Stellungnahme mit brisanten Aussagen

Rechtswidrige Subventionen? KBV könnte Klinikreform in Brüssel prüfen lassen

Bevorzugt die aktuell zu beratende Klinikreform Krankenhäuser zum Schaden der Vertragsärzte? Die KBV könnte die Reform nun von der Europäischen Kommission auf ihre Wettbewerbskonformität prüfen lassen. In diese Richtung zielt zumindest ein Rechtsgutachten.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Dr. Andreas Gassen, Dr. Sibylle Steiner und Dr. Stephan Hofmeister (v.l.n.r.): Die drei Vorstandsmitglieder der KBV denken über rechtliche Schritte gegen die Krankenhausreform nach und stützen sich dabei auf ein Gutachten. (Archivbild)

Dr. Andreas Gassen, Dr. Sibylle Steiner und Dr. Stephan Hofmeister (v.l.n.r.): Die drei Vorstandsmitglieder der KBV denken über rechtliche Schritte gegen die Krankenhausreform nach und stützen sich dabei auf ein Gutachten. (Archivbild)

© axentis.de / G.J.Lopata

Berlin. Mit der am Montag angesetzten Verbändeanhörung bewegt sich das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wieder einen Verfahrensschritt voran.

Im Vorfeld ist die Finanzierung der Reform im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gutachterlich untersucht worden. Hintergrund ist die Annahme, dass mit der Reform die Möglichkeiten von Krankenhäusern erweitert werden sollen, an der ambulanten Versorgung teilzunehmen.

Der Ansatz des Gutachtens, das von der Stuttgarter Anwaltskanzlei Gleiss Lutz erstellt worden ist, richtet sich in die Richtung der sogenannten „sektorübergreifenden Versorgungseinrichtungen“, die im Gesetzentwurf vorgesehen sind. Die für den Einstieg in die ambulante Versorgung erforderlichen Investitionen könnten dabei aus Steuermitteln finanziert werden, während die Vertragsärzte ihre Investitionen nach wie vor überwiegend selbst tragen müssten. Das Gutachten liegt der Ärzte Zeitung vor, zuerst hatte das Deutsche Ärzteblatt online darüber berichtet.

KBV-Vorstand: „Rechtswidrige Subventionen“

„Staatliche Subventionen für Tätigkeiten der Krankenhäuser im ambulanten Bereich sind rechtswidrig, weil sie den Wettbewerb der Markteilnehmer unzulässig beeinflussen“, begründeten die KBV-Vorstände Dr. Andreas Gassen, Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Sibylle Steiner ihren Vorstoß auf Anfrage. Eine Krankenhausreform, die diese Aspekte nicht berücksichtige, werde rechtlich angreifbar sein. „Dies wird die Europäische Kommission zu prüfen haben“, kündigte die KBV-Spitze rechtliche Schritte an.

Die Stuttgarter Anwaltskanzlei Gleiss Lutz kommt in ihrer „Gutachterlichen Stellungnahme zu den EU-beihilferechtlichen Vorgaben und Grenzen der Investitionskostenförderung von Plankrankenhäusern“ zum Ergebnis, dass aus europarechtlicher Sicht die mit der Reform geplante weitergehende Öffnung von Krankenhäusern für die ambulante Versorgung „im Hinblick auf die Nutzung von Mitteln aus der Investitionskostenförderung eine beihilferechtlich relevante Begünstigung“ des stationären Sektors darstellen könne. Als mögliche Option der Vertragsärzteschaft sehen die Gutachter, Beschwerde bei der Europäischen Kommission einzulegen.

Transformationsfonds im Fokus

Grund: Die Finanzierung des Umbaus und der Ambulantisierung der stationären Versorgung aus Mitteln der Gesetzlichen Krankenkassen und der Länder könnten eine „wettbewerbsverzerrende Quersubventionierung“ darstellen.

Im Blick haben die Gutachter dabei konkret den 50 Milliarden Euro schweren Transformationsfonds, aus dem zwischen 2026 und 2035 die Neuausrichtung der Krankenhausversorgung bezahlt werden soll.

Vertragsärztliche Versorgung im Krankenhaus

Die Gutachter gehen davon aus, dass ein Teil der aktuell 1262 Plankrankenhäuser nach Inkrafttreten der Reform an der ambulanten Versorgung teilnehmen werde, ohne dafür eigens ein Medizinisches Versorgungszentrum gründen zu müssen.

Diese sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen könnten dann „regelhaft und dauerhaft zur Erbringung sämtlicher vertragsärztlicher Leistungen im hausärztlichen Bereich ermächtigt werden, ohne dass ein Sonderbedarf oder ein Sicherstellungsdefizit vorliegen“ müsse, stellen die Gutachter fest.

Forderung nach gleichlangen Spießen

Damit bestünde die Gefahr, dass die Krankenhäuser zunehmend mehr ambulant behandelten und sich der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit gar von der stationären zur ambulanten Leistungserbringung verschiebe. „Diese Befürchtung wird durch den angedachten ärztlichen Weiterbildungsauftrag unterstützt, der ein erhebliches Interesse dieser Einrichtungen an einem adäquaten stationären und ambulanten Weiterbildungsangebot vermuten lässt“, schreiben die Gutachter. Schließlich sollen diese Einrichtungen eine Weiterbildung aus einer Hand ermöglichen, wie es im Referentenentwurf heißt.

„Der viel und gerne von der Politik postulierte Wettbewerb der gleichlangen Spieße hat nie wirklich stattgefunden und wird mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf zur Krankenhausreform noch einmal zu Lasten des ambulanten Bereichs erschwert“, heißt es dazu von den KBV-Vorständen. Mit dem aktuellen Gesetzesentwurf spitze sich die Situation sogar zu.

Der Entwurf verstoße gegen Regelungen zum EU-Beihilferecht, weil er erneut eine finanzielle Förderung ausschließlich der Krankenhäuser vorsehe. Praxen können dagegen eine Förderung der Niederlassung nur dann in Anspruch nehmen, wenn eine Unterversorgung vorliegt oder zu erwarten ist. (Mitarbeit: ger)

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