WHO schlägt Alarm

Resistenzen gegen Antibiotika werden bedrohlich

Die Weltgesundheitsorganisation warnt: Schon kleine Verletzungen und bislang gut behandelbare Infektionen können tödlich werden. Grund: Die weltweit zunehmenden Antibiotika-Resistenzen, so die WHO in ihrem jetzt vorgestellten Report.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Klebsiellen in der Kulturschale. Besonders auch die Carbapenem-resistenten Klebsiellae pneumoniae (CRKP) sind ein bedrohliches Problem.

Klebsiellen in der Kulturschale. Besonders auch die Carbapenem-resistenten Klebsiellae pneumoniae (CRKP) sind ein bedrohliches Problem.

© Klaus Rose

GENF. Als eine "ernste weltweite Bedrohung der öffentlichen Gesundheit" hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem ersten "Global Report on Antibiotic Resistance" die abnehmende Wirksamkeit von Arzneimitteln gegen Infektionskrankheiten bewertet. "Dies ist nicht länger eine Befürchtung für die Zukunft, sondern die Bedrohung ereignet sich jetzt und betrifft jeden, in jedem Alter und in jedem Land", sagte der stellvertretende WHO-Direktor für Gesundheitssicherheit, Dr. Keiji Fukuda anlässlich der Vorstellung des Berichts am Mittwoch in Genf.

"Ohne dringende koordinierte Aktionen vieler Stakeholder steht die Welt vor einer Nach-Antibiotika-Ära, in der Infektionen und selbst geringe Verletzungen, die jahrzehntelang gut behandelt werden konnten, nun tödlich sein können", so Fukuda.

Kernaussagen des Reports:

  • Antibiotika gegen Carbapenem-resistente Klebsiellae pneumoniae (CRKP) sind in etlichen Ländern bei mehr als der Hälfte der Patienten inzwischen unwirksam. Betroffen sind Menschen mit Pneumonien, Sepsis, Neugeborene und Patienten auf Intensivstationen.
  • Die in den 1980er Jahren entwickelten Chinolone sind ebenfalls in weiten Teilen der Welt bei mehr als der Hälfte der Patienten mit Infektionen des Urogenitaltrakts unwirksam geworden.
  • In Österreich, Australien, Kanada, Frankreich, Japan, Norwegen, Südafrika, Schweden und UK versagt die Behandlung bei Gonorrhöe mit der dritten Generation von Cephalosporinen. Täglich infizieren sich weltweit eine Million Menschen mit Gonorrhöe.
  • Bei MRSA-Infektionen ist die Mortalität um 64 Prozent erhöht.

Die WHO mahnt dringend zu besserer Hygiene und Infektionskontrolle in Gesundheitseinrichtungen sowie zu Impfungen. Notwendig sei die Entwicklung neuer Diagnostika und Antibiotika. Ärzte sollten Antibiotika nur dann gezielt verschreiben, wenn diese unbedingt nötig sind.

An politische Entscheidungsträger und an die Industrie richtet die WHO den Appell, die Anstrengungen in Forschung und Entwicklung neuer Diagnostika und Antibiotika zu intensivieren; dies müsse auch für die Informationspolitik über Infektionen gelten.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 04.05.201420:27 Uhr

Mit "Stakeholdern" keine neuen, besseren Antibiotika!

Wenn die gute alte WHO (warum eigentlich erst jetzt?) vor gefährlichen Antibiotika-Resistenzen und dramatisch abnehmender Wirksamkeit von Arzneimitteln gegen Infektionskrankheiten warnt, frage ich mich, warum sie dann den Begriff "Stakeholder" aus der Betriebs- und Volkswirtschaft bemüht? Ein deutsches Pendant gibt es nicht: Nach Wikipedia kann "Stake" mit Einsatz, Anteil oder Anspruch übersetzt werden. Im engeren Sinne also "Shareholder" (finanziell haftende Anteilseigner/Aktionäre), Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Gläubiger und die Gesellschaft als Anspruchsgruppen, die für das Überleben des U n t e r n e h m e n s essenziell sind. Erweitert wird "Stakeholder" um Konkurrenten, Medien, Gewerkschaften, Behörden, kritische Interessengruppen, Kommunen, Politik usw. Je nach Definition des Begriffs sind damit alle Gruppen gemeint, die das Erreichen der U n t e r n e h m e n s-Ziele beeinflussen können, oder solche, die tatsächlich Ansprüche an das U n t e r n e h m e n haben (Hervorh. d. d. Verf.).

Damit unterwirft die WHO Forschung und Entwicklung (F+E), Anwendung und Versorgung mit alten und neuen Antibiotika a u s s c h l i e ß l i c h profitablen Unternehmens- und n i c h t gesellschaftspolitischen Interessen. Die WHO schafft ein Dilemma: Grundlagenforschung, F+E oder Anwendungs bzw. Verträglichkkeits und Wirksamkeits-Studien unterliegen dann dem Aktionärs-gesteuerten "return on investment" und nicht dem von der WHO jetzt definierten ö f f e n t l i c h e n Interesse an verbesserter und effizienterer Antibiotika-Wirkung o h n e Erregerlücken.

Da dies aber weltweit von Pharmakonzernen und dem medizinisch-technischen Komplex als zu wenig gewinnbringend und mit zu hohen Schadenersatz(?) und Nebenwirkungs-Risiken behafteter Technologie-Sprung gescheut wird, weil man sich schlichtweg weigert, mehr in unsicheres Neuland bei F+E zu investieren, läuft das WHO-Lamento ins Leere. Denn Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzte aber auch die Apotheken können nicht im stillen Kämmerlein Alternativ-Präparate eigens anrühren, um dem Antibiotika-Multiresistenz-Problem Herr zu werden. Dazu bedarf es anderer, sozial, gesundheits- und krankheitpolitisch, ökologisch und ökonomisch besser strukturierter infektiologischer Abwehr-Strategien.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Marion Schulten-Baumer 02.05.201411:15 Uhr

Voraussehbares Problem

Solange weltweit Tierfabriken(Masttierhaltung)subventioniert wird,in der gezwungenermassen Antibiotika angewendet werden,sollte sich niemand über Resistenzen wundern.

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