Streit über Sinn und Gefahren

Ministerium will NHS-Primärärzte bei Telemedizin an kurzer Leine halten

Von Patientengesprächen per Telefon oder Internet ist das britische Ministerium kein Fan. Die Primärärzte versuchen trotzdem, die Fahne der Telemedizin hochzuhalten.

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London. In Großbritannien ist ein Streit zwischen ärztlichen Berufsverbänden und Gesundheitspolitikern über Telemedizin entbrannt. Tendenziell gerät die Telemedizin zunehmend in ein schiefes Licht. Ärzte versuchen, das Bild gerade zu rücken und sich die Option möglichst offen zu halten, auch weil die Wartezimmer voll sind.

Der Streit geht auf das Jahr 2021 zurück. Damals hatte das britische Gesundheitsministerium zur Überraschung ärztlicher Berufsverbände eine neue Verordnung für den staatlichen Gesundheitsdienst (National Health Service, NHS) erlassen. Darin wurden die NHS-Primärärztinnen und -ärzte explizit aufgefordert, „nach Möglichkeit immer“ Patientinnen und Patienten in der Sprechstunde zu sehen, anstatt sie übers Telefon oder Internet zu beraten.

Ministerium will möglichst viele persönliche Gespräche

Das war damals auf heftigen Widerstand aus den Reihen der Ärzteschaft gestoßen. Zumal das Ministerium solchen Hausarztpraxen, die nicht genug persönliche Gesprächstermine bereit stellten, damit drohte, diese öffentlich anzuprangern.

Der größte britische Ärzteverband (British Medical Association, BMA) bezeichnete diese naming and shaming-Taktik als „unverschämt“ und „Mobbing“. Die Medizinerinnen und Mediziner argumentieren, oftmals sei es zeitlich gar nicht möglich, Patientinnen und Patienten live in der Sprechstunde zu betreuen, da die meisten NHS-Wartezimmer übervoll seien.

Studie sieht „größere Gefahr“

Seit der COVID-Pandemie ist die Zahl der virtuellen Konsultationen in den staatlichen britischen Hausarztpraxen ohnehin gesunken. Heute werden nach Angaben des Gesundheitsministeriums 71 Prozent aller Arzt-Patienten-Konsultationen persönlich in der Praxis abgehalten. Vor der Pandemie waren es noch 80 Prozent. Tendenz: weiter sinkend.

Kürzlich sorgte allerdings eine neue Studie der Universität Oxford für Schlagzeilen. Darin hatten Forscher kritisch festgestellt, dass virtuelle Konsultationen „eine größere Gefahr“ für das Wohl und die Gesundheit der Patientinnen und Patienten darstellten, da online oder telefonisch gestellte Diagnosen oftmals entweder falsch oder ungenau seien. Ärzteverbände wiesen dagegen darauf hin, dass „die Großzahl“ virtueller Konsultationen „richtig, genau und verlässlich“ seien. (ast)

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