GKV-Spitzenverband

Regierung treibt Kassenbeiträge hoch

Ab 2016 wird es für GKV-Versicherte höhere Kassen-Zusatzbeiträge geben - davon ist der GKV-Spitzenverband überzeugt. Schuld an der Entwicklung habe die Regierungskoalition mit ihren angestoßenen Reformen, betont Chefin Pfeiffer.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Mehr Geld für die Krankenversicherung: Die Zusatzbeiträge gehen ab 2016 in den Steigflug, mutmaßt der GKV-Spitzenverband.

Mehr Geld für die Krankenversicherung: Die Zusatzbeiträge gehen ab 2016 in den Steigflug, mutmaßt der GKV-Spitzenverband.

© Gina Sanders / fotolia.com

KREMMEN/BERLIN. Die Gesundheitsreformen der großen Koalition treiben die Zusatzbeiträge der gesetzlich Versicherten in die Höhe.

Im Jahr 2019 müssten die Versicherten mit durchschnittlichen Zusatzbeiträgen von 1,4 bis 1,8 Prozent rechnen, sagte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, am Mittwoch im brandenburgischen Kremmen. Damit würden die Versicherungsbeiträge dann zwischen 16 und 16,4 Prozent liegen.

Als Hauptgründe für die Beitragssteigerungen nennen Vertreter des Verbandes die erwarteten Ausgaben für die Reformvorhaben der Regierung. Auf 10,5 Milliarden Euro bezifferte Pfeiffer die Mehrausgaben im Jahr 2019 im Vergleich zu 2015.

Eine erste Reaktion auf die vom Spitzenverband vorgestellten Daten kam aus der Koalition. "Eine Anhebung des derzeit bei 7,3 Prozent eingefrorenen Arbeitgeberbeitrags darf kein Tabu sein", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis, der "Ärzte Zeitung".

Eine Verbesserung der Versorgungsqualität erreiche man nicht zum Nulltarif. "Das muss solidarisch unter Einbeziehung der Arbeitgeber finanziert werden", sagte Mattheis.

Klinikreform schlägt besonders ins Kontor

In die Rechnung eingeflossen sind fünf Gesetzesvorhaben: das Versorgungsstärkungsgesetz, das Krankenhaus-Strukturgesetz, das Präventionsgesetz, das E-Health-Gesetz und das Hospiz- und Palliativgesetz.

Den größten Brocken macht das Krankenhaus-Strukturgesetz aus, das den Kassen im Berechnungszeitraum Mehrausgaben von sechs Milliarden Euro bescheren dürfte. Dabei sei berücksichtigt, dass ohnedies die Ausgaben schneller als die Einnahmen steigen.

Bereits im kommenden Jahr gerät deshalb der nur von den Versicherten zu zahlende Zusatzbeitrag von durchschnittlich 0,83 Prozent in Bewegung. Er werde 2016 im Schnitt etwa 0,11 Prozentpunkte höher liegen, kündigte Pfeiffer an.

Es könne allerdings auch sein, dass Kassen aus strategischen Überlegungen die Mehrkosten zunächst aus ihren Rücklagen finanzierten. Einfluss könne auch die wirtschaftliche Entwicklung und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben.

"Die Verbesserungen sind fraglich, die Mehrausgaben jedoch sicher", kommentierte Pfeiffer die Reformagenda der Regierung. Ordnungspolitische Fehler schafftenfinanzielle Risiken für die Kassen.

So erlaube die Konstruktion des geplanten Innovationsfonds konkrete Eingriffe in den selektivvertraglichen Wettbewerb der Kassen.

In seiner bisherigen Form sei der Fonds mit 1,2 Milliarden Euro zudem überfinanziert. 300 Millionen Euro insgesamt hätten dafür gereicht, so Pfeiffer.

"Fetten Jahre sind vorbei"

Der Arbeitgebervertreter im Verwaltungsrat, Dr. Volker Hansen, warnte davor, an der Festschreibung des Arbeitgeberbeitrags auf 7,3 Prozent zu rütteln. Verwaltungsratsvorsitzender Christian Zahn hält es dagegen für unverantwortlich, die reformbedingten Mehrausgaben allein den Versicherten aufzubürden.

Die Opposition nutzte das Bekanntwerden dieser Zahlen dazu, an ihr Projekt einer Bürgerversicherung zu erinnern. "Zusatzbeiträge von 1,8 Prozent bedeuten, dass ein Versicherter mit 3000 Euro Bruttoeinkommen jeden Monat 54 Euro mehr zahlt als sein Arbeitgeber. Das ist ungerecht und muss geändert werden" sagte Harald Weinberg, der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion Die Linke der "Ärzte Zeitung".

So könnte man mit einer gerechten Reform sofort 90 Prozent der Bevölkerung entlasten.

Die Erzählung, dass steigende Qualität in jedem Fall zu höheren Beiträgen führe und dies unausweichlich sei, ist eine Legende, fuhr Weinberg fort. Sie stimme nur, wenn man auch weiterhin nur Löhne und Renten als Beitragsgrundlage heranziehe.

Wenn man auch Kapitaleinkünfte sowie hohe Einkommen mit einem Beitrag belegte und alle in Deutschland lebenden Menschen in die gesetzliche Krankenversicherung einbezöge, könnte der Beitragssatz deutlich fallen , sagte Weinberg.

"Die fetten Jahre sind vorbei", sagte die zuständige Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink der "Ärzte Zeitung".

Die Ausgaben stiegen rasant. Jetzt räche es sich, dass die Große Koalition das Geld der Versicherten mit vollen Händen ausgebe, Strukturreformen nicht anpacke und eine solide und gerechte Finanzierung der Gesundheitsversorgung durch eine Bürgerversicherung in ihrem Koalitionsvertrag ausgeklammert habe.

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