Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft
One Health: Humanmedizin muss vernetzt denken
Was haben Veterinäre und Klimaforschende mit der Humanmedizin zu tun? Nach dem One-Health-Konzept jede Menge. Das in Greifswald verfolgte Konzept wurde auf der Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft in Rostock skizziert.
Veröffentlicht:Rostock. Wie vernetzt müssen Humanmediziner heute denken und arbeiten? Wie stark müssen Einflüsse aus der Veterinärmedizin oder aus der Umwelt berücksichtigt werden? Nach dem One-Health-Konzept sind solche Fragen längst beantwortet: Die Bereiche beeinflussen sich gegenseitig so stark, dass sie zusammengedacht werden müssen.
„Was haben wir mit den Veterinären zu tun, wir sind Humanmediziner!“ Diese Aussage begegnete den Verfechtern des One-Health-Konzeptes in Greifswald früher durchaus. Professor Henry Völzke, Leiter der SHIP-Studie (Study of Health in Pomerania) kann sich noch an die früheren Bedenken von Medizinern erinnern. Aufgeschlossener erlebte er damals die Zahnmediziner. Inzwischen bezieht nicht nur die SHIP-Studie in Greifswald zum Beispiel Haustiere mit ein. Es gibt auch ein Helmholtz Institut für One Health (HIOH) in der kleinen Universitätsstadt im Nordosten. Es berücksichtigt, wie eng die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt miteinander verknüpft ist und untersucht die Mechanismen der Entstehung und Übertragung von Infektionskrankheiten und antimikrobiellen Resistenzen. Damit liefert das Institut u.a. Erkenntnisse, die wertvoll für die Pandemiebekämpfung sind.
Hohes Interesse bei jungen Forschenden
Die Arbeit am HIOH stößt nach Erfahrungen von Gründer Professor Fabian Leendertz insbesondere bei jungen Forschenden auf hohes Interesse – wegen der Interdisziplinarität und der internationalen Ausrichtung. Denn die Forschenden interessieren sich eben nicht nur für Daten aus Deutschland, sondern beziehen Entwicklungen wie die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien oder die auftauenden Permafrostböden in Sibirien mit ein.
Dass ausgerechnet Greifswald zum Standort der One Health-Forschung wurde, liegt außer an SHIP auch am Friedrich-Löffler-Institut, das an den Schnittstellen bereits tätig ist, und an der bestehenden Expertise der Medizininformatiker, die für die Arbeit des HIOH bedeutsam ist. Deren Problem ist nach Angaben von Informatiker Professor Lars Kaderali und Professorin Dagmar Waltemath vom Institut für Community Medicine die Zusammenführung von Daten. FLI-Präsidentin Professorin Christa Kühn gab zu bedenken: „Die Daten sind vorhanden, aber wenn die Wissenschaft damit arbeiten will, heißt es oft: Geht nicht.“
Ganz so pessimistisch sieht es Susanne Bowen, Staatssekretärin im Schweriner Wissenschaftsministerium, nicht: Das Bewusstsein in der Politik für die Bedeutung der Datenverfügbarkeit habe durch die Pandemie zugenommen. (di)