Kliniken
Plakate für ein besseres Image
Eine faire Finanzierung für die Kliniken fordert die Deutsche Krankenhausgesellschaft - und hat dazu die Plakat-Kampagne "Wir alle sind das Krankenhaus" in allen Landeshauptstädten gestartet. In der Politik kommt die Aktion nicht überall gut an.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft wirbt um Sympathie. In Berlin und allen Landeshauptstädten sind seit Montag großflächige Plakate mit Motiven aus dem Krankenhausalltag zu sehen.
Unter der Überschrift "Wir alle sind das Krankenhaus" folgt die Bitte um eine faire Krankenhausfinanzierung. Gleichzeitig will die DKG mit der Kampagne den Vorwürfen entgegentreten, in Krankenhäusern werde zu viel und manchmal auch aus Gewinnerzielungsabsicht operiert.
Kosten von mehr als drei Millionen Euro
Die Aktion sei auf drei Jahre angelegt und solle nicht mehr als drei Millionen Euro kosten, hieß es am Montag bei der DKG.
Kürzungen, Preisbegrenzungen, Energie- und Sachkostensteigerungen sowie die massiven Tariferhöhungen brächten immer mehr Krankenhäuser in wirtschaftlich bedrohliche Lagen, erklärte DKG-Präsident Alfred Dänzer bei der Vorstellung der Plakataktion am Montag im Berliner Hauptbahnhof.
Wenn es mehr Krankenhäusern schlecht gehe, sei dies ein Problem von nationaler Tragweite.
"Das ist kein Protest", sagte Dänzer. Ziel der Aktion sei es, in einen Dialog mit der Berliner Politik einzutreten.
Gesundheitspolitiker irritiert
Die zeigte sich von der Kampagne jedoch eher irritiert. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte bereits zuvor schon klar gemacht, für die Krankenhäuser nicht noch mehr Geld locker zu machen.
Schließlich werde bei den Krankenhäusern nicht gekürzt. Die Ausgaben für die Krankenhäuser stiegen vielmehr Jahr für Jahr. Auch an den gestiegenen Tarifkosten habe sich der Bund beteiligt.
Für die Aktion bringe er nur "bedingt Verständnis" auf, sagte der Krankenhausexperte der Unionsfraktion, Lothar Riebsamen, der "Ärzte Zeitung".
Die Krankenhäuser seien verpflichtet, zusammen mit den gesetzlichen Krankenkassen eine Studie zu den noch nicht erklärten Mengenausweitungen vorzulegen. Eine Kampagne zu starten, bevor die Ergebnisse vorlägen, finde er nicht gut.
CDU-Politiker Jens Spahn, betonte, die Union nehme die finanziell angespannte Situation an vielen Krankenhäusern in Deutschland sehr ernst.
"Besonders das Pflegepersonal arbeitet oftmals an der Grenze der Belastbarkeit. So weit die Krankenhäuser für eine faire Finanzierung eintreten, ist das legitim. Aber sie sollten dabei auch einfordern, dass die Länder endlich ihrer Pflicht zur Finanzierung von Investitionen nachkommen", sagte Spahn.
Ein genauer Wert, wie sehr die Länder ihre Pflichten vernachlässigen, für ausreichend Investitionsmittel zu sorgen, lässt sich kaum ermitteln. Die Rede ist von einer zweistelligen Milliardensumme in Euro.
Von den fünf Milliarden Euro, die jedes Jahr über alle 16 Länder verteilt gebraucht würden, flössen im Schnitt nur 2,5 Milliarden, sagte DKG-Sprecher, Dr. Moritz Quiske, am Montag.
Strukturelle Änderungen nötig
Politiker der Union mahnen seit geraumer Zeit strukturelle Veränderungen in der Krankenhauslandschaft an. Seit der Einführung der Diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG) im Jahr 2003 überließen die Länder die Zukunft der Krankenhäuser dem Markt.
"Wenn die Länder das Geld für Investitionen nicht mehr bringen, muss man sich fragen, ob die Krankenhausplanung nicht an den Bund gehen soll", sagte Riebsamen.
Die Krankenhäuser finanzierten ihre Investitionen etwa zur Hälfte aus den Entgelten, sagte Riebsamen. "Dieses Geld fehlt für den laufenden Betrieb."Auch die Überkapazitäten in den 2045 verbliebenen Krankenhäusern haben die Unionspolitiker bereits in den Blick genommen.
Weil sich die Länder bei der Krankenhausbedarfsplanung zurückhielten, verlagerten sich Entscheidungen über das Schließen von Krankenhäusern oder von einzelnen Stationen zunehmend auf die kommunale Ebene.
Von den Kreis- und Gemeinderäten lasse sich aber kaum erwarten, dass sie Einschnitte in die Infrastruktur vornehmen, selbst wenn sie nötig wäre. Selbst wenn die Politiker vor Ort den Mut zu unpopulären Entscheidungen aufbrächten, würden sie in der Regel von den Ländern im Regen stehen gelassen.
Finanzieller Druck erhöht sich durch steigende Personalkosten
Erst vor kurzem veröffentlichte die Krankenhausgesellschaft Zahlen zur wirtschaftlichen Situation ihrer Mitglieder. "30 Prozent der Krankenhäuser machen Verluste - Tendenz steigend", sagte Alfred Dänzer Ende Januar. Das seien rund 700 Krankenhäuser mit rund 300.000 Beschäftigten.
Perspektivisch steigende Personalkosten durch die derzeitigen Tarifverhandlungen mit dem Marburger Bund und die Umsetzung des Klinikhygienegesetzes erhöhten den finanziellen Druck. Für diese Probleme biete die Politik keine Lösungen.
Dass die Mengenausweitungen in den Krankenhäusern nicht ausschließlich auf die Alterung der Gesellschaft zurückzuführen seien, wird von kaum jemandem mehr bestritten. "Wir wollen eine faire Diskussion darüber, wie Mengen entstehen", reagierte Dänzer.
Immerhin seien es Ärzte, die die Diagnosen stellten, aufgrund derer die Patienten operiert würden. Dennoch gibt man sich auch bei der DKG defensiv: "Man kann darüber diskutieren, dass es falsche Anreize im System gibt", sagte Dänzer.
Bis 2014 hätten die Krankenhäuser 2,1 Milliarden Euro weniger in den Kassen. Dadurch entstehe ein großer Rationalisierungsdruck, betonte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum.
"In der Krankenhauslandschaft gibt es einen Strukturwandel: Wir haben jedes Jahr 20 Krankenhäuser weniger in der Zählung."
Gesundheitsministerium kann Aufregung nicht verstehen
Im Bundesgesundheitsministerium kann man die Aufregung der Krankenhausvertreter nicht verstehen: Mit dem Psych-Entgeltgesetz vom Juli 2012 habe die Regierungskoalition die Finanzausstattung der Krankenhäuser deutlich verbessert, sagte ein Sprecher der "Ärzte Zeitung".
Einschließlich der anteiligen Tariflohnrefinanzierung sei bei den Finanzmitteln, die die Krankenhäuser allein von den gesetzlichen Krankenkassen erhielten, für das Jahr 2012 mit einem Zuwachs von rund 2,5 Milliarden Euro zu rechnen.
2012 habe allein die gesetzliche Krankenversicherung 10,5 Milliarden Euro mehr für die Krankenhausversorgung ausgegeben als noch 2008.Auch für die Folgejahre sei eine ähnliche Ausgabendynamik zu erwarten.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kampagne für die Katz