Südwesten

Notdienst ohne Privatärzte

Dem reformierten Notfalldienst in Baden-Württemberg gehen die Privatärzte von der Fahne. Das Problem: Sie können nicht mehr zum Dienst verpflichtet werden. Den Kammern fehlt die Rechtsgrundlage.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Kein Privatarzt unter dieser Nummer: Der Notfalldienst kann nur noch auf freiwillig tätige Privatärzte setzen.

Kein Privatarzt unter dieser Nummer: Der Notfalldienst kann nur noch auf freiwillig tätige Privatärzte setzen.

© Patrick Pleul / dpa

STUTTGART. Die Notfalldienstreform in Baden-Württemberg ist seit Jahresbeginn offiziell gestartet, doch der KV-Vorstand muss weiter offene Baustellen beackern.

Vorgesehen war ursprünglich, dass auch Privatärzte zum Notfalldienst herangezogen werden können. Als letzte hat nun die Bezirksärztekammer Südbaden das Handtuch geworfen.

Am 11. Februar teilte der Präsident der Bezirksärztekammer, Dr. Christoph von Ascheraden dem KV-Vorstand mit, dass die Verpflichtung der Privatärzte "faktisch außer Vollzug" gesetzt wird. Grund dafür: Die Notfalldienstordnungen der Bezirksärztekammern und der KV Baden-Württemberg passen an wichtigen Punkten nicht mehr zusammen.

Nach der neuen Struktur findet der organisierte Notfalldienst vor allem in Notfallpraxen der KV statt.

Allerdings "mangelt es an einer Rechtsgrundlage für die Verpflichtung der Privatärzte zur Ausübung des Notfalldienstes in eingerichteten Notfallpraxen", schreibt von Ascheraden an KV-Vize Dr. Johannes Fechner. Ab April würden Privatärzte daher nicht mehr bei der Dienstplanerstellung und Diensteinteilung berücksichtigt.

Erfolgreiche Klage von Privatärzten

KV-Vize Fechner, der das Reformprojekt federführend managt, bestätigte dies: "Einzelne Privatärzte haben gegen die Verpflichtung zum Notdienst geklagt und hatten damit Erfolg", sagte er der "Ärzte Zeitung".

Erst im November vergangenen Jahres hat die Vertreterversammlung der Landesärztekammer beschlossen, dass eine einheitliche Notfalldienstordnung erarbeitet werden soll.

Es wird vermutlich bis 2015 dauern, bis diese neue Rechtsgrundlage vorliegt. "Erst dann können Privatärzte wieder ins Boot geholt werden." Fechner zeigt sich wenig erfreut über diese Entwicklung.

"Diese neue Rechtslage schafft neue Ungleichbehandlungen: Privatärzte zahlen keine Umlage und müssen sich nicht am Notfalldienst beteiligen. Andererseits werden PKV-versicherte Patienten, die in den Notfallpraxen auflaufen, sicherlich nicht weggeschickt werden", sagte Fechner. Privatärzte, die freiwillig am Notfalldienst teilnehmen wollen, könnten das weiterhin tun. "Wir werden niemanden ausschließen."

Fechner muss auch an anderen Stellschrauben der Reform nachjustieren. Grund ist der Unmut bei Ärzten, die regional mit ihren neuen Notfallpraxen bereits Mitte 2013 gestartet sind. Dort mussten die KV-Mitglieder die Kosten etwa für Personal oder Fahrservice im vergangenen Jahr selbst zahlen.

KV will nachträglichen Ausgleich

Ein Beispiel ist der Landkreis Ortenau, wo die Mitglieder 350 Euro pro Quartal beisteuern mussten. "Hintergrund ist, dass der landesweite KV-Topf für die Finanzierung des Fahrservice erst seit Anfang 2014 zur Verfügung steht", erläutert Fechner.

Der KV-Vorstand plane daher eine Härtefallregelung, berichtet er. Danach solle kein KV-Mitglied 2013 mehr zahlen, als er oder sie 2014 an Umlage für den Notfalldienst berappen muss.

Es werde daher einen nachträglichen Ausgleich geben, mit dem die 2013 aufgelaufenen Belastungen für einzelne KV-Mitglieder kompensiert werden. Voraussichtlich 350.000 Euro sollen für diesen Fonds zur Verfügung stehen, berichtet der KV-Vize.

Mit der Notfalldienstreform, die im Südwesten zum Jahreswechsel in Kraft getreten ist, werden aus bisher rund 400 Notfalldienstbezirken 66 Dienstgemeinschaften mit einer oder mehreren Notfallpraxen - mehrheitlich angedockt an Krankenhäuser.

Im Jahr 2011 hatten die Krankenkassen den Fortbestand der Extra-Förderung der Notfallpraxen mit der Erwartung verknüpft, dass die Notfalldienst-Struktur reformiert wird. Etliche der bisherigen Einrichtungen waren damals unterfinanziert oder standen sogar am Rande der Insolvenz.

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Kommentare
Dr. Blandine Fuchs 26.02.201414:36 Uhr

Rechtswidrige Anschubfinanzierung

Eine Umlage 2013 zu erheben bevor eine Notfallpraxis existierte kann nicht rechtmässig sein, die neue Notfallldienstordnung ist erst seit 1.1.2014 in Kraft.
Danke den Privatärzten für diese Klage, es werden weitere Klagen kommen. Die Finanzierung der Notfallpraxen durch Ärzte ist ein Unding, die Höhe der Umlage skandalös. Die Investition in 3 Notfallpraxen völlig unnötig und zu teuer.
Notdienst gerne aber Finanzierung einer KV Praxis bitte durch Krankenkassen.
Ansonsten Rückkehr zum gut funktionierenden bisherigen System.

Dr. Karlheinz Bayer 24.02.201410:48 Uhr

2013 nicht mehr zahlen, als er oder sie 2014 zahlen muß?


Wenn Fechner denkt, er kann den Ortenau Ärzten ohne Rechtsgrundlage eine Umlage für 2013 aufbrummen, hat er sich geschnitten! Die Reform wurde für den 1.1.2014 verabschiedet, ob sie rechtmäßig ist oder nicht, sei dahingestellt, aber nicht für eine willkürliche Einführung zum 1.7.2013.

Und ob die Umlage für 2014 gezahlt werden soll, wird sich zeigen, denn der Verstoß gegen das Kammerrecht gilt nicht nur für Privatärzte. Die konnten nur als erste reagieren, weil sie zur Zwangsabgabe und Zwangsteilnahme konkret gezwungen wurden.

Dieses Szenario kommt auf Fechner zu, sobald die ersten Honorarbescheide einlaufen, in denen wir gezwungen werden, diese sinnlose Investition in 94 Bereitschaftspraxen und den irrwitzigen Fahrdienst auch noch aus eigenber Tasche zu bezahlen.

Fechner hat jeglichen Bezug zur Basis und zur Realität verloren!

120 Millionen Ausgabe für dies alles sind einhundertzwanzig Millionen Gründe, den Rechtsweg einzuschlagen. Bitte an den Kopf greifen: Fechner raubt allen Niedergelassenen den Honoraranteil am Wochenenddienst und setzt zu allem Übel auch noch eins drauf und läßt die Minderheit der Dienstwilligen aus einer Umlage bezahlen.

Erstmal danke an die Privatärzte! Der Tanz hat begonnen.

Dr.Karlheinz Bayer, Bad Peterstal

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