TK-Chef Baas

RSA-Anreize müssen auf den Prüfstand

Die Finanzierung des Gesundheitswesens bleibt auf der Agenda. GKV und PKV formulieren Forderungen an die nächste Regierung.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Sorgt bei Kassen weiter für Diskussionen: Was Ärzte als Diagnose notieren, wirkt sich direkt auf die Verteilung der Milliarden Euro im Gesundheitsfonds unter den gesetzlichen Krankenkassen aus.

Sorgt bei Kassen weiter für Diskussionen: Was Ärzte als Diagnose notieren, wirkt sich direkt auf die Verteilung der Milliarden Euro im Gesundheitsfonds unter den gesetzlichen Krankenkassen aus.

© Robert Schlesinger / dpa

BERLIN. Am Freitag, dem Tag, an dem der Bundestag Änderungen am Finanzausgleich der gesetzlichen Krankenkassen untereinander beschloss, legte TK-Chef Dr. Jens Baas nach: "Mittelfristig steht wegen der strukturellen Unterdeckung ganzer Kassenarten nicht nur der Wettbewerb auf dem Spiel, sondern die Existenz des bisherigen Systems der GKV." Zur Erinnerung: Baas hatte mögliche Manipulationen in der Praxis des Kodierens von Krankheiten sowie die aktive Beeinflussung der Ärzte durch die Kassen darin angesprochen und so die Debatte ausgelöst, die zu den Gesetzesänderungen geführt haben.

Der Risikostrukturausgleich bezieht in den Ausgleich nicht nur Alter und Geschlecht der Versicherten ein, sondern auch 80 Erkrankungen. Notiert ein Arzt eine dieser Erkrankungen in seiner Diagnose, beeinflusst er damit die Höhe der Zuwendungen, die die Kasse für diesen Versicherten aus dem Gesundheitsfonds erhält.

Es sei ein Unterschied von rund 1000 Euro, ob ein Arzt eine depressive Stimmung oder gleich eine ausgewachsene Depression aufschreibe, sagte Baas am Freitag bei einem Symposium der Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen. Es sei daher kein Wunder, dass die Kassen etwa eine Milliarde Euro dafür ausgegeben hätten , das Kodierverhalten der Ärzte zu beeinflussen. "Es ist lukrativer, Geld in die Kodierung zu investieren als in Versorgung" sagte Baas. Diese Anreizsysteme müsse die Regierung in der kommenden Legislaturperiode unbedingt aus dem Risikostrukturausgleich herausnehmen, forderte der Chef der zweitgrößten Krankenkasse des Landes. Dringend nötig sei auch die Einführung eines Regionalfaktors. In Hamburg mit seinen dichtgeknüpften Versorgungsstrukturen liege der Deckungsbeitrag je Versicherten bei minus 200 Euro.

Äußerungen aus dem AOK-System, die Ersatzkassen würden möglicherweise unwirtschaftlicher arbeiten als die zum Teil glänzend dastehenden Ortskrankenkassen, widersprach Baas: "Es ist ziemlich dämlich zu glauben, die anderen verstehen ihr Geschäft nicht".

Auch in der Privaten Krankenversicherung gibt es Erwartungen an den Gesetzgeber. Die künftige Regierung solle den Standardtarif wieder für Neuaufnahmen öffnen, forderte der Vorsitzende des PKV-Verbandes Dr. Volker Leienbach. Im Durchschnitt zahlten die im Moment noch 30.000 Mitglieder in diesem Tarif rund 280 Euro im Monat. Derzeit gibt es eine Diskussion über Beitragsüberforderung von Selbstständigen in der GKV.

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Kommentare
Erwin Bader 21.02.201707:26 Uhr

Die Mär von der strukturellen Unterdeckung ganzer Kassenarten ...

... wird gerne erzählt - doch was ist da wirklich dran?

Geht man davon aus, dass sich eine Unter- bzw. Überdeckung im Zusatzbeitrag der Kasse widerspiegeln müsste, dann ist es ganz interessant, sich aus der aktuellen Liste der Zusatzbeiträge die jeweils 20 günstigsten und 20 teuersten Kassen anzusehen.

Unter den 20 günstigsten sind
- 14 BKK
- 3 AOK
- 2 IKK
- 1 Ersatzkasse

Unter den 20 teuersten sind
- 15 BKK
- 1 AOK
- 2 IKK
- 1 Ersatzkasse
- Die Knappschaft

Die Zusatzbeiträge (und damit vermutlich die Unter-/Überdeckungen) sind also eher gleichmäßig über alle Kassenarten verteilt!

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