AWMF fordert
Mehr Praxisbezug in das Medizinstudium!
Studenten sollten mehr echte Patienten kennenlernen, vor allem in den Praxen niedergelassener Ärzte. Das fordert die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF).
Veröffentlicht:MÜNSTER. Niedergelassene Ärzte sollten bei der Ausbildung von Medizinern eine größere Rolle spielen, fordert Professor Karl Heinz Rahn, Past-Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Das sei notwendig für einen größeren Praxisbezug des Studiums.
"Es wäre vernünftig, wenn sich die medizinischen Fakultäten bei der Festlegung von Lernzielen und Prüfungsfragen mehr beraten ließen von den praktisch tätigen Ärzten, auch von den niedergelassenen Ärzten", sagte Rahn beim 8. Westfälischen Ärztetag der Ärztekammer Westfalen-Lippe in Münster. Niedergelassene Ärzte müssten auch stärker in die Lehre integriert werden.
Lehrpraxen sind ein Anfang
Mit den Lehrpraxen in der Allgemeinmedizin sei der Anfang gemacht worden. "Ich denke, dass man in Zukunft auch andere Praxen in den Unterricht einbeziehen muss", sagte Rahn, der früher Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Münster war.
Die an manchen Medizinischen Fakultäten wie in Münster praktizierte Arbeit mit Simulationspatienten kann nach Rahns Einschätzung den Kontakt zu Patienten mit konkreten Krankheitsbildern nicht ersetzen. "Ich weiß nicht, wie ein Simulationspatient eine Leistenhernie simulieren soll."
Fehlende Patientenkontakte und die daraus resultierende mangelhafte Kenntnis von Krankheitsbildern sieht Rahn als eines der größten Probleme in der ärztlichen Ausbildung. Hinzu komme die Fülle des während des Studiums vermittelten reinen Faktenwissens und die mangelnde Wissenschaftlichkeit.
Die AWMF habe ausführlich über den im Juni vom Medizinischen Fakultätentag verabschiedeten Nationalen Lernzielkatalog Medizin 2015 diskutiert, berichtete er. Positiv sei, dass der Katalog nicht nur auf Kenntnisse abziele, sondern auch auf Fertigkeiten und professionelles Verhalten.
"Ein Nachteil ist, dass er ungeheuer kleinteilig ist", so Rahn. Er umfasse 330 Seiten. Die Schweizer begnügten sich mit 150 Seiten, die Niederländer kämen mit 96 aus. "Ich fürchte, dass viele Punkte innerhalb von kurzer Zeit überholt sind."
Rahn rief die medizinischen Fakultäten und die ärztlichen Verbände dazu auf, sich in die Entwicklung des von der Bundesregierung geplanten "Masterplans Medizinstudium 2020" einzubringen - "damit nicht andere Berufsgruppen entscheiden, wie das Medizinstudium der Zukunft gestaltet werden soll".