Südwesten
Notdienst ohne Privatärzte
Dem reformierten Notfalldienst in Baden-Württemberg gehen die Privatärzte von der Fahne. Das Problem: Sie können nicht mehr zum Dienst verpflichtet werden. Den Kammern fehlt die Rechtsgrundlage.
Veröffentlicht:STUTTGART. Die Notfalldienstreform in Baden-Württemberg ist seit Jahresbeginn offiziell gestartet, doch der KV-Vorstand muss weiter offene Baustellen beackern.
Vorgesehen war ursprünglich, dass auch Privatärzte zum Notfalldienst herangezogen werden können. Als letzte hat nun die Bezirksärztekammer Südbaden das Handtuch geworfen.
Am 11. Februar teilte der Präsident der Bezirksärztekammer, Dr. Christoph von Ascheraden dem KV-Vorstand mit, dass die Verpflichtung der Privatärzte "faktisch außer Vollzug" gesetzt wird. Grund dafür: Die Notfalldienstordnungen der Bezirksärztekammern und der KV Baden-Württemberg passen an wichtigen Punkten nicht mehr zusammen.
Nach der neuen Struktur findet der organisierte Notfalldienst vor allem in Notfallpraxen der KV statt.
Allerdings "mangelt es an einer Rechtsgrundlage für die Verpflichtung der Privatärzte zur Ausübung des Notfalldienstes in eingerichteten Notfallpraxen", schreibt von Ascheraden an KV-Vize Dr. Johannes Fechner. Ab April würden Privatärzte daher nicht mehr bei der Dienstplanerstellung und Diensteinteilung berücksichtigt.
Erfolgreiche Klage von Privatärzten
KV-Vize Fechner, der das Reformprojekt federführend managt, bestätigte dies: "Einzelne Privatärzte haben gegen die Verpflichtung zum Notdienst geklagt und hatten damit Erfolg", sagte er der "Ärzte Zeitung".
Erst im November vergangenen Jahres hat die Vertreterversammlung der Landesärztekammer beschlossen, dass eine einheitliche Notfalldienstordnung erarbeitet werden soll.
Es wird vermutlich bis 2015 dauern, bis diese neue Rechtsgrundlage vorliegt. "Erst dann können Privatärzte wieder ins Boot geholt werden." Fechner zeigt sich wenig erfreut über diese Entwicklung.
"Diese neue Rechtslage schafft neue Ungleichbehandlungen: Privatärzte zahlen keine Umlage und müssen sich nicht am Notfalldienst beteiligen. Andererseits werden PKV-versicherte Patienten, die in den Notfallpraxen auflaufen, sicherlich nicht weggeschickt werden", sagte Fechner. Privatärzte, die freiwillig am Notfalldienst teilnehmen wollen, könnten das weiterhin tun. "Wir werden niemanden ausschließen."
Fechner muss auch an anderen Stellschrauben der Reform nachjustieren. Grund ist der Unmut bei Ärzten, die regional mit ihren neuen Notfallpraxen bereits Mitte 2013 gestartet sind. Dort mussten die KV-Mitglieder die Kosten etwa für Personal oder Fahrservice im vergangenen Jahr selbst zahlen.
KV will nachträglichen Ausgleich
Ein Beispiel ist der Landkreis Ortenau, wo die Mitglieder 350 Euro pro Quartal beisteuern mussten. "Hintergrund ist, dass der landesweite KV-Topf für die Finanzierung des Fahrservice erst seit Anfang 2014 zur Verfügung steht", erläutert Fechner.
Der KV-Vorstand plane daher eine Härtefallregelung, berichtet er. Danach solle kein KV-Mitglied 2013 mehr zahlen, als er oder sie 2014 an Umlage für den Notfalldienst berappen muss.
Es werde daher einen nachträglichen Ausgleich geben, mit dem die 2013 aufgelaufenen Belastungen für einzelne KV-Mitglieder kompensiert werden. Voraussichtlich 350.000 Euro sollen für diesen Fonds zur Verfügung stehen, berichtet der KV-Vize.
Mit der Notfalldienstreform, die im Südwesten zum Jahreswechsel in Kraft getreten ist, werden aus bisher rund 400 Notfalldienstbezirken 66 Dienstgemeinschaften mit einer oder mehreren Notfallpraxen - mehrheitlich angedockt an Krankenhäuser.
Im Jahr 2011 hatten die Krankenkassen den Fortbestand der Extra-Förderung der Notfallpraxen mit der Erwartung verknüpft, dass die Notfalldienst-Struktur reformiert wird. Etliche der bisherigen Einrichtungen waren damals unterfinanziert oder standen sogar am Rande der Insolvenz.