Überschwemmungen
MB-Chefin Johna: Müssen uns besser vor extremen Wetterereignissen schützen
Angesichts der Flutkatastrophe in mehreren Bundesländern fordert der Marburger Bund einen stärkeren Fokus auf Krisenprävention. Die Bundesregierung räumt derweil Nachbesserungsbedarf beim Bevölkerungsschutz ein.
Veröffentlicht:Berlin. Während sich die Lage in einigen Hochwasserregionen Deutschlands derzeit leicht entspannt, lenken Ärzte den Blick auf Lehren aus der Katastrophe.
Die wegen der enormen Wasserfluten notwendig gewordenen Evakuierungen mehrerer Krankenhäuser zeige, „dass wir den Schutz vor extremen Wetterereignissen stärker in den Blick nehmen müssen“, sagte die 1. Vorsitzende der Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund (MB), Dr. Susanne Johna, am Montag in Berlin.
Ziel müsse sein, die Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen auch in Krisensituationen zu gewährleisten, betonte Johna. „Das gilt für epidemische Notlagen genauso wie für Naturkatastrophen oder auch Cyber-Attacken auf Krankenhäuser“.
Kliniken brauchen Wiederaufbauhilfen
Johna regte an, „Krisenszenarien“ regelmäßig in Kliniken sowie mit den Verantwortlichen in den Kommunen durchzuspielen. Übungen für den Fall der Fälle seien „die beste Krisenprävention“.
Dafür müsse Klinikärzten und Pflegepersonal aber auch genügend Zeit zur Verfügung stehen. Die Beschäftigten in den vom Hochwasser betroffenen Krankenhäusern bräuchten zudem rasch eine konkrete Wiederaufbauzusage seitens der Politik, forderte die MB-Chefin.
Ersatzkassen: Wollen unkompliziert helfen
Die Ersatzkassen erklärten am Montag, den von Räumungen betroffenen Krankenhäusern in den Hochwasserregionen helfen zu wollen. „Bereits in der Vergangenheit haben wir für die Krankenhäuser, die bei Hochwasser durch Evakuierungen betroffen waren, unkompliziert in den Budgetverhandlungen Regelungen gefunden, die finanzielle Stabilität garantierten“, sagte der stellvertretende Vorstandschef des Ersatzkassen-Verbands, Dr. Jörg Meyers-Middendorf, in Berlin.
Dieser pragmatischen Vorgehensweise wolle man auch in der aktuellen Situation folgen. Dasselbe gelte für andere Versorgungsbereiche, sagte Meyers-Middendorf.
Die Bundesregierung räumte derweil Nachbesserungsbedarf beim Katastrophen- und Bevölkerungsschutz ein. Zwar habe die vom Bund bereitgestellte „Warninfrastruktur“ während der Flutkatastrophe „funktioniert und damit auch zum Schutz der Bevölkerung erheblich beigetragen“, sagte Vize-Regierungssprecherin Martina Fietz am Montag vor Journalisten in Berlin.
Gleichwohl zeigten die aktuellen Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz auch, „dass wir hier noch mehr tun müssen und besser werden müssen“.
Fokus liegt auf akuter Hilfe vor Ort
Grundsätzlich liege der Bevölkerungsschutz bei Naturkatastrophen in Deutschland nicht in einer Hand. Es handele sich vielmehr um eine „gemeinschaftliche Aufgabe“ von Bund, Ländern und Kommunen, betonte Fietz. Derzeit liege der Fokus in den vom Hochwasser betroffenen Regionen darauf, „Menschen zu helfen und zu retten“. „Alles, was dann an Aufarbeitung notwendig ist, wird im Anschluss erfolgen.“
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) habe bereits am Montagmorgen (12. Juli) um 6:00 Uhr, also zwei Tage vor dem Unwetter, über die bevorstehenden Starkregenereignisse informiert, erklärte eine Sprecherin des Verkehrsressorts, dem der DWD zugeordnet ist. „Diese Information ging an die zuständigen Katastrophenschutzstellen der Länder, Landkreise und Kommunen. Die konkret daraus abzuleitenden Schutzmaßnahmen sind jeweils von den Einsatzkräften vor Ort zu treffen“, sagte die Sprecherin.
Kabinett berät am Mittwoch über Finanzhilfen
Ein Sprecher des Finanzministeriums teilte mit, dass sich das Kabinett am kommenden Mittwoch mit Finanzhilfen für die Menschen in den Hochwasserregionen befassen werde. Geplant seien eine Soforthilfe und ein Aufbaufonds. Die Mittel sollten „schnell und unbürokratisch“ bei den Menschen ankommen. Über Details stehe Finanzminister Olaf Scholz (SPD) derzeit mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) im Gespräch.
FDP-Bundestagsfraktionsvize Michael Theurer sprach von Versäumnissen beim Bevölkerungsschutz. „Die rechtzeitigen Warnungen der Meteorologen sind weder von den Behörden noch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinreichend an die Bürgerinnen und Bürger kommuniziert worden“, sagte Theurer der Deutschen Presse-Agentur.
Es biete sich das Bild eines „erheblichen Systemversagens“. Verantwortlich dafür sei Innenminister Seehofer. Die FDP beantragte deshalb eine kurzfristige Sondersitzung des Bundestag-Innenausschusses. (hom/dpa)