Koalitionsstreit

Pflegenoten sorgen für Verwirrung

Die Zukunft der Pflegenoten scheint innerhalb der großen Koalition noch nicht vollständig ausdiskutiert zu sein: Werden die umstrittenen Pflegenoten nun ausgesetzt oder nicht, und wenn ja, wann? Darüber gibt es widersprüchliche Aussagen.

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BERLIN. In der Koalition schwelt der Streit über die sofortige Abschaffung der Pflegenoten für Heime weiter. Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU) hat Medienberichte dementiert, die Koalition habe beschlossen, die Pflegenoten nicht schon ab 2016 auszusetzen.

"Die Verhandlungen laufen noch", teilte Laumann am Dienstag der "Ärzte Zeitung" mit. Er werde in den kommenden Wochen bei der SPD weiterhin Überzeugungsarbeit leisten.Die Noten führten die Bürger in die Irre. Aus SPD-Kreisen hieß es dazu am Montag, die Weiterführung der Noten sei Fakt.

Seit Jahren in der Kritik

Das Notensystem für Heime steht seit Jahren in der Kritik. Der Durchschnitt aller 12.000 Heime liegt derzeit bei 1,3. In diesem Jahr musste bereits ein Heim mit der Note 1,0 wegen unhaltbarer Zustände für die Bewohner geschlossen werden.

Die Überarbeitung der Pflegenoten ist Teil der Reform, die in nun mit dem Pflegestärkungsgesetz II fortgesetzt werden soll.

Dazu gehört ein Pflegequalitätsausschuss, der von Vertretern der Kassen und Pflegedienste besetzt werden soll. Drei unabhängige Vorsitzende sollen die Mehrheiten beschaffen. Die Koalition soll sich bislang unbestätigten Berichten zufolge auf Laumann als Vorsitzenden geeinigt haben.

Grüne: "großer Fehler"

Dass die Pflegenoten eventuell doch bis zur Einführung eines neuen Bewertungssystems 2018 fortgeführt werden könnten, bezeichnete Elisabeth Scharfenberg von der Grünen als großen Fehler.

"Die Pflege-Noten liefern keine objektive brauchbare Information. Sie führen die Menschen in die Irre. Es ist mir ein Rätsel, wie Schwarz-Rot dieses Desinformationssystem weiter fortsetzen kann", sagte Scharfenberg.

Die Medizinischen Dienste der Krankenkassen gehen davon aus, dass mindestens zehn Prozent der Pflegeheimbewohner zu wenig zu essen und zu trinken erhalten. Probleme gibt es auch bei der Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen und Dekubiti.

Auch unnötige Fixierungen beklagen die Kontrolleure der Dienste regelmäßig. (af)

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Kommentare
Carmen P. Baake 23.06.201508:15 Uhr

Klarheit gibt es keine, aber wir haben schon einen Vorsitzenden ...

.. so mein Fazit aus diesem Artikel.

Der Pflegequalitätsausschuss entspricht in der beschriebenen personellen Zusammensetzung der Schiedsstelle Qualitätssicherung nach § 113 b SGB XI, die es bereits seit Jahren gibt. Der GKV-Spitzenverband scheint sich wieder einmal durchgesetzt zu haben: Keine stimmberechtigten Vertreter von Betroffenen, der Pflegewissenschaft und der Pflegekräfte.

Die Aufgaben des Pflegequalitätssicherungsausschusses - mit diesem Wort könnte man beim scrabble jede Menge Punkte bekommen, wenn es auf das Spielbrett passen würde - mögen andere sein als die der o. g. Schiedsstelle; ich bezweifle jedoch, dass dieser neue Ausschuss ein Verfahren findet, das tatsächlich Transparenz für Verbraucher herstellt. Naja, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Da Herr Laumann sich mit dem von ihm vorgeschlagenen "großen" Ausschuss nicht durchsetzen konnte ist vielleicht der Grund, weshalb er bereits jetzt als Ausschussvorsitzender im Gespräch ist - bevor überhaupt Klarheit zur Zukunft des sogenannten Pflege-TÜV hergestellt wurde. Ein Trostpflaster? Vielleicht. Ein Beispiel selbstherrlicher Politik der Koalition? Auf jeden Fall!


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