Patientenbefragung
Notaufnahme ist mehr als nur ein Notanker
BERLIN.Die Notaufnahmen der Kliniken sind für Patienten nicht nur Notanker, wenn sie keinen schnellen Haus- oder Facharzt-Termin bekommen. Vielmehr suchen Patienten die Rettungsstellen auch wegen ihrer Versorgungsangebote auf. Das zeigt eine aktuelle Studie der Berliner Uniklinik Charité.
Um die Gründe für den Besuch in der Notaufnahme herauszufinden, führten die Forscher leitfadengestützte Interviews mit 40 Patienten von zwei Charité-Notaufnahmen. Alle befragten Patienten waren in der Manchester-Triage als nicht dringlich eingestuft und wurden nach der ärztlichen Untersuchung wieder entlassen.
Nur ein Teil der Patienten verwies zur Begründung auf Terminprobleme beim Haus- oder Facharzt. Die meisten nannten als Hauptgründe Zeitautonomie, den Qualitätsstandard eines universitären Krankenhauses und die Möglichkeit multidisziplinärer Untersuchungen während eines einzigen Termins.
Manche Befragte gaben an, dass sie von ihrer Arztpraxis an die Rettungsstelle verwiesen worden seien. Einige Patienten suchten die Rettungsstelle ergänzend zum Haus- oder Facharzt auf.
Die Studienautoren leiten aus diesen Ergebnissen ab, dass die Notaufnahmen eine eigenständige Funktion für ambulante Patienten haben.
"Selbst eine konsequente Wahrnehmung des Sicherstellungsauftrages der KV wird nicht dazu führen, dass die Rettungsstellen nur noch medizinische Notfälle versorgen", so Professor Martin Möckel, Ärztlicher Leiter Notfallmedizin der Berliner Uniklinik Charité und Mitautor der Studie. Er ist skeptisch, ob Portalpraxen in der Lage sind, den spezifischen Bedarf dieser Patienten zu decken.
"Diese Patienten betrachten sich als Notfälle. Wenn man ihnen eine Portalpraxis anbietet, die ihre Bedürfnisse nicht stillt, werden sie sie nicht aufsuchen", so Möckel zur "Ärzte Zeitung". (ami)