelerator“ (ACT-A) initiiert unter anderem von der WHO, als zentraler internationaler Mechanismus zur Eindämmung der Pandemie gedacht gewesen. Die Initiative sei aber nicht nur bei der weltweit gerechten Verteilung von Impfstoffen, sondern auch daran gescheitert, weitere Akteure im Bereich globaler Gesundheit zu koordinieren, sagte Dr. Klaus Schilder, Referent für Entwicklungsfinanzierung bei Misereor.
WHO muss zentraler Player sein
Das habe einerseits daran gelegen, dass wohlhabende Länder im globalen Norden selbst Impfstoffe gehortet hätten, andererseits aber auch an Problemen, die mit einer Initiative wie ACT-A einhergegangen seien. „Solche Initiativen beruhen auf freiwilligen Selbstverpflichtungen aller Beteiligten. Es braucht aber stattdessen mehr Verbindlichkeit von Seiten der Regierungen und Unternehmen, um den Zugang zu Gesundheit für alle weltweit zu gewährleisten“, sagte Karolin Seitz vom Global Policy Forum.
Um auf Pandemien besser vorbereitet zu sein, verhandelt die WHO derzeit mit ihren Mitgliedsstaaten ein Abkommen zur Prävention, Vorsorge und Bekämpfung von Pandemien. Aus Sicht der drei Hilfsorganisationen muss Ziel sein, „die WHO hier in ihrer zentralen Rolle als koordinierende Instanz in der globalen Gesundheitspolitik zu stärken und Multi-Stakeholder-Initiativen deren Zielen unterzuordnen“.
Die WHO müsse die zentrale Instanz bei der Verteilung von Vakzinen in Pandemiezeiten sein, „diese entscheidende Frage darf nicht Unternehmen überlassen sein“, sagte Julia Stoffner, Gesundheitsexpertin bei Brot für die Welt. (hom)