GKV

Rechtsstreit um einen Damenbart

Trödelt die Krankenkasse, gilt der Leistungsantrag als genehmigt - auch bei Methoden, die eigentlich nicht von der GKV bezahlt werden.

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AUGSBURG. Lassen sich Krankenkassen mit Anträgen auf Kostenübernahme für eine Krankenbehandlung zu viel Zeit, können sie zur Zahlung verpflichtet sein.

Dies kann auch für neue Behandlungsmethoden gelten, die eigentlich nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden, wie das Sozialgericht Augsburg entschied.

Es verpflichtete damit eine Kasse zur Kostenübernahme für eine Laserbehandlung bei einem Damenbart. Die heute 19-jährige Klägerin hatte wegen einer hormonellen Störung unter anderem mit starkem Bartwuchs an Oberlippe und Wangen zu kämpfen.

Eine Hormontherapie stoppte den Haarwuchs nicht.

Die Frau legte hierzu eine Stellungnahme des Klinikums Augsburg vor. Bei ihrer Krankenkasse beantragte sie die Übernahme der Kosten für eine Laser-Behandlung in Höhe von rund 600 Euro. Die Kasse schaltete zur Begutachtung den MDK ein.

Der sah keinen Grund, die Laser-Behandlung zu bezahlen. Die Wirksamkeit der Behandlung sei nicht belegt und es fehle an einer Empfehlung durch den GBA. Alternativ könne die Frau ihren Damenbart durch Elektrokoagulation beseitigen lassen.

Dabei wird eine feine Nadel in die Haarwurzel eingeführt und diese elektrisch zerstört.

Die Kasse lehnte den Antrag der 19-Jährigen daher ab. Allerdings hatte sich die Kasse mit ihrer Entscheidung mehr als fünf Wochen Zeit gelassen, ohne die junge Frau über den Grund der Verzögerung zu informieren.

Ihrer Klage gab aber nun das Sozialgericht Augsburg statt. Zwar gehöre die Laserbehandlung zum Entfernen der Gesichtsbehaarung nicht zum Leistungsspektrum der Krankenkasse. Doch diese habe sich für ihre Antwort zu lange Zeit gelassen. Kassen müssten Anträge "zügig" bearbeiten.

Nach dem "Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten" von 2013 sehe das Gesetz eine Drei-Wochen-Frist vor (Paragraf 13 Absatz 3a SGB V). Bei Einschaltung des MDK seien es fünf Wochen.

Brauche die Krankenkasse für ihre Entscheidung länger, müsse sie dies dem Versicherten mitteilen und ausreichend begründen. Bei Fristüberschreitung ohne Mitteilung sei der Antrag dann als "genehmigt" anzusehen, so das Sozialgericht.

Dass die gewünschte Behandlung gar nicht zum Leistungsspektrum der Krankenkassen gehört, stehe dem nicht entgegen. Gegen dieses Urteil hat die Kasse Nichtzulassungsbeschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. (fl/mwo)

Az.: S 12 KR 183/14

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