Lockdown-Reaktionen
Reinhardt zu Corona-Beschlüssen: Vorhandenen Impfstoff komplett verimpfen
Ärztevertreter zeigen sich von den beschlossenen Kontaktbeschränkungen angetan und fordern mehr Schnelltests. Oppositionspolitiker lassen kaum ein gutes Haar an den Vorhaben von Bund und Ländern.
Veröffentlicht:Berlin. Eine zügige Verimpfung wenn möglich aller verfügbaren Impfdosen im Land hat der Präsident der Bundesärztekammer Dr. Klaus Reinhardt in der Folge der Bund-Länder-Beschlüsse angemahnt. Angesichts der angekündigten Liefermengen für das zweite Quartal sollten dann ausreichend Kapazitäten auch für die Zweitimpfungen zur Verfügung stehen.
„Wir müssen die beginnende dritte Welle schon jetzt abflachen, um eine Überforderung des Gesundheitswesens zu verhindern“, sagte Reinhardt mit Blick auf die beschlossenen Einschränkungen. Gleichwohl könne der Einsatz von Schnelltests eine Alternative zu den Jo-Jo-Lockdowns werden.
Intensivärzte loben Stopp-Lockdown
Die geplanten Einschränkungen zur Verringerung von Kontakten stoßen auf Zustimmung bei den Intensivmedizinern. Insbesondere der „Stop-Lockdown“ über Ostern sei sinnvoll, hieß es bei der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN).
In den vergangenen Tagen hat die Belegung auf den Intensivstationen wieder kräftig angezogen. „Wir werden zwar aufgrund der Latenzzeit der Erkrankungen in den kommenden Tagen einen weiteren Anstieg der Belegungszahlen der Intensivstationen mit COVID-19-Patienten sehen, dieser wird aber kompensierbar sein“, sagte DGIIN-Präsident Professor Christian Karagiannidis Derzeit sei die Belegung von gut 3000 Intensivbetten vergleichbar mit der Spitze der ersten Welle im Frühjahr 2020.
Hamburgs Ärztekammer-Präsident Dr. Pedram Emami nannte es bedauerlich, dass die Runde sich nicht mit dem befasst habe, „was in dieser Phase der Pandemie am Wichtigsten gewesen wäre“. Dazu zählt er konsequente Bemühungen zur Impfstoffbeschaffung, eine konsequente Umsetzung der Impfkampagne auch durch eine zeitnahe und breite Einbindung der Fach- und Hausärzte sowie eine ebenso konsequent durchdachte und umgesetzte Teststrategie.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft begrüßte die Absicherung der Liquidität der Krankenhäuser. Von dieser Sicherung sollten alle Krankenhäuser profitieren können, sagte der designierte Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft, Dr. Gerald Gaß. Alle somatischen und psychiatrischen Krankenhäuser verzeichneten Belegungs- und Erlösrückgänge.
Opposition wettert gegen Regierungsstrategie
Die Öffnungsstrategie von Kanzlerin und Länder-Chefs sei gescheitert, sagten die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein- Schmeink und die Berichterstatterin für Infektionsschutz, Kordula Schulz-Asche. Wer ohne wirksames Testmanagement Öffnungen einleite, laufe am Ende rückwärts. Es werde immer schwerer zu vermitteln, dass die Einschränkungen im privaten Bereich zunähmen, wenn zeitgleich bei den Test-Vorgaben in den Betrieben auf Freiwilligkeit gesetzt werde.
Als „erschütterndes Dokument der Planlosigkeit“ bezeichnete FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Lindner die Beschlüsse von Bund und Ländern. „Man kann nicht einfach in nächtlichen Runden zusammenkommen, dann überraschende Beschlüsse fassen, die dann ohne Parlamentsberatung der Öffentlichkeit vorgestellt werden“, kritisierte Lindner.
„Die Kungelrunden der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten und –präsidentinnen sind gescheitert“, konstatierte der gesundheitspolitische Sprecher der Linken, Dr. Achim Kessler, die Beschlüsse. Der Schutz vor dem Virus am Arbeitsplatz müsse verbindlich geregelt und mit Kontrollen durchgesetzt werden.
Maag und Dittmar stimmen zu
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, stellte sich hinter die Beschlüsse. Mit der Ruhezeit zu Ostern könne das gemeinsame Ziel erreicht werden, das Virus einzudämmen bis genügend Impfstoff vorhanden sei, sagte Maag.
„Urlaubsreisen, größere Mobilität und das Hochfahren des öffentlichen Lebens befeuern das Infektionsgeschehen“, warnte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, selbst Hausärztin. Kontakte sollten daher „konsequent auf ein Mindestmaß“ beschränkt werden. Zudem müsse die Teststrategie nun flächendeckend ins Rollen kommen, so Dittmar. (Mitarbeit bar)