Sozialwahl 2017

Regierung kennt kein Reformkonzept

So wie es ist, kann es nicht bleiben. Wie Sozialwahlen reformiert werden sollen, weiß die Regierung nicht.

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BERLIN. Auch ein Jahr nach Regierungsantritt hat die große Koalition keinen Plan, wie Sozialwahlen modernisiert werden sollen. In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen im Bundestag zitiert die Bundesregierung lediglich den Koalitionsvertrag.

Dabei drängt die Zeit: Soll bei der nächsten Sozialwahl im Jahr 2017 neues Recht gelten, dann müsste ein entsprechendes Gesetz bis Ende Juni 2015 beschlossen sein. Doch bisher kann die Regierung nur Althergebrachtes wiederholen:

Die Selbstverwaltung soll gestärkt, Online-Wahlen sollen ermöglicht und der bisherige Männerclub in den Selbstverwaltungsgremien zugunsten einer höheren Beteiligung von Frauen modifiziert werden. O-Ton Bundesregierung: "Wie dies umgesetzt werden soll, ist derzeit nicht entschieden."

Das gilt insbesondere für die Zukunft der sogenannten "Friedenswahl", bei der keine Auswahl von Kandidaten stattfindet. Stattdessen besetzen die "Bänke", Arbeitgeber und Arbeitnehmer - vorab die Listen. Mit Ablauf der Sozialwahl gelten die Kandidaten dann als gewählt.

Bei den letzten Sozialwahlen 2011 gab es nur sieben von 145 Krankenkassen, bei denen eine "Wahlhandlung" im Sinne einer Auswahl unter Kandidaten aufseiten der Versicherten stattgefunden hat (Barmer GEK, Techniker Kasse, DAK, KKH-Allianz, hkk-Erste-Gesundheit, Hypo Vereinsbank BKK, BKK Ernst & Young).

Lediglich 4,4 Prozent aller Sozialversicherungsträger, also neben Kassen auch Rentenversicherungsträger und Berufsgenossenschaften, veranstalteten Sozialwahlen, bei denen es im Wortsinne etwas zu wählen gab.

Friedenswahl - ja, aber

Die Position der Krankenkassen zur Zukunft der Friedenswahl kennzeichnet ein "Ja, aber". In einem Papier zur "Weiterentwicklung der Sozialwahlen" schlagen die Ersatzkassen vor, die "Friedenswahl" "kritisch zu überprüfen".

Grundsätzlich abgeschafft werden sollten diese Wahl ohne Wahlhandlung aber nicht, heißt es. Begründung: Bei Urwahlen entstünden höhere Kosten je Versichertem im Vergleich zur "Friedenswahl".

Aus einem Mangel an Vorschlägen ist das Nichtstun der Regierung nicht zu erklären. Bereits seit 2008 liegt ein Gutachten zur Modernisierung der Sozialwahlen vor, das bereits 2006 in Auftrag gegeben worden war. Vor drei Jahren legte schließlich Gerald Weiß (CDU), Sozialwahlbeauftragter der Bundesregierung, eigene Reformvorschläge vor.

Im Ungefähren bleibt die Regierung auch bei der Antwort auf die Frage, wie das aller Parität Hohn sprechende Geschlechterverhältnis in den Selbstverwaltungsgremien korrigiert werden soll. "Geeignete Maßnahmen" seien nötig, um dieses Missverhältnis zu korrigieren. Welche das sind, bleibt im Dunkeln.

Bei der Sozialwahl 2011 waren in den Verwaltungsräten der Ortskrankenkassen 80,2 Prozent Männer, bei den Betriebskassen 84,7, bei den Innungskassen 88,8 Prozent.

Anteilig die meisten Frauen sitzen in den Gremien der Ersatzkassen: Dort sind "nur" drei von vier Verwaltungsräten Männer (73 Prozent). Zum Altersdurchschnitt der Gremienmitglieder liegen der Regierung nach eigenen Angaben keine Daten vor.

Bleibt die Regierung untätig, ist ein Ergebnis der nächsten Sozialwahl in drei Jahren programmiert: die sinkende Wahlbeteiligung. Sie betrug für die Krankenkassen noch 30,83 Prozent. Das entspricht einem Rückgang von 14 Prozentpunkten seit 1993. (fst)

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