Pflegeberufe

SPD drängt auf schnelle Reform

SPD-Abgeordnete nennen die Forderung der Grünen nach einem Moratorium absurd.

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BERLIN. Die Forderung der Grünen, das geplante Pflegeberufegesetz erst einmal auf Eis zu legen, ruft harte Kritik bei den Befürwortern hervor. "Der von den Grünen erhobene Vorwurf eines übereilten Verfahrens ist absurd", heißt es in einem Schreiben aus der SPD-Fraktion.

Die gesundheitspolitische Sprecherin Hilde Mattheis sowie die Bundestagsabgeordneten Sönke Rix, Bettina Müller und Petra Crone betonen darin, dass das Gesetz seit vielen Jahren diskutiert werde und bereits seit 2012 zwischen Bund und Ländern "Konsens" sei. Viele Änderungswünsche der Ausbildungsträger seien darin eingearbeitet worden.

Angesichts der langen Vorlaufzeiten und Übergangsfristen sei der Handlungsbedarf aktuell hoch. Eine Verzögerung des Gesetzgebungsverfahrens, so die SPD-Abgeordneten, gefährde die "Deckung des künftigen Bedarfs an Pflegekräften". Die Grünen sollten das Verfahren nicht blockieren, sondern es mitgestalten.

Elisabeth Scharfenberg, pflegepolitische Sprecherin der Grünen, hatte am Mittwoch gemeinsam mit NRW-Ministerin Barbara Steffens ein Moratorium beim Pflegeberufegesetz gefordert (die "Ärzte Zeitung" berichtete).

Die Politikerinnen wollen zuerst eine "Risikofolgenabschätzung" der Reform und eine "realistische Kostenkalkulation". Auch verlangten sie, dass der Verordnungsentwurf noch vor der ersten Lesung im Bundestag veröffentlicht werde. Aufgrund der Bedenken waren bereits im Kabinettsentwurf die Übergangsfristen deutlich verlängert worden.

So sollen noch bis Ende 2023 das bisherige und ab 2018 das neue Ausbildungssystem parallel laufen. Auch soll im Vorfeld der Entscheidung eine entsprechende Verordnung vorgelegt werden, in der die Ausbildungsinhalte des Berufsbildes festgelegt sind.

Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands, mahnte am Donnerstag in einem Schreiben, die Ausbildungsreform nicht auf die lange Bank zu schieben. Sie sei dringend notwendig, um den Beruf attraktiver, durchlässiger und zukunftsfest zu gestalten.

"Wir können es uns nicht leisten, diese historische Chance durch berufspolitische Querelen nun leichtfertig zu vergeben und auf einem Status Quo zu beharren. Gute Pflege betrachtet den Patienten als ganzen Menschen und die Grundlagen dafür funktionieren altersunabhängig", schreibt Rümmelin. (wer)

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Kommentare
Kurt-Michael Walter 17.02.201616:30 Uhr

SPD – Steuern die SPD-Gesundheitspolitiker auf ein „zweites Harz IV Dilemma“ zu?

Die Forderung der Grünen und der CDU-Gesundheitspolitiker nach einem Überdecken bzw. einem Moratorium zur Reform der Pflegeberufe sind weder Absurd noch Unüberlegt. Im Gegenteil, angesichts der vielen offenen Fragen zum Gesetzesentwurf der beiden Ministerien sinnvoll und angebracht.

Die Regeln der „Vernunft“ sollten auch für die Gesundheitspolitiker der SPD-Fraktion gelten. Wichtige Fragen sind noch nicht im Ansatz debattiert worden. So fehlt es an einem bundeseinheitlichen Berufsbild für Gesundheitsberufe, einem bundeseinheitlichen Pflege-Berufsbildungssystem das passgenau in das Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland eingegliedert werden kann. Es fehlt eine Ausbilder-Eignungsverordnung (PRAXISANLEITER-EIGNUNGSVERORDUNG).

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Instrumentalisiert der „Deutsche Pflegerat e.V.“ die SPD-Gesundheitspolitiker? Lassen sich die SPD-Politiker für die verdeckten Ziele des Verbandes einspannen? Werden Gesundheitspolitiker zu "getriebenen Befürwortern"?

Zum/Am Beispiel: Nicht alle Bundesländer werden eine kostenintensive und bürokratische Selbstverwaltung „PFLEGEKAMMER“ auf Landesebene einführen, dies wäre aber unabdingbar um einen Dachverband „Bundes Pflegekammer“ zu installieren. Aktuell ist die Debatte noch in vollem Gange und die Befürworter haben es sichtlich schwer wirklich sinnvolle Argumente für die Einführung eines Pflege-Kammersystems anzuführen ohne ihre verdeckten Ziele zu benennen. Vor diesem Hintergrund ist es im Übrigen auch unsinnig die Phrase von der „historischen Chance“ zu zitieren!

