Pflegegesetz III
Mehr Einfluss für Kommunen
Die Verantwortung der Kommunen für die Pflege soll wieder gestärkt werden. Gesundheitsminister Hermann Gröhe hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Beratungsangebote für die Pflege besser verzahnt werden sollen.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Regierung baut die Pflegeinfrastruktur weiter aus. Nach der Ausweitung der Pflegeleistungen, der Einführung eines neuen Pflegebegriffs und der damit einhergehenden Umstellung auf ein neues Begutachtungsverfahren, soll nun ein Gesetz den Kommunen wieder eine aktivere Rolle bei der Pflege zuweisen, vor allem in der Beratung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen.
Auslöser sind Hinweise der im Koalitionsvertrag vereinbarten Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Verbesserungspotenziale in der Pflege vor Ort. Vor allem bei der Koordination, Kooperation und der Steuerung stoßen die Beteiligten demnach heute schnell an Grenzen.
Einrichtung von Pflegestützpunkten
Bund, Länder, Kommunen, Pflegekassen und weitere Kostenträger sowie Pflegeeinrichtungen sollen es Pflegebedürftigen ermöglichen, so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung leben zu können.
Das geht aus dem Referentenentwurf des dritten Pflegestärkungsgesetzes hervor, der der "Ärzte Zeitung" vorliegt. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat den Gesetzentwurf am Dienstagabend zur Abstimmung an seine Kabinettskollegen verschickt. Das sind seine Schwerpunkte:
- Kreise und kreisfreie Städte können von sich aus aktiv werden und von den Kranken- und Pflegekassen den Abschluss von Vereinbarungen zur Einrichtung von Pflegestützpunkten verlangen.
Die Regelung soll bis Ende 2021 gelten. Die Kosten sollen geteilt werden. Kommunen können eigenes Personal und Sachmittel für Aufbau und Betrieb der Stützpunkte einsetzen und anrechnen lassen.
- In insgesamt 60 Modellvorhaben sollen die Kommunen eine "Beratung zur Pflege, Hilfe zur Pflege, Eingliederungshilfe und Altenhilfe aus einer Hand" testen. So sollen die kommunalen Beratungsangebote für die Pflege, die Sozialhilfe und für die Hilfen nach dem Bundesversorgungsgesetz verzahnt werden.
Ziel: Die Beratungsgutscheine sollen möglichst schon auf Gemeindeebene eingelöst werden können. Die Modellvorhaben sollen nach dem Königsteiner Schlüssel unter den Ländern verteilt werden.
- Der Gesetzentwurf regelt, dass nicht nur die durch die Pflegekassen finanzierte Pflege nach dem Sozialgesetzbuch XI ab 2017 nach dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff arbeitet, sondern auch die Sozialhilfe (SGB XII) und die Entschädigungsstellen nach dem Bundesversorgungsgesetz.
- Optional können Länder und Kommunen regionale Pflegekonferenzen und sektorenübergreifende Landespflegeausschüsse einrichten.
Diese Gremien sollen dann mit den gemeinsamen Landesgremien nach Paragraf 90a zusammengeführt werden, in denen auch die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Kassen und die Landeskrankenhausgesellschaften vertreten sind.
Belastungen von rund 200 Millionen Euro pro Jahr berechnet
Was das Gesetz die Pflegekassen kosten könnte, hängt davon ab, wie viele Kommunen wegen des Aufbaus von Pflegestützpunkten auf sie zukommen werden. Die Träger der Sozialhilfe werden mit rund 200 Millionen Euro im Jahr belastet.
Die Autoren des Entwurfs rechnen Entlastungen von 330 Millionen Euro gegen, weil die Ausweitung des Pflegebegriffs Kosten in Richtung Pflegekassen verschiebt. Die öffentliche Verwaltung muss mit einer einmaligen Belastung von fünf Millionen Euro rechnen.
Vor der Einführung der Sozialen Pflegeversicherung 1995 mussten die Träger der Sozialhilfe deutlich häufiger einspringen, um pflegebedürftigen Menschen in Notlagen zu helfen.
Nach einem deutlichen Rückgang mit Einführung der Pflegeversicherung steigt die Zahl der notleidenden Pflegebedürftigen wieder an und liegt heute laut Gesetzentwurf bei 13 Prozent aller Pflegebedürftigen.
Der Referentenentwurf geht davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen von heute rund 2,7 Millionen auf mehr als vier Millionen im Jahr 2050 ansteigt.