In Berlin protestiert
MFA kämpfen weiter um Wertschätzung und Corona-Bonus
Die Medizinischen Fachangestellten lassen sich vom Bundesgesundheitsminister nicht abbügeln. Bei ihrer Protestaktion in Berlin wurde deutlich: Den Kampf um einen Corona-Bonus und mehr Wertschätzung werden sie fortführen.
Veröffentlicht:Berlin. Fast zwei Dutzend Medizinische Fachangestellte (MFA) haben sich am Mittwoch in Berlin vor dem Brandenburger Tor zu einer Protestaktion versammelt. Dass nicht mehr Kollegen und Kolleginnen erschienen sind, zeigt, dass MFA inzwischen auch mittwochnachmittags nicht mehr die Füße hochlegen geschweige denn an Protestaktionen teilnehmen können. Denn da laufen in vielen Praxen die Corona-Impfungen.
„Und samstags ist es auch nicht besser: Da wird ja auch geimpft“, sagt Jutta Napiwotzky, MFA aus der Nähe von Pforzheim und Mitglied im Verband Medizinischer Fachberufe (VmF).
Napiwotzky gehört zu den MFA, die ihren Beruf an den Nagel gehängt haben. Ende 2021 hat sie in der Praxis, in der sie seit 33 Jahren arbeitete, aufgehört. Die Medizinische Fachangestellte, die seit 1979 in dem Beruf tätig war, ist früher in Rente gegangen. Und darüber ist sie heilfroh.
Keine ruhigen Tage mehr
Genug zu tun gab es in der Praxis immer. Vor der Corona-Pandemie folgten auf turbulente Tage auch mal ruhigere, an denen das Team wieder Luft holen konnte. Seit zwei Jahren gibt es für die Ärzte und MFA jedoch „keine Ruhe mehr“, sagt Napiwotzky. Das Telefon stand nicht mehr still, „an einem Tag habe ich 200 Anrufe gezählt, und das waren nur die, die reingekommen sind“. Das ständige Geklingel zerrte an den Nerven.
Dazu kam der Aufwand für die Umstellung der Praxisorganisation. Für die Infektsprechstunden beispielsweise rückten Jutta Napiwotzky und Kolleginnen zeitweise in das unbeheizte Kassenhäuschen des örtlichen Freibades aus. Das Hin und Her bei den Impfstoffen kostete ebenso Kraft wie die zunehmende Ungeduld und das Unverständnis der Patienten. „Beim Bäcker warten sie, bei uns haben sie dafür keine Zeit.“
Viele halten es nicht mehr aus
MFA Michael Hiebl aus Ingolstadt, Vorsitzender des VmF-Landesverbands Süd, hat erlebt, dass in den vergangenen Pandemie-Jahren viele Kollegen und Kolleginnen gegangen sind, „weil sie es nicht mehr ausgehalten haben, weil sie beschimpft und nicht wertgeschätzt wurden“.
Seit zwei Jahren fielen die MFA bei den steuerfinanzierten Corona-Sonderbonus-Zahlungen unter den Tisch. Das jetzige Nein von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) habe schockiert.
Nein zur Extra-Zahlung
Regierung bleibt hart: Kein Corona-Bonus für MFA
Dennoch glaubt Hiebl, dass die Politik noch an dem Anliegen der MFA „interessiert“ sei. Ausgefochten, glaubt er, sei das Thema nicht, weil auch die Ärztevertreter sich hinter die Medizinischen Fachangestellten stellen und die Politik angingen.
So schickten am Mittwoch unter anderem die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Hartmannbund Solidaritätsbekundungen raus, in denen sie das Anliegen des VmF unterstützten. Das gibt nicht nur Hiebl Hoffnung, dass MFA und Ärzte ein Umdenken in der Politik doch noch errreichen können.
MFA vermissen Respekt
In Berlin wiederholte VmF-Chefin Hannelore König noch einmal die Forderungen der MFA: einen Corona-Sonderbonus aus staatlichen Mitteln – analog zu den Pflegekräften in den Krankenhäusern -, eine zeitnahe Gegenfinanzierung der Tarifsteigerungen in den Arztpraxen und vor allem mehr Wertschätzung.
Das erklärt König auch den wenigen Bundestagsabgeordneten, die auf eine kurze Stippvisite bei der VmF-Protestaktion vorbeischauen. Unter ihnen Kai Witthaker von der CDU. Er verstehe nicht, warum die MFA von einem Bonus ausgeschlossen werden, sagte er der „Ärzte Zeitung“. Das habe mit Respekt nichts zu tun.
Witthaker vermutet, dass auch der „knausrige“ Finanzminister von der FDP an der Entscheidung gegen einen MFA-Bonus nicht unschuldig ist.- „Ausgerechnet bei denen, die die Impfkampagne am Laufen halten.“ Ob die CDU-Fraktion einen Antrag in der Sache stellen werde, darüber müsse sie noch reden. Dazu müsste aber erst einmal ein Gesetzentwurf vorliegen, zu dem die CDU dann einen Änderungsantrag stellen könnte.
Auch Gürpinar Ates von den Linken, ebenfalls Mitglied im Gesundheitsausschuss, ist zur Demo gekommen. Mit den Forderungen der MFA kann er sich identifizieren. Und für seine erste Rede im Bundestag am Donnerstagabend hat er sich eine besondere Aktion vorgenommen, mit der er auf das Anliegen der Medizinischen Fachangestellten aufmerksam machen will: Er plant, die rote VmF-Maske zu tragen mit der Aufschrift: „MFA am Limit.“ In zwei Wochen wollen die MFA wieder demonstrieren.