Sieben gegen Bahr
PID-Verordnung in der Kritik
Streit um die PID: Eine Verordnung von Gesundheitsminister Bahr ließ erst lange auf sich warten. Jetzt sorgt sie für spürbaren Gegenwind: Sie stehe im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, kritisiert eine Gruppe von Parlamentariern.
Veröffentlicht:BERLIN (fst/sun). Sieben Abgeordnete attackieren Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Sie werfen ihm vor, zentrale Ziele des Präimplantationsgesetzes mit dem von ihm vorgelegten Verordnungsentwurf zu konterkarieren.
Das im Juli 2011 vom Bundestag beschlossene Gesetz habe das Ziel, "die PID auf Ausnahmefälle eng zu begrenzen", heißt es in dem Schreiben an Bahr, das der "Ärzte Zeitung" vorliegt.
Dagegen sei im Verordnungsentwurf "eine Ausweitung der PID angelegt", kritisieren Johannes Singhammer (CSU), Dr. Günter Krings (CDU), Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe (beide Grüne), Pascal Kober (FDP), Kathrin Vogler (Linke) und Ulla Schmidt (SPD).
Die Parlamentarier hatten sich für ein vollständiges Verbot der Testung von Embryonen ausgesprochen, der von ihnen maßgeblich erarbeitete Antrag erhielt in der Abstimmung aber keine Mehrheit.
Das geltende Gesetz stellt rechtstechnisch die PID unter Strafe, lässt eine Untersuchung aber dann zu, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwer wiegende Erbkrankheit oder schwere Schädigung des Embryos zu erwarten ist. Definiert werden diese unbestimmten Rechtsbegriffe nicht.
Im Einzelnen kritisieren die Abgeordneten vor allem, dass die Zahl der PID-Zentren nicht begrenzt werden soll.
Das stehe "in Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers", heißt es in dem Schreiben. Mit der unbeschränkten Zahl an Zentren bestehe nicht nur die Gefahr einer "ungewollten Leistungsausweitung".
Widerstand auch in der Länderkammer
Angesichts geringer Fallzahlen pro Jahr sei auch die Einhaltung von Qualitätsstandards fraglich, wenn einzelne Zentren nur wenige Untersuchungen pro Jahr vornehmen. Dabei gehen die Autoren von rund 200 Paaren pro Jahr bundesweit aus, die eine PID vornehmen lassen.
Widerspruch erntet auch die im Verordnungsentwurf vorgesehene Position der Ethikkommissionen. Diese Gremien sollten nur prüfen, ob eine schwerwiegende Erbkrankheit oder Schädigung des Embryos vorliegt, monieren die sieben Abgeordneten.
Ein "eigenständiges ethisches Bewertungsrecht" sei für die Kommissionen dagegen nicht vorgesehen. Fragwürdig sei zudem, dass die Einrichtung dieser Gremien allein Sache der Länder sein solle.
Dabei entstehe die Gefahr des "Kommissions-Hoppings": Paare suchen sich für ihren Antrag die Kommission mit der "liberalsten" Spruchpraxis aus, so die Annahme. Die Abgeordneten plädieren demgegenüber für lediglich eine Ethikkommission bundesweit.
Skeptisch beurteilt die Gruppe auch die Regelung, wonach die psychosoziale Beratung der Paare über die Folgen der PID in den reproduktionsmedizinischen Zentren stattfinden soll.
Das beratende Personal sei damit abhängig von "wirtschaftlichen Interessen" der Einrichtung.
Schließlich bemängeln die Kritiker, dass die Diagnosen oder Erkrankungen, die der PID vorangehen, statistisch nicht erfasst werden sollen. Somit lasse sich eine schleichende Ausweitung des Indikationsspektrums nicht kontrollieren.
Im August hat das BMG Verbände zu dem Entwurf angehört, ein Inkrafttreten der Verordnung ist für 2013 geplant.
Jedoch muss zuvor der Bundesrat zustimmen. Doch die Gesundheitsminister in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hessen und Berlin haben bereits signalisiert, dass sie ihrer Landesregierung keine Zustimmung für eine unbegrenzte Zahl von PID-Zentren empfehlen werden.