Fazit: Es fehlen wichtige Voraussetzungen um ein modernes, modulares Pflegeberufsbildungssystem in das bestehende bundesdeutsche Berufsbildungssystem zu installieren. Die Forderung vieler Gesundheitspolitiker auf Bundes- und Landesebene, dass es einer wissenschaftlich fundierten Risikoabschätzung und einer realistischen Kostenschätzung der Reform dringend bedarf ist unabdingbar und „Systemrelevant“. Wird diese Reform ein zweites „Harz IV-Dilemma“ der SPD-Fraktion?

Bernd Bogert 12.02.201610:19 Uhr

Rettet die Altenpflege

Das Bundeskabinett hat die Zusammenführung der drei Pflegeberufe in einer Nacht- und Nebelaktion politisch auf den Weg gebracht. Dabei sind die Inhalte überhaupt noch nicht definiert ist und der Teufel steckt im Detail. Wie ist die Finanzierung? Wo sollen die Praxisstellen in der Kinderkrankenpflege her kommen. Wie viele Pflegekräfte von der Stammbelegschaft müssen bei der Beschäftigung von Auszubildenden gekündigt werden, usw. usw. Ich finde es sehr bedauerlich, dass der Beruf des/r Altenpfleger/in der viel mit Beziehungen zu tun hat, jetzt durch einen Beruf ersetzt werden soll, der sich auf die "mehrfach chronisch kranken Menschen" in den Pflegeheimen fokussieren soll.
Dadurch werden die in den Heimen lebenden Menschen pathologisiert und das ist das Letzte was wir wollen, dass Menschen auf ihre Krankheiten reduziert werden.
Wir brauchen zukünftig sowohl in der Krankenpflege/Kinderkrankenpflege als auch in der Altenpflege keine Generalisten sondern Spezialisten. Die spezifischen Anforderungen werden immer höher. Im Reparaturbetrieb Krankenhaus muss dafür gesorgt werden, dass die Patienten schnell wieder nach Hause können. Hier ist ein hohes medizinisches und technisches Wissen gefordert. In der Altenpflege braucht es Spezialisten, die in der Lage sind, Beziehungen zu pflegen, damit der alte Mensch einen guten und angenehmen Lebensabend hat. Hier braucht es z.B. keine Kenntnisse von Geburtshilfe oder Operationstechniken. Durch die Zusammenführung der drei Berufe werden zukünftig „Generalisten“ produziert die von Vielem ein wenig wissen (sollen) und die keine routinierte praktischen Fähigkeiten erwerben können, weder in der Altenhilfe noch im Krankenhaus. Durch den dauernden Wechsel der Praxisstellen können sie zudem keine Beziehung zu den Menschen in den Pflegeheimen aufbauen und dadurch können sie auch keine berufliche Haltung entwickeln, die zumindest für die Altenpflege elementar ist.
Hier werden drei Berufe, die sich bewährt haben und auf die die Menschen, die diesen Beruf ausüben zu Recht stolz sind, ohne Not ausradiert. Es hat z.B. 30 Jahre gebraucht um den Beruf der Altenpflege in der Gesellschaft zu etablieren.
Es brauchte nunmehr ein paar Pflegepädagogen und ein paar Berufsverbände die sich auf diese Art und Weise profilieren wollen, um ihn abzuschaffen. Politisch wird auf diejenigen, die dagegen sind, Druck erzeugt. Bezeichnend ist hier insbesondere, dass z.B. die „Freien Wohlfahrtsverbände“ für eine Stellungnahme des unausgegorenen Referentenentwurfes lediglich 14 Tage Zeit hatten

Absicht der Zusammenlegung ist, dass sich mehr Menschen finden, um in diesem Beruf zu arbeiten, damit der Pflegenotstand ausbleibt. Das Gegenteil wird eintreten. Altenpflege war bisher auch ein Beruf für diejenigen, die "nur den Hauptschulabschluss" hatten, zumindest in NRW. Diesen jungen Menschen wird der Zugang zum Beruf zusätzlich erschwert. Aber gerade die Hauptschüler können sich vorstellen, wie eine Untersuchung der Uni Bremen gezeigt hat, in der Altenpflege zu arbeiten, im Gegensatz zu Abiturienten. Die AWO ist sogar der Meinung, dass es am Ende zu einem Minus von 50. 000 Ausbildungsplätzen kommen wird und damit wird ein Pflegenotstand produziert, den kranke und alte Menschen ausbaden müssen.
Das Land NRW hat die umlagefinanzierte Ausbildung eingeführt und vorgemacht wie gute Rahmenbedingungen für die Altenpflegeausbildung geschaffen werden und dabei großen Erfolg gehabt. Die Anzahl der Auszubildenden in der Altenpflege in NRW wurde um 80% gesteigert.
So wird Altenpflegepolitik gemacht, die zukunftsorientiert ist und den Menschen zugutekommt.

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